Entscheidungsstichwort (Thema)

Mieterhöhungsverlangen nach Nießbrauchbestellung an Wohnmiethaus durch neuen Vermieter

 

Orientierungssatz

1. Beim Übergang des Eigentums an einem Mietwohnhaus (bzw der Bestellung eines Nießbrauchs) kann der neue Vermieter ein wirksames Mieterhöhungsverlangen aus eigenem Recht erst dann stellen, wenn der Rechtsübergang im Grundbuch eingetragen worden ist. Das gilt auch, wenn zwischen Veräußerer und Erwerber intern vereinbart wird, daß die Nutzungen dem Erwerber bereits zu einem früheren Zeitpunkt zustehen.

2. Nimmt der Vermieter zur Begründung seines Mieterhöhungsverlangens auf einen örtlichen Mietspiegel Bezug, so ist die Begründungspflicht nur dann erfüllt, wenn der Mieter aus den Angaben des Vermieters ersehen kann, auf welche Zahlenangaben der erhöhte Mietzins gestützt werden soll. Werden abweichend von den Mittelwerten eines Mietspiegels wegen besonderer Eigenschaften der Wohnung ermäßigte oder erhöhte Beträge verlangt, so sind die dafür maßgebenden Gründe mitzuteilen.

3. Die Einhaltung der gesetzlichen Überlegungsfrist nach dem Zugang des Mieterhöhungsverlangens beim Mieter ist Prozeßvoraussetzung.

 

Tatbestand

Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung im Hause W.-Straße, M.. Unter Hinweis darauf, daß das Anwesen W.-Straße ab 1.7.1976 in seinen Besitz übergehe, verlangte der Kläger mit an den Beklagten 1 adressiertem Schreiben vom 31.5.1976 (I 3) eine Mieterhöhung ab 1.10.1976. Das Schreiben lautet an der entscheidenden Stelle:

"Gleichzeitig bitte ich zur Kenntnis zu nehmen, daß ab 1.10.1976 die Miete für ihre Wohnung dem Gutachten über ortsübliche Vergleichsmieten für den Stadtkreis M. vom Dezember 1975 angepaßt wird. Der qm-Preis beträgt 2,97 DM.

Ihre Wohnung hat 109 qm Wohnfläche und somit beträgt Ihre Nettomiete 324,-- DM".

Der Beklagte 1 lehnte mit Schreiben vom 25.6.1976 die Mieterhöhung ohne Angabe von Gründen ab.

Unter Bezugnahme auf sein Schreiben vom 31.5.1976 reichte der Kläger am 29.10.1976 gegen die Beklagten Klage auf Erteilung der Zustimmung zur Mieterhöhung ein, die diesen am 16.11.1976 zugestellt wurde. In der Klageschrift hieß es, der Kläger sei seit 1.6.1976 Eigentümer des Grundstücks W.-Straße. Unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23.4.1974 hat er die Meinung vertreten, daß mindestens die Klageschrift als wirksame Erhöhungserklärung anzusehen sei, wenn an der Wirksamkeit des Schreibens vom 31.5.1976 wegen der damals noch nicht gegebenen Eigentümerstellung Bedenken bestünden.

Der Kläger hat daher beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, einer Erhöhung der Nettomiete ab 1.10.1976 - dh ohne anrechenbare Nebenkosten - auf 324,-- DM zuzustimmen.

Die Beklagten haben

Klagabweisung

beantragt.

Sie haben gemeint, daß ein wirksames Erhöhungsbegehren nicht gegeben sei, weil der Kläger am 31.5.1976 nicht Eigentümer des Grundstücks gewesen sei. Im übrigen sei durch den Mietvertrag eine Mieterhöhung auf die Dauer von 15 Jahren ausgeschlossen.

In einem 2 Tage vor Erlaß des amtsgerichtlichen Urteils eingegangenen Schriftsatz haben die Beklagten vorgetragen, daß nicht der Kläger, sondern dessen Sohn Eigentümer des Grundstücks sei.

Das Amtsgericht hat durch Urteil vom 22.12.1976 der Klage gegen beide Beklagten in vollem Umfang stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe (I 24ff) wird verwiesen.

Gegen das am 18.2.1977 zugestellte Urteil haben die Beklagten am 5.2.1977 Berufung eingelegt, die sie zugleich begründet haben.

Sie machen nochmals geltend, daß nicht der Kläger, sondern dessen Sohn Eigentümer des Grundstücks W.-Straße sei. Der Kläger sei zusammen mit seiner Ehefrau lediglich Nießbraucher auf Lebenszeit. Die Eintragung des Nießbrauchs in das Grundbuch sei am 16.11.1976 erfolgt.

Die Beklagten beantragen:

1.

Das Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 22.12.1976 - Az: 11 C 495/76 - wird aufgehoben.

2.

Die Klage wird abgewiesen.

3.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Kläger beantragt:

die Berufung zurückzuweisen.

Hilfsweise,

die Beklagten zur Zustimmung ab 1.6.1977 zu verurteilen.

Er ist der Meinung, daß er als Nießbraucher berechtigt war, die Mieterhöhungserklärung abzugeben. Es sei zwar richtig, daß der Eintrag des Nießbrauchs im Grundbuch erst am 16.11.1976 erfolgt sei; der Kaufvertrag zwischen dem früheren Eigentümer und seinem Sohn, dem Erwerber, sehe in § 3 aber vor, daß der Besitzgenuß und die öffentlichen Abgaben schon ab 1.6.1976 auf den Käufer übergehen. Sein Sohn sei daher am 4.5.1976 (an diesem Tag wurde der Vertrag über die Bestellung des Nießbrauchs geschlossen) berechtigt gewesen, ihm - dem Kläger - einen Nießbrauch an dem Grundstück einzuräumen.

Mit Schreiben vom 25.2.1977 (II 26f) hat der Kläger gegenüber den Beklagten erneut eine Mieterhöhungserklärung abgegeben. Er meint unter Hinweis auf die schon in seinem erstinstanzlichen Vortrag zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, daß es zulässig sei, diese Mieterhöhungserklärung im Prozeß nachzuschieben. Es würde dem Sinn dieser Entscheidung widersprechen,...

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