Leitsatz (amtlich)

Bei Berechnung der Kappungsgrenze bleibt eine Mieterhöhung wegen gestiegener Kapitalkosten nicht außer Betracht.

 

Normenkette

BGB § 558 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 13.05.2003)

AG Frankfurt am Main

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main v. 13.5.2003 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete.

Der Beklagte mietete mit Vertrag v. 7.6.1979 von der Klägerin eine Wohnung in F. . Es handelte sich um preisgebundenen Wohnraum. Seit 1.4.1998 betrug die monatliche Grundmiete 532,60 DM (272,31 EUR). Nachdem ein öffentlicher Zinszuschuss infolge der planmäßigen Tilgung eines Darlehens entfallen war, erhöhte die Klägerin mit Schreiben v. 9.11.2000 die Grundmiete wegen gestiegener Kapitalkosten rückwirkend zum 1.10.2000 auf 765,30 DM (391,29 EUR). Nachfolgend endete die Preisbindung.

Mit Schreiben v. 27.11.2001 verlangte die Klägerin von dem Beklagten unter Bezugnahme auf einen Mietspiegel die Zustimmung zu einer Erhöhung der Grundmiete um 58,69 EUR auf 449,98 EUR mit Wirkung zum 1.2.2002. Die ortsübliche Vergleichsmiete wird dadurch nicht überschritten. Der Beklagte erteilte die Zustimmung nicht. Die Parteien streiten über die Frage, ob die Kostenmieterhöhung v. 9.11.2000 in die Berechnung der Kappungsgrenze einzubeziehen ist.

Das AG hat der fristgemäß erhobenen Klage hinsichtlich eines Erhöhungsbetrages auf 445,75 EUR stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das LG die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung nach § 558 Abs. 1 BGB zu, da die Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB nicht eingehalten worden sei. Auszugehen sei von der Ausgangsmiete aus dem Jahre 1999i. H. v. 272,31 EUR. Unter Anwendung der Kappungsgrenze von 20 % ergebe sich eine zulässige Miete von 326,77 EUR, die durch die Mieterhöhung aus dem Jahre 2000 bereits voll ausgeschöpft worden sei. Diese Mieterhöhung sei bei der Berechnung der Kappungsgrenze zu berücksichtigen. Die Kappungsgrenze sei auch auf ein Mieterhöhungsverlangen anzuwenden, durch welches eine Mieterhöhung nach § 558 Abs. 1 BGB erstmals nach dem Wegfall einer Preisbindung verlangt werde. Der Wortlaut des § 558 Abs. 3 BGB nehme lediglich Mieterhöhungen nach den §§ 559 bis 560 BGB von der Kappungsgrenze aus. Die Kostenmieterhöhung zur Zeit der Preisbindung könne auch nicht für eine Übergangszeit bei der Berechnung der Kappungsgrenze außer Betracht bleiben. Insoweit komme eine analoge Anwendung des § 5 MHG jedenfalls für den vorliegenden Fall einer Erhöhung der Kostenmiete auf Grund eines voraussehbaren Wegfalls von Zuschüssen nicht in Betracht, da § 5 MHG nach seinem Sinn und Zweck nicht einschlägig und als Ausnahmevorschrift, insbesondere nach seinem Fortfall, eng auszulegen sei.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Das LG hat zutreffend angenommen, dass die Klägerin keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zustimmung zu dem Mieterhöhungsverlangen v. 27.11.2001 gem. § 558 Abs. 1 BGB hat, da die Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB bereits infolge der Mieterhöhung v. 9.11.2000 erreicht ist.

1. a) Gemäß § 558 Abs. 3 BGB darf sich die Miete bei Erhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete nach Abs. 1 innerhalb von drei Jahren, von Erhöhungen nach §§ 559 bis 560 BGB abgesehen, nicht um mehr als 20 % erhöhen. Die Kappungsgrenze ist auch auf Mieterhöhungsverlangen anzuwenden, durch welche eine solche Mieterhöhung - wie im Vorliegenden Fall - erstmals nach dem Wegfall einer Preisbindung verlangt wird (BayObLG v. 23.1.1983 - REMiet 14/81, MDR 1984, 406 = NJW 1984, 742 = WuM 1984, 48 m. w. N.; OLG Hamm v. 27.6.1990 - 30 REMiet 1/90, MDR 1990, 1016 = NJW-RR 1990, 1233 [1234] = WuM 1990, 333, jeweils zu § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 MHG; vgl. auch BVerfG v. 4.12.1985 - 1 BvL 23/84, 1 BvL 1/85, 1 BvR 439/84, 1 BvR 652/84, BVerfGE 71, 230 = MDR 1986, 643; Staudinger/Emmerich, 2003, § 558 Rz. 48; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 8. Aufl., § 558 Rz. 160, jeweils m. w. N.; Gramlich in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, Mietrechtsreform 2001, § 558 Ziff. 7; a. A. Barthelmess, WKSchG, 5. Aufl., § 2 MHG Rz. 51 m. w. N.). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 558 Abs. 3 BGB, der keine Einschränkung im Hinblick auf ehemals preisgebundenen Wohnraum enthält, sowie aus einem Umkehrschluss zu § 558 Abs. 4 S. 1 und 3 BGB, die (nur) unter bestimmten - hier nicht vorliegenden - Voraussetzungen vormalig preisgebundenen Wohnraum von der Kappungsgrenze ausnehmen. Die Geltung der Kappungsgrenze nach Ablauf der Preisbindung entspricht auch der Vorstellung des Gesetzgebers, der ihren Anwendungsbereich in erster Linie bei ehemaligen Sozialwohnungen gesehen hat (Begründung zum Entwurf des Mietrechtsreformgesetzes, BT-Drucks. 14/4553 S. 54). Die grundsätzliche Anwendung der Kappungsgrenze auf vormalig preisgebundenen Wohnraum wird auch von der Revision nicht in Zweifel gezogen.

b) Entgegen der Ansicht der Revision bleibt der Betrag der wegen gestiegener Kapitalkosten mit Schreiben v. 9.11.2000 vorgenommenen Mieterhöhung bei der Berechnung der Kappungsgrenze nicht außer Betracht. Gemäß § 558 Abs. 3 BGB sind lediglich Mieterhöhungen nach den §§ 559 bis 560 BGB von der Kappungsgrenze ausgenommen. Bei der Erhöhung der Kostenmiete wegen gestiegener Kapitalkosten nach §§ 8, 8a, 10 Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) i. V. m. § 4 Neubaumietenverordnung (NMV) und § 23 Zweite Berechnungsverordnung (II. BV) handelt es sich jedoch weder um eine Mieterhöhung bei Modernisierung i. S. d. §§ 559 ff. BGB noch um eine Mieterhöhung wegen Veränderung der Betriebskosten nach § 560 BGB oder um diesen Tatbeständen vergleichbare Regelungen zum preisgebundenen Wohnraum (§§ 6, 13 NMV bzw. §§ 20 ff. NMV i. V. m. § 27 II. BV; § 28 Abs. 3 und 4 Wohnraumförderungsgesetz - WoFG; anders Lützenkirchen, Neue Mietrechtspraxis, § 558 Abs. 1 BGB Rz. 233).

c) §§ 559 - 560 BGB als Ausnahmeregelungen zur grundsätzlichen Geltung der Kappungsgrenze nach § 558 Abs. 3 BGB sind auch einer analogen Anwendung auf Mieterhöhungen wegen gestiegener Kapitalkosten nicht zugänglich. Voraussetzung des Analogieschlusses ist, dass das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält (BGH v. 13.11.2001 - X ZR 134/00, BGHZ 149, 165 [174] = MDR 2002, 471 = BGHReport 2002, 111; Urt. v. 13.3.2003 - I ZR 290/00, CR 2003, 691 = BGHReport 2003, 714 = MDR 2003, 923 = ZIP 2003, 1204, unter B II 2b bb; Urt. v. 16.7.2003 - VIII ZR 274/02, MDR 2003, 1103 = BGHReport 2003, 919 = NJW 2003, 2601 = WM 2003, 2150, unter III 2b, m. w. N.). Die Lücke muss sich aus einem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem - dem konkreten Gesetzgebungsvorhaben zugrundeliegenden - Regelungsplan ergeben (BGH, Urt. v. 16.7.2003 - VIII ZR 274/02, MDR 2003, 1103 = BGHReport 2003, 919 = NJW 2003, 2601 = WM 2003, 2150, unter III 2 b).

Eine planwidrige Regelungslücke liegt nicht vor. Der Gesetzgeber hat im Mietrechtsreformgesetz bewusst von der Schaffung eines Ausnahmetatbestands bei der Ermittlung der Kappungsgrenze im Hinblick auf Mieterhöhungen wegen veränderter Kapitalkosten abgesehen.

aa) Die Neufassung des § 558 BGB ersetzt den mit Wirkung zum 1.9.2001 aufgehobenen § 2 MHG. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 MHG sah Ausnahmen von der Wartefrist in den Fällen der §§ 3-5 MHG vor; gleiches galt hinsichtlich der Berechnung der Kappungsgrenze nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 MHG. In die Neufassung des § 558 Abs. 1 und 3 BGB wurden lediglich die §§ 3 und 4 MHG entsprechenden Fälle der Mieterhöhung bei Modernisierung (§§ 559 ff. BGB) und Veränderungen von Betriebskosten (§ 560 BGB) als Ausnahmetatbestände übernommen. Dagegen hat der Gesetzgeber eine § 5 MHG entsprechende Regelung, wonach der Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt war, Erhöhungen der Kapitalkosten anteilig auf den Mieter umzulegen, nicht in das Mietrechtsreformgesetz aufgenommen. Die Gesetzesbegründung führt hierzu aus, die Regelung sei zu kompliziert und passe wegen ihrer Orientierung an Kostengesichtspunkten nicht in das dem Vergleichsmietensystem zu Grunde liegende Bild der am Markt orientierten Miete (BT-Drucks. 14/4553, 37 [79]).

Entgegen der Auffassung der Revision ist aus dem Entfallen dieser Regelung nicht lediglich zu schließen, dass der Gesetzgeber Mieterhöhungen im preisfreien Wohnraum wegen gestiegener Kapitalkosten für die Zukunft ausschließen wollte. Vielmehr wird aus der Übernahme allein der §§ 3 und 4 MHG entsprechenden Regelungen als Ausnahmetatbestände in § 558 Abs. 3 BGB deutlich, dass Mieterhöhungen wegen Kapitalkostensteigerungen, die im preisfreien Wohnraum nach § 5 MHG zulässig und von der Kappungsgrenze ausgenommen waren, nach dem Willen des Gesetzgebers im Gegensatz zur früheren Rechtslage nunmehr auf die Kappungsgrenze von 20 % anzurechnen sind. Das befindet sich im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Kappungsgrenze, der nach der Gesetzesbegründung darin besteht, einen zu raschen Anstieg solcher Mieten, die bislang erheblich unter der ortsüblichen Vergleichsmiete lagen, zum Schutz der betroffenen Mieter zu vermeiden (BT-Drucks. 14/4553, 54; vgl. auch Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen, mittels dessen die Kappungsgrenze in das MHG eingefügt wurde, BT-Drucks. 9/2079, 8 [16]). Es wäre mit der Zielsetzung des § 558 Abs. 3 BGB nicht vereinbar und widerspräche dem in der Gesetzesfassung zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers, über die enumerativ geregelten Ausnahmen hinaus im Wege der Analogie einen zusätzlichen Ausnahmetatbestand zu schaffen, den der Gesetzgeber in der gesetzlichen Neufassung hat entfallen lassen.

bb) Des weiteren lässt sich die Fortgeltung des § 5 MHG nicht aus den Übergangsvorschriften zum Mietrechtsreformgesetz erschließen. Gemäß Art. 229 § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB ist § 5 MHG (lediglich noch) im Falle eines vor dem 1.9.2001 zugegangenen Mieterhöhungsverlangens oder einer vor diesem Zeitpunkt zugegangenen Mieterhöhungserklärung anzuwenden. Weiter gehende Übergangsregelungen im Hinblick auf die Kappungsgrenze enthält das Gesetz nicht. Für eine zeitlich begrenzte Fortgeltung des § 5 MHG im Hinblick auf die Berechnung der Kappungsgrenze (so Kossmann, Handbuch der Wohnraummiete, 6. Aufl., § 147 Rz. 8) ist nach der gesetzlichen Regelung kein Raum. Angesichts der im Wortlaut eindeutigen Neufassung des § 558 Abs. 3 BGB i. V. m. der getroffenen Übergangsregelung spricht auch nichts für die Annahme, der Gesetzgeber habe die übergangsweise Fortgeltung des § 5 MHG versehentlich ungeregelt gelassen.

cc) Daraus folgt, dass auch im preisgebundenen Wohnraum vorgenommene Erhöhungen der Kostenmiete wegen gestiegener Kapitalkosten nach §§ 8, 8a, 10 WoBindG i. V. m. § 4 NMV und § 23 II. BV nicht von der Kappungsgrenze ausgenommen sind. Durch den Fortfall des § 5 MHG als im Grundsatz vergleichbarer Regelung für den preisfreien Wohnraum ist einem Analogieschluss (hierfür OLG Hamm v. 10.8.1994 - 30 REMiet 1/94, ZMR 1994, 513; und v. 15.3.1995 - 30 REMiet 3/94, MDR 1995, 466 = ZMR 1995, 247 f. hinsichtlich der Wartefrist nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 MHG, soweit die Gründe der Kostenmieterhöhung den §§ 3-5 MHG entsprechen; zu den §§ 559-560 BGB entsprechenden Regelungen Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 8. Aufl., § 558 Rz. 193; Scheffler in Hannemann/Wiegner, Münchener Anwaltshandbuch Wohnraummietrecht, § 35 Rz. 124), den das LG erwogen hat, die Grundlage entzogen. Dass die Kappungsgrenze gerade auch in den Fällen der Beendigung der Preisbindung zum Tragen kommen würde, war dem Gesetzgeber bewusst, wie aus der Gesetzesbegründung (oben zu a)) ersichtlich ist.

2. Soweit die Revision verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 GG wegen der Absenkung der Kappungsgrenze von 30 % auf 20 % (aus dem Schrifttum vgl. Börstinghaus/Eisenschmid, Arbeitskommentar Neues Mietrecht, 2001, S. 273; D. Both in Herrlein/Kandelhard, Mietrecht, 2. Aufl., § 558 Rz. 77, jeweils m. w. N.) sowie auf den im Rechtsstaatsprinzip verankerten Vertrauensschutz des Vermieters erhebt, der sich auf die Nichtanrechnung bestimmter Mieterhöhungen auf die Kappungsgrenze eingerichtet habe, hält der Senat diese Bedenken nicht für durchgreifend.

Das BVerfG hat die Kappungsgrenze von 30 % nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 MHG - auch für den Fall einer erstmals nach Wegfall einer Preisbindung verlangten Mieterhöhung - als verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Inhalts- und Schrankenbestimmung der Eigentumsgarantie des Vermieters nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG angesehen (BVerfG v. 4.12.1985 - 1 BvL 23/84, 1 BvL 1/85, 1 BvR 439/84, 1 BvR 652/84, BVerfGE 71, 230 = MDR 1986, 643). Mit der Absenkung der Kappungsgrenze auf 20 %, der ausweislich der Entwurfsbegründung eine Abwägung der Vermieter- mit den Mieterinteressen vorausgegangen ist (BT-Drucks. 14/4553, 36), hat der Gesetzgeber den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum, der auch hinsichtlich der Frage besteht, ob Übergangsregelungen zu treffen sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22.10.1993 - 1 BvR 1124/03, NJW 1994, 1718), nicht überschritten. Die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG ist nicht schon dann berührt, wenn nicht die höchstmögliche Rendite aus dem Eigentumsobjekt erzielt werden kann, sondern nur dann, wenn die Vermietung von Wohnraum auch bei voller Ausschöpfung des Mieterhöhungsrechts im Ergebnis zu Verlusten führen würde (BVerfG v. 4.12.1985 - 1 BvL 23/84, 1 BvL 1/85, 1 BvR 439/84, 1 BvR 652/84, BVerfGE 71, 230 [250] = MDR 1986, 643). Dies ist jedoch auch nach Absenkung der Kappungsgrenze nicht ersichtlich und wird von der Revision nicht näher ausgeführt.

Des Weiteren hat das BVerfG durch die Einführung der Kappungsgrenze die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes nicht als verletzt angesehen (BVerfG v. 4.12.1985 - 1 BvL 23/84, 1 BvL 1/85, 1 BvR 439/84, 1 BvR 652/84, BVerfGE 71, 230 [251 ff.] = MDR 1986, 643). Eine abweichende Beurteilung ergibt sich für den vorliegenden Fall weder aus der Absenkung der Kappungsgrenze noch aus der Einbeziehung der Mieterhöhung wegen gestiegener Kapitalkosten im preisgebundenen Wohnraum bei der Berechnung der Kappungsgrenze. Hinsichtlich des letzteren Gesichtspunkts bestand bereits keine Rechtslage, auf die die Klägerin eventuell schutzwürdiges Vertrauen hätte gründen können. Auch nach der früheren Gesetzesfassung unterfielen Mieterhöhungen im preisgebundenen Wohnraum nach Ende der Preisbindung in Ermangelung einer Ausnahmeregelung grundsätzlich der Kappungsgrenze. Eine Analogie zu den in § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 MHG enthaltenen Ausnahmetatbeständen hätte insoweit allein an § 5 MHG anknüpfen können. Nach der wohl überwiegenden Ansicht sollte diese Vorschrift jedoch nicht anwendbar sein, wenn die Kapitalmehrkosten bereits bei Vertragsabschluss feststanden und daher - wie im vorliegenden Fall des Wegfalls eines Zuschusses nach Tilgung eines Darlehens - voraussehbar waren (OLG Karlsruhe v. 23.12.1981 - 3 REMiet 8/81, NJW 1982, 893 = WuM 1982, 68; LG Hamburg v. 23.9.1993 - 307 S 278/92, WuM 1993, 685; Voelskow in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 5 MHG Rz. 6; Palandt/Weidenkaff, BGB, 60. Aufl., § 5 MHG Rz. 4; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., III 839; a. A. Staudinger/Sonnenschein/Weitemeyer, 1997, Art. 3 WKSchG II § 5 MHRG Rz. 23 m. w. N.; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 7. Aufl., § 5 MHG Rz. 65 ff.).

Des Weiteren konnte mit einem Fortbestand des § 5 MHG nicht gerechnet werden, nachdem die von der Bundesregierung berufene Expertenkommission Wohnungspolitik im Jahre 1994 empfohlen hatte, die Vorschrift aufzuheben (BT-Drucks. 13/159, 131 Tz. 5531). Weitere durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken sind von der Revision weder vorgebracht, noch sind diese ersichtlich.

3. Bei der Berechnung der Kappungsgrenze nach § 558 Abs. 3 BGB ist die drei Jahre vor Wirksamwerden des Erhöhungsverlangens (§ 558b Abs. 1 BGB) geltende Ausgangsmiete zu Grunde zu legen (OLG Celle v. 31.10.1995 - 2 UH 1/95, OLGReport Celle 1996, 61 = NJW-RR 1996, 331 = WuM 1996, 86 zu § 2 MHG; Staudinger/Emmerich, 2003, § 558 Rz. 49; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 8. Aufl., § 558 Rz. 171, jeweils m. w. N.), mithin die seit April 1998 geschuldete Grundmiete von 272,31 EUR. Die unter Anwendung der Kappungsgrenze von 20 % höchstzulässige Miete beträgt 326,77 EUR. Der Betrag der Mieterhöhung v. 9.11.2000i. H. v. 118,98 EUR ist - im Unterschied zu den Mieterhöhungen nach §§ 559 bis 560 BGB (zur Berechnung der Kappungsgrenze in diesen Fällen vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 63. Aufl., § 558 Rz. 20; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 8. Aufl., § 558 Rz. 186, 188) - nicht nachträglich der ermittelten Kappungsgrenze hinzuzurechnen, sondern unterliegt dieser Begrenzung. Dem Mieterhöhungsverlangen der Klägerin, dem eine Ausgangsmiete von 391,29 EUR zu Grunde liegt, steht somit die Kappungsgrenze von 326,77 EUR entgegen.

III.

Das LG hat daher auf die Berufung des Beklagten die Klage zu Recht insgesamt abgewiesen; die Revision der Klägerin ist mithin zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1159885

DB 2004, 2317

BGHR 2004, 1071

NZM 2004, 735

ZAP 2004, 861

MDR 2004, 990

WuM 2004, 348

MietRB 2004, 257

BBB 2004, 62

IWR 2004, 72

JWO-MietR 2004, 193

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