Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht. Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH. Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft. mitarbeitender Gesellschafter. Statusfeststellung. obligatorisches Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs 1 S 2 SGB 4. prekärer Sachverhalt. Arbeitgebermeldung. Einzugsstellenverfahren nach § 28h Abs 2 SGB 4 vorrangig, wenn eingeleitet. Streitwertfestsetzung

 

Orientierungssatz

1. Ein "prekärer Sachverhalt" (etwa die Eigenschaft als Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH), der ein obligatorisches Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs 1 S 2 SGB 4 erfordert, muss sich aus der "Meldung des Arbeitgebers" ergeben. Dieses Tatbestandsmerkmal wird ausdrücklich durch die als Klammerverweisung gefasste Bezugnahme zu § 28a SGB 4, der die Meldepflicht des Arbeitgebers und die Modalitäten und den Inhalt der Arbeitgebermeldung im einzelnen festlegt, konkretisiert. Damit sind andere Quellen für die Feststellung der genannten "prekären Sachverhalte" ausgeschlossen. Eine über den (engen) Wortlaut hinausgehende entsprechende Anwendung des § 7a Abs 1 S 2 SGB 4, etwa auf sonstige Mitteilungen, wie Antragsschriftsätze oder zur Statusfeststellung eingereichte Fragebögen, kommt auch im Hinblick auf den Ausnahmecharakter der Vorschrift nicht in Betracht.

2. Die Einleitung eines auf die Statusfeststellung bzw die Versicherungspflicht zu einzelnen Zweigen der Sozialversicherung gerichteten Einzugsstellenverfahrens gem § 28h Abs 2 SGB 4 verdrängt das fakultative Statusfeststellungsverfahren des § 7a Abs 1 S 1 SGB 4. Ist ein Einzugsstellenverfahren dieser Art, namentlich durch Antragstellung bei der Krankenkasse eingeleitet worden, findet ein Verfahren nach § 7a Abs 1 S 1 SGB 4 in der Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers somit nicht mehr statt.

3. Ist der Gesellschafter, ohne zum Geschäftsführer bestellt zu sein, bei der Gesellschaft angestellt (mitarbeitender bzw angestellter Gesellschafter), besitzt er allein auf Grund seiner gesetzlichen Gesellschafterrechte (auch wenn er über die Hälfte des Stammkapitals verfügt) nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen. Im Übrigen bleibt es - wie beim Gesellschafter-Geschäftsführer - aber dabei, dass ein maßgeblicher rechtlicher oder auch nur tatsächlicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft auf Grund der Gesellschafterstellung ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ausschließt, wenn der mitarbeitende bzw angestellte Gesellschafter damit Einzelweisungen im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte.

4. Wird über die Versicherungspflicht, nicht aber über eine Beitragsforderung in bestimmter Höhe gestritten, kann regelmäßig lediglich der Auffangstreitwert zugrunde gelegt werden. Für eine Bestimmung des Streitwertes in hiervon abweichender Höhe nach der wirtschaftlichen Bedeutung fehlen in der Regel hinreichende Anhaltspunkte (Anschluss an BSG vom 24.09.2008 - B 12 R 10/07 R = SozR 4-2600 § 3 Nr 4).

 

Tenor

Die Berufungen der Klägerin und des Beigeladenen Nr. 1 gegen das Urteil des Sozialgerichts S. vom 15.9.2008 werden zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf jeweils 5.000 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Im Streit ist (noch), ob der Beigeladene Nr. 1 bei der Klägerin während der Zeit vom 1.1.2006 bis 6.8.2009 eine der Versicherungspflicht zur Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegende Beschäftigung ausgeübt hat.

Die Klägerin ist eine als GmbH verfasste Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mit - einschließlich des Beigeladenen Nr. 1 - 14 Gesellschaftern (Wirtschaftsprüfer, Steuerberater bzw. ein Rechtsanwalt). Das Stammkapital betrug im Januar 2006 509.500 €. Hiervon hielt der Beigeladene Nr. 1 einen Anteil von 10,79%. Die 13 weiteren Gesellschafter der Klägerin verfügten über Kapitalanteile zwischen 1,69% und 10,93%; auf die Klägerin entfiel ein Eigenanteil von 1,69%. Zwischenzeitlich wurde das Stammkapital der Gesellschaft geringfügig erhöht; die Kapitalanteile haben sich dadurch nicht wesentlich verändert. Der Beigeladene Nr. 1 hält nach wie vor einen Kapitalanteil von 10,79%. Neben dem Beigeladenen Nr. 1 sind 6 weitere Gesellschafter zu Geschäftsführern bestellt (Kapitalanteile 10,93 % - 4 Gesellschafter-Geschäftsführer - bzw. 10,91 % und 4,22 %).

Gem. § 12 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin werden Gesellschafterbeschlüsse grundsätzlich mit einer Mehrheit von 60% des Stammkapitals getroffen, wobei je 50 € eine Stimme gewähren. Zum Abschluss besonders wichtiger Geschäfte (An- und Verkauf sowie Belastung von Gebäuden und Grundstücken, Errichtung oder Aufhebung von Zweigniederlassungen, Beteiligung an anderen Unternehmen, Übernahme von Bürgschaften oder Sicherheitsleistungen zu Lasten der Gesellschaft, Erwerb oder Veräußerung eigener Geschäftsanteile) bedarf die Geschäftsführung der vorherigen Z...

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