BGH: Vermieter kann Mieterhöhung nachträglich reduzieren

Ein Vermieter kann ein formell ordnungsgemäßes Mieterhöhungsverlangen nachträglich reduzieren, etwa mit Erhebung der Zustimmungsklage. Er muss kein neues Verlangen stellen, um eine geringere Mieterhöhung zu fordern.

Hintergrund: Vermieter nimmt Mieterhöhung teilweise zurück

Die Vermieterin einer Wohnung fordert von den Mietern die Zustimmung zu einer Mieterhöhung.

Die Nettokaltmiete betrug zuletzt 490 Euro monatlich. Im Oktober 2018 forderte die Vermieterin die Mieter auf, einer Mieterhöhung zum 1.1.2019 um 66 Euro auf 556 Euro monatlich zuzustimmen. Zur Begründung bezog sich die Vermieterin auf den örtlichen Mietspiegel. Bei der Berechnung der verlangten Mieterhöhung bezog die Vermieterin bestimmte positive Wohnwertmerkmale ein. Die Mieter stimmten der Mieterhöhung nicht zu.

Daraufhin erhob die Vermieterin Klage auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung, allerdings nur um 46 Euro auf 536 Euro. Bei der Berechnung der mit der Klage geforderten Mieterhöhung ließ die Vermieterin die im vorprozessualen Mieterhöhungsverlangen herangezogenen positiven Wohnwertmerkmale unberücksichtigt.

Die Mieter sind der Ansicht, die Vermieterin habe das ursprüngliche Erhöhungsverlangen in der Klage nicht einseitig ermäßigen dürfen, weil die Ermäßigung ein neues Angebot darstelle, das die Zustimmungs- und Überlegungsfristen neu beginnen lasse. Es fehle daher an einem ordnungsgemäßen Verlangen nach § 558a BGB.

Entscheidung: Kein neues Mieterhöhungsverlangen notwendig

Der BGH teilt den Einwand der Mieter nicht und gibt der Vermieterin Recht.

Bei einem Mieterhöhungsverlangen handelt es sich um einen Antrag auf Abschluss eines Änderungsvertrags. Mit der Zustimmung des Mieters kommt eine vertragliche Vereinbarung über die Erhöhung der Miete zustande.

Das Mieterhöhungsverlangen ist dem Mieter gegenüber in Textform zu erklären und zu begründen (§ 558a Abs. 1 BGB). Die Begründung soll dem Mieter ermöglichen, die Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu überprüfen und sich darüber klar zu werden, ob er einer Mieterhöhung zustimmt oder nicht. Aus dem Erhöhungsverlangen müssen daher die Tatsachen hervorgehen, aus denen der Vermieter die Berechtigung der geforderten Mieterhöhung herleitet. Diesen Anforderungen wird das hier vorliegende Erhöhungsverlangen gerecht.

Es fehlt nicht deshalb an einem wirksamen Erhöhungsverlangen, weil die Vermieterin mit der Klage eine um 20 Euro monatlich geringere Mieterhöhung verlangt. Der Vermieter kann das Erhöhungsverlangen auch nach dem Zugang beim Mieter vollständig oder teilweise zurücknehmen. Dafür ist eine erneute Erklärung und Begründung des Verlangens nach § 558a BGB nicht erforderlich.

Zwar sieht § 145 BGB vor, dass derjenige, der einem anderen die Schließung eines Vertrages anträgt, an den Antrag gebunden ist. Allerdings gehen die §§ 558 ff. BGB als spezialgesetzliche Regeln vor, soweit sie das Erhöhungsverlangen abweichend regeln.

Das Gesetz geht von einer (betragsmäßigen) Teilbarkeit des Erhöhungsverlangens aus. Das Verlangen des Vermieters nach Zustimmung zu einer bestimmten Mieterhöhung enthält immer auch das Verlangen nach einer betragsmäßig niedrigeren Anhebung der Miete.

Der Mieter hat die Möglichkeit, dem Verlangen nur teilweise zuzustimmen. Dann kommt eine Mieterhöhung nur über den vom Mieter akzeptierten Teilbetrag zustande und der Vermieter kann hinsichtlich des überschießenden Betrages auf Zustimmung des Mieters klagen. Ebenso kann das Gericht einem Erhöhungsverlangen nur teilweise stattgeben. Spiegelbildlich kann der Vermieter sein Erhöhungsverlangen abweichend von § 145 BGB nachträglich ermäßigen, ohne dass dies als neues Erhöhungsverlangen anzusehen wäre, das seinerseits den Anforderungen von § 558a BGB entsprechen müsse und den Lauf der Zustimmungsfristen erneut auslöste.

(BGH, Urteil v. 6.4.2022, VIII ZR 219/20)


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