Verfahrensgang

AG Nauen (Urteil vom 21.07.1999; Aktenzeichen 13 C 21/99)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Nauen vom 21.07.1999 – Aktenzeichen 13 C 21/99 – abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige und insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§§ 511, 511 a, §§ 516, 518, § 519 ZPO) Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg. Sie führt, soweit das Amtsgericht dem Kläger einen Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution in Höhe von 2.100,00 DM zuerkannt hat, zur Abänderung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage insgesamt. Dem Kläger steht ein Kautionsrückzahlunganspruch in Höhe von 2.100,00 DM nicht zu, nachdem die Beklagte ihrerseits mit ihr zustehenden Mietzinsforderungen für die Monate Januar bis März 1999 in Höhe von jeweils 700,00 DM, insgesamt also 2.100,00 DM aufgerechnet hat. Die Mietzinsansprüche stehen der Beklagten für den genannten Zeitraum zu, nachdem das Mietverhältnis zwischen den Parteien infolge der Kündigung des Klägers erst zum 31.3.1999 beendet worden ist.

Dem Kläger ist dem ihm obliegende Nachweis, daß die auf den 17.09.1998 datierende Kündigungserklärung nicht erst durch die unstreitig erfolgte Übergabe am 11.12.1998, sondern bereits durch Einwurf in den Hausbriefkasten der Beklagten am 19.09.1998 zugegangen ist, nicht gelungen.

Die insoweit erstinstanzlich vernommene Zeugin W. konnte konkret nicht bestätigen, das streitgegenständliche Kündigungsschreiben in den Hausbriefkasten der Beklagten eingeworfen zu haben. Deren Bestätigung, daß der Einwurf tatsächlich erfolgt sei, beruhte erkennbar auf einer Annahme, die wiederum darauf gestützt war, daß sie – die Zeugin – den vom Kläger in Fotokopie zur Akte gereichten „Auslieferungsbeleg” als solchen erkannte, den sie am 19.09.1998 in der Postfiliale ausgefüllt und mit ihrer Unterschrift versehen hatte.

Aufgrund der weiteren Bekundungen der Zeugin, wonach bei sogenannten „Einwurfeinschreiben” der darauf befindliche Beleg noch in der Postfiliale abgenommen, ausgefüllt und die Post dann wie normale Post in die Fächer für die auszutragende Post gelegt werde, steht nicht fest, daß der Brief dann tatsächlich am 19.09.1998 auch in den Herrschaftsbereich der Beklagten gelangt ist.

Für den Kläger streitet in diesem Zusammenhang auch keine tatsächliche Vermutung, weil nach der Lebenserfahrung von dem aufgrund der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme feststehenden Umstand, daß ein Schreiben des Klägers am 19.09.1998 jedenfalls in der für den Zustellungsbezirk der Beklagten zuständigen Postfiliale angekommen und dort bearbeitet worden ist, nicht ohne weiteres auf einen Zutrag erfolgten Zugang der Postsendung beim Adressaten geschlossen werden kann.

Der Zugang von ordnungsgemäß aufgegebenen Postsendungen stellt – und insoweit folgt die Kammer den Ausführungen des Bundesgerichtshofes in BGHZ 24, 308, 312 – keinen typischen Geschehensablauf dar, nachdem jedes Jahr eine gewisse, wenn auch prozentual gesehen geringfügige, Anzahl von Postsendungen verloren geht.

Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn – wie hier – anhand eines Auslieferungsbeleges festgestellt werden kann, daß die zuzustellende Postsendung jedenfalls die für die Zustellung an den Adressaten verantwortliche Poststelle erreicht hat. Eine Fehlleitung der Postsendung auch noch beim Vorgang des Einsortierens in die Zustellfächer – wie ihn die Zeugin W. im Rahmen ihrer erstinstanzlichen Vernehmung beschrieben hat – oder bei der Entnahme bzw. beim Zutrag selbst kann nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Insoweit fehlen bereits gesicherte Erkenntnisse darüber, wie häufig es noch in der Postfiliale selbst beim Vorgang des Einsortierens oder beim Vorgang der Entnahme von Post aus den Fächern zu Fehlern kommt. Zum anderen ist auch ein Verlust von Postsendungen noch während des Zustellvorganges selbst nach der Lebenserfahrung nicht ausgeschlossen. Auch hier kommt es, wie dies die Zeugin W. selbst eingeräumt hat, durchaus dazu, daß Post etwa infolge des Zusammenklebens von Briefen in den falschen Briefkasten eingesteckt wird.

Nach alledem sieht die Kammer einen Anschein für den Zugang des Kündigungsschreibens bei der Beklagten, mit der Folge, daß diese den Anschein durch substantiierten Gegenvortrag entkräften müßte, als nicht gegeben an. Es wird dabei nicht verkannt, daß dem Kläger auf diese Weise der Beweis des Zugang seines Kündigungsschreibens im September 1998 nahezu unmöglich wird. Dies ist jedoch im Hinblick darauf, daß dieser seine Beweisnot durch die Wahl eines sicheren Zugangsweges – wie etwa des Einschreibens mit Rückschein – hätte vermeiden können, hinzunehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1461897

NJW 2000, 3722

BauR 2001, 1632

IBR 2001, 100

NJ 2001, 103

VersR 2001, 995

MittRKKöln 2001, 63

AIM 2002...

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