Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassung

 

Verfahrensgang

AG Erlangen (Urteil vom 25.04.1990; Aktenzeichen 2 C 546/90)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Kläger wird das Endurteil des Amtsgerichts Erlangen vom 25.04.1990 aufgehoben.

II. Der Beklagte wird verurteilt, sein Schlagzeugspiel im Anwesen S., … H zu unterlassen, soweit es über folgende Zeiten bzw. Zeiträume hinausgeht: jeweils werktäglich

  1. vom 01. Mai bis zum 31. Oktober 45 Minuten, und zwar Montag bis Freitag zwischen 8–12 Uhr oder 15–19 Uhr Samstag zwischen 8–12 Uhr
  2. vom 01. November bis zum 30. April 90 Minuten wie unter a).

III. Die Kosten des Rechtsstreits – beider Rechtszüge – werden gegeneinander aufgehoben.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 ZPO abgesehen.

Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme eines Augenscheins auf/in den Anwesen S. und S. in H.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist statthaft und zulässig und hat auch in der Sache zum Teil Erfolg.

Die Kläger können vom Beklagten verlangen, daß sie in den im Urteilstenor aufgeführten Zeiträumen nicht durch von ihm verursachte (Schlagzeug-) Geräusche beeinträchtigt werden, § 862 BGB, §§ 1004, 906 BGB entsprechend.

1. Das Schlagzeugspiel ist jedenfalls während der allgemeinen Ruhezeiten zwischen 12 und 15 Uhr und 22 und 8 Uhr sowie sonntags störend und nicht nur unwesentlich beeinträchtigend. Es ist selbst bei höherem allgemeinen Geräuschpegel – wie beim Augenschein in den Nachmittags stunden – von einer höheren Lautstärke, als daß es für einen Durchschnittsmenschen in dem Wohnzimmer der Kläger bei geschlossenem Fenster kaum mehr wahrnehmbar wäre (vgl. BGHZ NJW 82 S. 441).

2. Die Einwirkung ist jedoch darüber hinaus unzumutbar und über die angegebene Spieldauer hinaus und während der zugeordneten Zeiträume zu unterlassen.

2,1 Zunächst stellen sich die vom Schlagzeug ausgehenden und im von den Klägern bewohnten Grundstück eindringenden Geräusche auch im Gebäude als wesentliche Beeinträchtigung dar, soweit eine gewisse Zeitdauer überschritten wird und die Zeit nach 19 Uhr betroffen ist. Die Wohnanwesen der Parteien befinden sich nicht in besonders ruhiger Randlage der Ortschaft; wie der Augenschein ergeben hat, handelt es sich vielmehr um ein Wohnviertel mit zeitweiligem Lieferverkehr. Zudem ist nach den allgemeinen Geschäfts- und Ladenschlußzeiten von der Rückkehr motorisierter Anwohner auszugehen, so daß durchschnittlich – übers Jahr gesehen – nach 19 Uhr mit fast ungestörter Ruhe zu rechnen ist, Auch ab diesem Zeitpunkt erachtet die Kammer die durch das Schlagzeugspiel bedingte Immission als unzumutbar, ebenso wie bei längerer Dauer als 1 ½ Stunden. – Anders als bei der üblichen Hausmusik (Klavier, Violine, Klarinette u. dgl.) geht es vorliegend um überwiegend tiefe Frequenzen, die impulsartig eindringen. Die stark rhythmische Komponente läßt immer wieder aufhorchen und verursacht Ablenkung im negativen Sinn im Gegensatz zu leicht dahinplätschernder Unterhaltungsmusik, Dies ist entscheidend und nicht etwa die Höhe (meßbarer) Phon- und Dezibelwerte, so daß das Berufungsgericht davon abgesehen hat, ein entsprechendes lärmtechnisches Gutachten zu erholen. Von diesem ist keine nennenswerte Entscheidungshilfe zu erwarten; vielmehr stehen die eigenverantwortlichen Feststellungen im Vordergrund (vgl. OLG München NJW RR 1986 S 1142),

2.2 Darüberhinaus ergibt die Abwägung der gegensätzlichen Belange entsprechend den zum nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis entwickelten Grundsätzen folgendes: Dem Beklagten kann auch in den Sommermonaten nicht jegliches Üben untersagt werden; dies müssen die Kläger ebenso hinnehmen wie gelegentliche Störungen durch andere Nachbarn (Motorrasenmäher, Holzsägen, Gartenfeste und dgl.). Allerdings muß er in dieser Jahreszeit darauf Rücksicht nehmen, daß sich die Nachbarn auch im Garten erholen wollen und ständige Störungen zeitlich abschätzen können. Demgemäß ist ihm zuzumuten, reduziertes Übungsspiel in diesen Monaten durch längeres Schlagzeugspiel in anderen Jahreszeiten auszugleichen, so daß er im Jahresdurchschnitt dennoch auf täglich eine Stunde kommt. Andererseits sind die Kläger – wie der Augenschein ergeben hat – in der Lage, solche längere Beeinträchtigung während der kälteren Jahreszeit, in welcher man sich üblicherweise kaum im Garten aufhält, dadurch zu neutralisieren, daß sie bei etwaigem gleichzeitigen Aufenthalt im Wohnzimmer ihrerseits Tonempfangs- bzw. Wiedergabegeräte in Betrieb setzen.

Im übrigen ist das Übungsspiel des Beklagten auf die Zeit bis 19 Uhr zu begrenzen. Ab diesem Zeitpunkt sind aus den eingangs ausgeführten Gründen wenig überlagernde Geräusche von dritter Seite, zu erwarten. Die Kläger können unter den hier gegebenen Umständen nicht darauf verwiesen werden, bei etwa um 20.00 Uhr einsetzenden vornächtlichen Rhythmen ihr Wohnzimmer bis 21.30 Uhr zu verlassen und entspannende Lektüre oder konzentrierte geistige Arbeit in anderen Räumen fortzusetzen. Gleiches gilt für den Samstag Nachmittag. Die Spieldauer war au...

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