Verfahrensgang

AG Münster (Urteil vom 07.10.1991; Aktenzeichen 48 C 140/91)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 07.10.1991 verkündete Urteil des Amtsgerichts Münster wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß die Klägerin auf die Widerklage hin verurteilt wird, die Haltung nur eines Hundes zu dulden.

Im übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 19/20, die Beklagte trägt 1/20.

 

Tatbestand

(ohne Tatbestand gemäß § 543 I ZPO)

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist überwiegend nicht begründet.

Die Klägerin kann weder gemäß §§ 985, 123 BGB noch gemäß §§ 812 I 1, 123 BGB die Herausgabe der Wohnung verlangen. Die Klägerin hat den ihr obliegenden Beweis, vor Vertragsschluß habe die Beklagte ausdrücklich zugesagt, ihren Hund bis zum Einzug in die neu angemietete Wohnung abzuschaffen, nicht erbracht. Zwar hat der Vertreter der Klägerin, Herr …, bekundet, die Beklagte habe vor Vertragsabschluß auf die Frage, ob Hund oder Katze vorhanden seien, zunächst behauptet, dies sei nicht der Fall. Auf weiteres Nachfragen habe sie aber eingeräumt, einen Hund zu besitzen. Insoweit sei aber ausdrücklich die Abschaffung des Tieres zugesagt worden. Demgegenüber steht aber die Aussage der Zeug …

Diese hat zwar ebenfalls bekundet, daß über Tiere gesprochen worden sei, hat aber weiter ausgesagt, dieses Gespräch habe erst nach Vertragsabschluß im Herausgehen stattgefunden. Der Zeugin war jedoch nicht erinnerlich, ob die Parteien bereits vor Unterzeichnung des Mietvertrages über die Haltung von Hunden in der angemieteten Wohnung gesprochen haben. Aufgrund dieser beiden Aussagen vermochte die Kammer nicht die Überzeugung zu gewinnen, daß die Beklagte bei Vertragsabschluß über die spätere Hundehaltung getäuscht hat.

Die Klägerin ist weiter nicht gemäß § 554 a BGB zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt. Dabei kann dahinstehen, ob die Haltung zweier Hunde durch die Klägerin einen wichtigen Grund im Sinne des § 554 a BGB darstellt, der zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt. Insoweit hätte die Klägerin nämlich zunächst auf Unterlassung der Haltung eines der Tiere klagen müssen, die unmittelbare fristlose Kündigung ist unverhältnismäßig. Was die Unterlassung der Haltung eines der Tiere anbelangt, so hat sich die Beklagte im Rahmen der mundlichen Verhandlung zur Abschaffung bereit erklärt. Aus dem Umstand, daß die Beklagte in ihrer Wohnung zwei Hunde hält, kann die Klägerin daher eine Berechtigung zur fristlosen Kündigung nicht mehr herleiten.

Die weitere Haltung nur eines Hundes ist ebenfalls kein Grund zur Kündigung. Zwar enthält der Mietvertrag insoweit ein zulässiges Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (§§ 14 Nr. 6 S. 1, 23 I S. 1). Gleichwohl kann die Klägerin aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles die Entfernung des ohne Zustimmung gehaltenen Hundes nicht verlangen. Dieses Verlangen wäre rechtsmißbräuchlich. Auch wenn dem Vermieter bei der Erlaubniserteilung grundsätzlich ein freies Ermessen eingeräumt ist, so unterliegt er dennoch dem Willkürverbot und dem Gebot, Treu und Glauben zu beachten. Das Willkürverbot fordert, daß die Klägerin alle Mieter gleich behandelt, Insoweit hat die erstinstanzlich vernommene Zeugin Overkamp bekundet, daß in dem von der Beklagten bewohnten Haus früher bereits Hunde gehalten wurden, daß die unmittelbare Vormieterin drei Katzen hielt und daß aktuell im Haus von einer anderen Familie ein Hund gehalten werde. Vor diesem Hintergrund kann die Klägerin der Beklagten die Haltung eines Hundes nicht versagen. Weiter ist nach Auffassung der Kammer zu berücksichtigen, daß ausweislich des ärztlichen Attestes des Arztes für Innere Medizin … vom 14. Februar 1991 die Hundehaltung für die psychische Genesung des behinderten Sohnes der Beklagten wertvoll ist. Über den Grundsatz von Treu und Glauben ist auch diesem Gesichtspunkt bei der Ausübund des Ermessens Rechnung zu tragen. Auch der Umstand, daß sich die im Hause wohnenden anderen Mieter durch die Haltung des Tieres in keiner Weise belästigt fühlen, ist von der Klägerin, die selbst nicht im diesem Hause wohnt, ermessensreduzierend zu berücksichtigen.

Aus diesen Gründen ist die Klägerin auch zur Duldung der Haltung eines Hundes durch die Beklagte verpflichtet. Soweit die Klägerin durch das Urteil des Amtsgerichts auf die Widerklage der Beklagten hin darüberhinaus zur Duldung auch des zweiten Hundes verurteilt worden ist, war das Urteil abzuändern.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 I ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Schultze-Rhonhof, Reichert, Kremer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1256578

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