Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Umlegung voraussehbarer erhöhter Kapitalkosten auf Mieter. Mieterhöhung wegen erhöhter Kapitalzinsen

 

Orientierungssatz

1. Der Vermieter von Wohnraum hat keinen Anspruch, solche Zinserhöhungen für ein dinglich gesichertes Baudarlehen auf die Mieter umzulegen, die sich durch den vertraglich vereinbarten und somit voraussehbaren Wegfall einer zeitlich befristeten Zinsermäßigung ergeben. Das gilt auch dann, wenn sich der Vermieter im Mietvertrag für den Fall des Wegfalls der Zinsvergünstigung eine entsprechende Erhöhung des Mietzinses vorbehalten hat.

2. Diese Beschränkung des gesetzlichen Erhöhungsrechts bei Kapitalkostensteigerungen gilt auch für gemeinnützige Wohnungsunternehmen als Vermieter.

 

Tatbestand

Der Beklagte ist auf Grund des Mietvertrages vom 19.10.1972 (I/6, 115ff) seit 1.11.1972 Mieter einer 79,32 qm großen 3-Zimmerwohnung im 10. Obergeschoß im Hause der Klägerin P.-Weg, M., das zusammen mit dem Haus P.-Weg 20 eine Wirtschaftseinheit darstellt. Die Miete betrug zuletzt 336,04 DM ohne Nebenkosten.

Zur Erstellung der beiden Häuser - es handelt sich unstreitig um freifinanzierten Wohnraum - hat die Klägerin, eine gemeinnützige Gesellschaft, ein Darlehen der B. in Höhe von 1.344.000,-- DM in Anspruch genommen, das gemäß B 3 der Darlehenszusage vom 12.9.1966 (I/8ff) jährlich mit 9% zu verzinsen und jährlich mit 2% zu tilgen ist, wobei die ersparten Zinsen jährlich auf die Tilgungsleistungen verrechnet werden. Für die Zeit vom 1.4.1968 bis 30.9.1974 war der Zinssatz auf jährlich 2,5% verbilligt.

Gemäß A 3a der Darlehenszusage darf die Klägerin kein Entgelt verlangen, das die Kostenmiete übersteigt.

Entsprechend der Verpflichtung in A 3b der Darlehenszusage wurde in § 4 des Mietvertrages mit dem Beklagten vermerkt, daß die Klägerin "nach Wegfall des Zuschusses für die zinsverbilligten Darlehen" zur Anhebung des Mietzinses berechtigt sei.

Nach Ablauf des zinsverbilligten Zeitraums machte die Klägerin mit Schreiben vom 13.1.1975 (I/12) und 30.1.1975 (I/39f) ab 1.2.1975 eine monatliche Mieterhöhung von 85,37 DM geltend. In einem dieser Schreiben legte sie den Erhöhungsbetrag von 87.360,-- DM auf die Gesamtwohnfläche von 6.763,44 qm um und errechnete ihn mit 1,0763 DM pro qm und Monat (I/12); im anderen Schreiben wies sie auf die dingliche Sicherung und die Verwendung des Darlehens zur Finanzierung eines Neubaus und auf einen Aushang hin und bot auch Einblick in ihre Unterlagen an.

Da der Beklagte die erhöhte Miete nicht bezahlte, erhob die Klägerin bezüglich der für die Monate Februar 1975 bis einschließlich Juni 1976 geschuldeten Differenzbeträge Klage.

Sie hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie den Betrag von 1.451,29 DM nebst 4% Zinsen aus 512,22 DM seit dem 1.2.1975 sowie 4% Zinsen aus 939,07 DM seit Zustellung des Schriftsatzes vom 8.5.1976 zu verurteilen.

Der Beklagte hat

Klagabweisung, hilfsweise Vollstreckungsschutz

beantragt.

Er hat die Meinung vertreten, daß das Erhöhungsverlangen der Klägerin schon formell unwirksam sei, weil in keinem der beiden Schreiben die Gründe ausreichend angegeben und erläutert worden seien und trotz der Bitte vom 18.12.1975 die Höhe des Restdarlehens nicht offengelegt worden sei. Es sei aber auch aus sachlichen Gründen unwirksam, weil keine Zinserhöhung, sondern der Wegfall einer Zinsverbilligung vorliege. Diesen habe die Klägerin zudem zu vertreten, da sie den Darlehensvertrag auf Grund freier Entscheidung abgeschlossen habe. § 5 MHG erfasse aber nur Fälle kapitalmarktbedingter Zinserhöhungen, die auf der staatlichen Hochzinspolitik beruhten.

Jedenfalls sei der verlangte Betrag zu hoch, da die bisherigen Tilgungsleistungen nicht berücksichtigt worden seien.

Der in § 4 des Mietvertrages vermerkte Zusatz sei wegen arglistiger Täuschung und Einigungsmangels nichtig, weil der Beklagte geglaubt habe und davon ausgehen durfte, eine billige geförderte Wohnung zu mieten; bei Durchführung der Mieterhöhung liege der Mietzins aber 28,8% über der ortsüblichen Vergleichsmiete.

Die Klägerin hält ihr Erhöhungsverlangen für wirksam und meint zu den sachlichen Einwänden des Beklagten, daß sich aus dem Gesetz keinerlei Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 5 MHG auf kapitalmarktbedingte Zinserhöhungen infolge staatlicher Hochzinspolitik ergebe. Der Gesetzgeber habe vielmehr durch die Möglichkeit der Umlage von Kapitalkostenerhöhungen die Vermieter freifinanzierten Wohnraums denjenigen preisgebundenen Wohnraums gleichstellen wollen. Die Klägerin habe die Zinserhöhung auch nicht zu vertreten, da sie, hätte sie sich mit dem Wegfall der Zinsermäßigung nicht einverstanden erklärt, das Darlehen überhaupt nicht erhalten hätte. Schließlich sei der Beklagte pflichtgemäß auf die Mieterhöhungsmöglichkeit nach Ablauf des Vergünstigungszeitraums hingewiesen worden, und auch die gesamte Kalkulation der Klägerin sei auf die Umlagefähigkeit abgestimmt.

Der verlangte Betrag sei auch nicht zu hoch, da gemäß dem in der Wohnungswirtschaft geltenden Ersta...

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