Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. freiwilliges Mitglied. Patchworkfamilie. Beitragsbemessung. § 2 Abs 4 S 2 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler im Einklang mit § 240 Abs 5 SGB 5. alleinige Berücksichtigung gemeinsamer unterhaltsberechtigter Kinder. Freibetragsregelung nicht übertragbar auf Patchworkfamilien. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

Die Regelungen in § 240 Abs 5 SGB 5 und § 2 Abs 4 S 2 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler, nach denen bei der Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder im Rahmen der Anrechnung von Ehegatteneinkommen nur für gemeinsame unterhaltsberechtigte Kinder ein Freibetrag eingeräumt wird, verstoßen weder gegen Art 3 Abs 1 noch gegen Art 6 Abs 1 GG.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.05.2015; Aktenzeichen B 12 KR 15/13 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31.01.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Berechnung ihrer Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge.

Die Klägerin war freiwilliges Mitglied der beklagten Krankenkasse und ab 01.01.2009 ohne eigenes Einkommen. Ihr privat krankenversicherter Ehemann erzielte im Jahr 2006 Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv 35.102 € und aus Kapitalvermögen iHv 671 € (Einkommenssteuerbescheid vom 26.06.2008). Der am 23.01.1995 geborene leibliche Sohn der Klägerin, B. E., war 2009 Schüler und verfügte über keine eigenen Einkünfte. Er wohnte bei seinem Vater, über den er bei der AOK familienversichert war, hielt sich im Rahmen des Umgangsrechts jedoch regelmäßig auch im Haushalt der Klägerin und ihres Ehemannes auf, wo er auch übernachtete und verköstigt wurde. Seit Januar 2012 ist er selbst versichert. Der am 26.05.1995 geborene Sohn des Ehemannes der Klägerin, D. G., war ebenfalls Schüler und verfügte über keine eigenen beitragspflichtigen Einnahmen. Er lebte im Haushalt der Klägerin und ihres Ehemannes und war über seine Mutter bei der IKK familienversichert. Seit Oktober 2011 ist D. als Auszubildender selbst gesetzlich pflichtversichert. Bis 2008 wurde bei der Beitragsberechnung der freiwilligen Beiträge der Klägerin für beide Kinder jeweils ein Abzugsbetrag vom zu berücksichtigenden Gesamteinkommen berücksichtigt, sodass die Klägerin jeweils den Mindestbeitrag iHv zuletzt 52,14 € monatlich zahlte.

Mit Bescheid vom 18.12.2008 setzte die Beklagte zu 1) - auch im Namen der Beklagten zu 2) - die ab 01.01.2009 von der Klägerin zu zahlenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung neu fest iHv 203,47 € bzw 31,50 €, wobei sie von einem im Rahmen der Krankenversicherung zu berücksichtigenden Einkommen von 1.365,54 € und im Rahmen der Pflegeversicherung zu berücksichtigenden Einkommen von 1.615,54 € ausging. Vom Gesamteinkommen wurden dabei keine Kürzungsbeträge für die Kinder abgezogen. Nachdem die Klägerin mitgeteilt hatte, dass sie wegen Aufgabe ihres Minijobs kein Einkommen mehr erziele, berechnete die Beklagte zu 1) mit Bescheid vom 11.02.2009 die ab 01.01.2009 zu zahlenden Beiträge neu iHv 240,72 € bzw 31,50 €, wobei sie nun auch für die Krankenversicherung von einem monatlichen Einkommen von 1.615,54 € ausging. Mit weiterem Bescheid vom 24.02.2009 änderte die Beklagte zu 1) erneut die Beitragsberechnung ab 01.01.2009 und legte nunmehr ein zu berücksichtigendes Einkommen iHv 1.490,54 € - wiederum ohne Kürzungsbetrag wegen der Kinder - zugrunde und setzte die Beiträge iHv 222,09 € zur Krankenversicherung und 29,07 € zur Pflegeversicherung fest. Nachfolgend ergingen weitere Beitragsbescheide am 21.12.2010 für die Zeit ab 01.01.2011 (Beitrag 276,58 €/36,20 €), am 10.02.2012, 16.02.2012 und 12.06.2012 für die Zeit ab 01.01.2012 (Beiträge 274,19 €/37,29 €). Seit dem 01.05.2012 ist die Klägerin als Arbeitnehmerin pflichtversichert.

Mit Schreiben vom 06.04.2009, eingegangen bei der Beklagten zu 1) am 17.04.2009 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die Beitragsbescheide vom 18.12.2008, 11.02.2009 und 24.02.2009 mit der Begründung, dass die Kinder D. und B. bei der Berechnung des Gesamteinkommens nicht berücksichtigt worden seien. Die Unterscheidung zwischen leiblichen und in die Ehe eingebrachten Kindern entspreche einer Ungleichbehandlung der Familien.

Die Beklagte zu 1) wertete den Widerspruch als Überprüfungsantrag und teilte mit Bescheid vom 17.04.2009 mit, dass die Bescheide vom 18.12.2008 und 11.02.2009 keine Gültigkeit mehr hätten, der Bescheid vom 24.02.2009 hingegen korrekt sei. Für die im Haushalt der Klägerin lebenden Kinder könne kein Abzugsbetrag bei der Einkommensberechnung berücksichtigt werden, da es sich nicht um die gemeinsamen Kinder der Klägerin und ihres Ehegatten handele. Grundlage für die Berechnung des Familieneinkommens seien daher die Einkünfte des Ehegattens der Klägerin, von denen die Hälfte als Beitragsbemessungsgrundlage heranzuziehen sei.

Hiergegen legte die Klägerin erneut Widerspruch ein, den der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widersp...

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