Entscheidungsstichwort (Thema)

Kranken- und Pflegeversicherung. Beitragspflicht einer Rente wegen dauerhafter Flugdienstuntauglichkeit nach § 2 Abs 4 des Tarifvertrages Übergangsversorgung für Flugbegleiter (TV ÜV). Versorgungsbezug

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Rente wegen dauerhafter Flugdienstuntauglichkeit nach § 2 Abs 4 des Tarifvertrages Übergangsversorgung für Flugbegleiter (TV ÜV) ist als Leistung der betrieblichen Altersversorgung ein Versorgungsbezug iSd § 226 Abs 1 Nr 3 SGB V.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 01.02.2022; Aktenzeichen B 12 KR 39/19 R)

BSG (Beschluss vom 12.01.2022; Aktenzeichen B 12 KR 39/19 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27.02.2019 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung aus einer dem Kläger gewährten Firmenrente für die Zeit ab 15.09.2017.

Der 1967 geborene Kläger ist seit dem 15.09.2017 bei der beklagten Krankenkasse versichert (zunächst bis 02.05.2018 als Bezieher von Arbeitslosengeld, seither als Bezieher von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben). Bis zum 31.03.2016 war er bei der L. als Flugbegleiter beschäftigt. Wegen einer dauerhaften Flugdienstuntauglichkeit erhält er seit dem 01.04.2016 eine Firmenrente gemäß § 2 Abs 4 des Tarifvertrages Übergangsversorgung für Flugbegleiter (TV ÜV).

§ 2 TV ÜV lautet wie folgt: § 2 Firmenrente

(1) Flugbegleiter haben Anspruch auf Zahlung der Firmenrente, wenn sie wegen Erreichen der tarifvertraglichen Altersgrenze (§ 19 MTV Kabine) mit dem 55. oder ggf einem späteren Lebensjahr aus dem fliegerischen Arbeitsverhältnis ausscheiden, ohne dass sie bereits Anspruch auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Tarifvertrag L.-Betriebsrente haben.

(2) Die Zahlung der Firmenrente beginnt in dem Monat nach dem altersbedingten Ausscheiden aus dem fliegerischen Arbeitsverhältnis und endet im Zeitpunkt der frühestmöglichen Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente, spätestens mit dem vollendeten 63. Lebensjahr. (..)

(3) Die Firmenrente besteht aus einem Grundbetrag und aus einem Zusatzbetrag. Der Grundbetrag beträgt nach einer Gesamtbeschäftigungszeit von 23 Jahren 60% der vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses zuletzt bezogenen und mit dem Umstellungsfaktor 0,9717 (100 : 95 : 13 x 12) multiplizierten Gesamtvergütung (Grundvergütung, Purserzulage, Schichtzulage). (….)

Der Zusatzbeitrag entspricht der Hälfte des jeweiligen Krankenversicherungsbeitrages (ohne Versicherung eines Krankengeldanspruchs) an die A. H. auf den Grundbetrag.

(4) Der Anspruch auf Firmenrente entsteht bereits vorzeitig, wenn der/die Flugbegleiter(in) nach dem vollendeten 45. Lebensjahr dauernd flugdienstuntauglich im Sinne von § 20 MTV Kabine geworden ist. Die Zahlung der Firmenrente beginnt am 1. des Monats nach Beendigung des fliegerischen Arbeitsverhältnisses.

(5) Im Falle der Flugdienstuntauglichkeit erfolgt auf Wunsch des Flugbegleiters/der Flugbegleiterin eine Weiterbeschäftigung am Boden, wenn die Weiterbeschäftigung unter geänderten, angemessenen Vertragsbedingungen auf einem freien, zumutbaren Arbeitsplatz möglich ist. Gleiches gilt auch im Fall der Flugdienstuntauglichkeit nach § 17.

Die dem Kläger gewährte Firmenrente belief sich ab dem 15.09.2017 auf 2.798,61 € brutto pro Monat. Mit Bescheid vom 18.01.2018 setzte die beklagte Krankenkasse, zugleich im Namen der Pflegekasse, Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung aus der Firmenrente wie folgt fest:

Für den Zeitraum 15.09. bis 30.09.2017 insgesamt 83,47 €, für den Zeitraum vom 01.10. bis 31.12.2017 monatlich insgesamt 156,51 € und für den Zeitraum ab 01.01.2018 monatlich insgesamt 159,21 €.

Hiergegen erhob der Kläger am 30.01.2018 Widerspruch. Die Firmenrente erfülle keinen Alterssicherungszweck, sie ende in jedem Fall mit der Vollendung des 63. Lebensjahres und stelle daher keine Leistung der betrieblichen Altersversorgung dar. Die Zahlung erfolge weder wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit noch zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung, sondern wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Bestimmungen im Manteltarifvertrag - MTV L. Kabine. Die Zahlung erfülle lediglich einen Überbrückungszweck.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.05.2018 wies die beklagte Krankenkasse, zugleich im Namen der Pflegekasse, den Widerspruch zurück. Renten der betrieblichen Altersversorgung würden gemäß § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) gelten, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung erzielt würden. Gleiches gelte für die Pflegeversicherung gemäß § 57 Abs 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI). Die Firmenrente stelle nicht auf das Erreichen einer Lebensaltersgrenze ab, sondern sei abhängig von dem individuellen Eintritt des Ver...

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