Verfahrensgang

AG Stade (Urteil vom 29.11.2005; Aktenzeichen 61 C 989/05)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Stade vom 29.11.2005 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Von der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1, 543 Abs. 2 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft sowie form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie ist jedoch unbegründet.

Das Amtsgericht hat zu Recht einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Gewährung des Zugangs zum Haus … in … zum Zweck der Verlegung eines Elektroanschlusses durch die Wohnhauswand des genannten Hauses und auf Duldung dieser Maßnahme bejaht.

Ein solcher Zutrittgewährungs- und Duldungsanspruch folgt aus §§ 1093, 1044 BGB. Nach diesen Vorschriften hat der Eigentümer gegenüber dem dinglich Wohnungsberechtigten einen Anspruch auf Duldung von erforderlich gewordenen Ausbesserungen oder Erneuerungen und auf hierfür erforderlichen Zugang zum Haus. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Kläger hat als Eigentümer des Hausgrundstücks die Erneuerung der Kläranlage als außergewöhnliche Unterhaltsmaßnahme desselben vorgenommen. Diese Erneuerung war ausweislich des Schreibens des Umweltsamts der Stadt Stade vom 23.12.2004, Bl. 50 d.A., notwendig.

Als Voraussetzung für die ordnungsmäßige Inbetriebnahme der Kläranlage ist noch die streitgegenständliche Legung eines Stromanschlusses erforderlich.

Rechtsfehlerfrei ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger in Bezug auf die Erneuerung der Kläranlage nicht auf ein eventuelles Tätigwerden der Beklagten warten, deren Zustimmung abwarten oder ihr vorher Informationen über die Erneuerung vorlegen musste. Ein vorrangiges Eigenvornahmerecht des Wohnungsberechtigten, aus dem sich ein entsprechender Anspruch ergeben und so einer Duldungspflicht entgegenstehen könnte, besteht nach § 1044 BGB nur hinsichtlich des gewöhnlichen Unterhalts der Sache (Bamberger/Roth, BGB, 1. Auflage, § 1044, Rn. 5; vgl. auch OLG Koblenz, NJW-RR 1995, S. 15). Hinsichtlich des außergewöhnlichen Unterhalts, um den es sich hier, wie rechtsfehlerfrei vom Amtsgericht festgestellt, handelt, steht sowohl dem Eigentümer als auch dem Wohnungsberechtigten grundsätzlich das Recht zur Vornahme zu (Palandt/Bassenge, BGB, 64. Auflage, § 1041, Rn. 4). Entscheidet sich der Eigentümer dann jedoch zur Eigenvornahme, braucht er nicht abzuwarten, ob der Wohnungsberechtigte tätig wird (Bamberger/Roth, BGB, 1. Auflage, § 1044 Rn. 5; vgl. auch MüKo/Pohlmann, BGB, 4. Auflage, § 1044 Rn. 2). Eine Pflicht des Eigentümers oder des Wohnungsberechtigten, den jeweils Anderen über die Notwendigkeit eines Tätigwerdens oder die Absicht hierzu zu informieren, lässt sich deshalb nicht herleiten. Die Beklagte hatte somit keinen Anspruch darauf, vor einem Tätigwerden gefragt zu werden, ob sie nicht selbst die fragliche Maßnahme durchführen möchte. Nachdem die Beklagte bis zum Tätigwerden des Klägers die Kläranlage nicht erneuert hat, hat der Kläger berechtigterweise selbst die Kläranlage erneuern lassen, weshalb die Legung des Elektrokabels zu dulden ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO nicht vorliegen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2197361

NJW-RR 2007, 1663

NZM 2006, 880

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