Leitsatz (amtlich)

Hat eine Aktiengesellschaft eine Kapitalherabsetzung in vereinfachter Form, verbunden mit einer Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen bekannt gemacht, so stellt es keinen Verstoß gegen § 124 Abs. 4 AktG dar, wenn in der Hauptversammlung aufgrund eines Gegenantrags statt der Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen eine solche gegen Bareinlagen beschlossen wird. Der gefasste Beschluss ist als bekanntmachungsfrei anzusehen.

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 20.05.2008; Aktenzeichen 1 StR 233/08)

 

Tenor

I. Die Klagen werden abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 1) ¼, die Klägerinnen zu 2) und zu 3) je ⅜.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar in Richtung auf die Klägerinnen zu 2) und zu 3) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 105 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Das Urteil ist in Richtung auf den Kläger zu 1) vorläufig vollstreckbar. Der Kläger zu 1) kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 105 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Der Streitwert wird im Verhältnis des Klägers zu 1) auf EUR 175 000,–, im Übrigen auf EUR 250 000,– festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von Beschlüssen der Hauptversammlung der Beklagten.

I.

Mit Bekanntmachung der Tagesordnung am 22.6.2007 im Elektronischen Bundesanzeiger lud die sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindliche Beklagte zur Ordentlichen Hauptversammlung am 31.7.2007 ein. Die Bekanntmachung enthielt zu Tagesordnungspunkt 3 folgenden Beschlussvorschlag (Anlage K 2 im verbundenen Verfahren 5 HK O 16439/07).

3.Beschlussfassung über die Herabsetzung des Grundkapitals in vereinfachter Form zum Zwecke des Ausgleichs von Wertminderungen und sonstigen Verlusten mit gleichzeitiger Erhöhung des herabgesetzten Grundkapitals gegen Sacheinlagen

Um die Gesellschaft substantiell zu entschulden und ihr zugleich liquide Mittel zuzuführen, soll eine Sachkapitalerhöhung in der Weise durchgeführt werden, dass die Darlehensgeber der Gesellschaft einen wesentlichen Teil ihrer Darlehen in Aktien umwandeln und alle Aktionäre, die über keine einbringungsfähigen Darlehen verfügen, anstelle der Einbringung von Darlehen Bareinlagen leisten können. Durch die Einbringung der Darlehen wird der Anteil von Fremdkapital nachhaltig reduziert, so dass der Tatbestand des § 92 Abs. 1 AktG (Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals) entfällt und sich zukünftig die Zinsbelastung der Gesellschaft deutlich reduziert. Die der Gesellschaft durch die Bareinlagen der anderen Aktionäre zufließenden Nettoerlöse aus der Kapitalerhöhung (Barmittel) sollen in Höhe von EUR 5 Mio. zur Finanzierung der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft verwandt werden. Soweit der Gesellschaft ein Nettoerlös in darüber hinausgehender Höhe aus der Kapitalerhöhung zufließt, soll dieser zum weiteren Abbau von Finanzverbindlichkeiten und damit zur weiteren Verbesserung der bilanziellen Situation verwendet werden.

Vorstand und Aufsichtsrat schlagen vor zu beschließen:

  1. Das Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von EUR 13 988 331,00, eingeteilt in 3 156 630 Stammaktien und 624 000 stimmrechtslose Vorzugsaktien, jeweils auf den Inhaber lautende nennbetragslose Stückaktien mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital von EUR 3,70, wird in vereinfachter Form. durch Herabsetzung des rechnerischen Nennbetrages nach den Vorschriften der §§ 229 ff. Aktiengesetz um EUR 9 300 349,80 auf EUR 4 687 981,20, d.h. im Verhältnis ca. 2,984:1 herabgesetzt. Die Kapitalherabsetzung hat den Zweck, Wertminderungen auszugleichen und sonstige Verluste zu decken. Sie wird in der Weise durchgeführt, dass die Grundkapitalziffer herabgesetzt wird und sich dadurch zwangsläufig der rechnerische Anteil der einzelnen Stückaktie am Grundkapital reduziert.

    Nach der Kapitalherabsetzung ist das Grundkapital eingeteilt in 3 156 630 Stammaktien und 624 000 stimmrechtslose Vorzugsaktien, jeweils auf den Inhaber lautende nennbetragslose Stückaktien mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital von EUR 1,24.

  2. Zugleich wird das auf EUR 4 687 981,20 herabgesetzte Grundkapital gegen Sacheinlagen um EUR 24 800 000,00 auf EUR 29 487 981,20 erhöht durch Ausgabe von 20 000 000,00 neuen, auf den Inhaber lautenden nennbetragslosen Stück Stammaktien mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital von EUR 1,24 mit Gewinnberechtigung ab 1. Januar 2007. Der Ausgabebetrag der neuen Aktien beträgt EUR 1,50 pro Stammaktie (Kurs von 120,97 %).
  3. Die Aktionäre haben Sacheinlagen – unter der Voraussetzung der Werthaltigkeit – der Gestalt zu erbringen, dass sie von den nachstehenden Darlehensforderungen der D.… AG einen rechnerischen Betrag in Höhe von EUR 1,50 pro gezeichneter Aktie auf die Gesellschaft übertragen mit der Folge, dass das Darlehen in dieser Höhe erlischt:

    Kreditforderungen der D.… AG, London (Senior Debt, Facility A-F) in Höhe von insgesamt bis zu EUR 24 669 932,90 (Stand 31. Mai 2007) aus folg...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge