Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnraummiete: Eigenbedarfskündigung bei Bedarf an einem Teil der Wohnungsräume. Wohnraummiete: Vorlage zum Rechtsentscheid

 

Orientierungssatz

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Die Kammer legt dem OLG Karlsruhe folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vor:

Kann ein Mietverhältnis über eine Wohnung nach BGB § 564b Abs 2 S 1 Nr 2 gekündigt werden, obwohl der Vermieter lediglich Bedarf an einem Teil der Räume hat?

 

Tatbestand

(Aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

In dem zur Entscheidung stehenden Rechtsstreit nehmen die Kläger Ziff. 1 und 2 die Beklagten auf Räumung und Herausgabe einer Wohnung in Anspruch. Die Wohnung der Beklagten besteht aus einer im 5. OG gelegenen Einzimmer-Wohnung, die dem Kläger Ziff. 1 gehört, und einer im 4. OG gelegenen Zweizimmer-Wohnung, die im Eigentum des Klägers Ziff. 2 steht. Nach den Urteilen des AG Mannheim v. 19. 7. 1994 (14 C 10665/94) und des LG Mannheim v. 8. 2. 1995 (4 S 166/94) steht fest, daß hinsichtlich der beiden Wohnungen ein einheitliches Mietverhältnis besteht und daß die beiden Kläger gemeinschaftliche Vermieter der Räumlichkeiten sind.

Die Kläger haben das Mietverhältnis mit Schreiben v. 24. 4. 1995 gekündigt. Die Kündigung wird mit Eigenbedarf begründet. Hierzu ist in dem Kündigungsschreiben ausgeführt, daß der Kläger Ziff. 1 die von den Beklagten mitgenutzte Einzimmer-Wohnung selbst als Wohnung nutzen wolle. Der Kläger Ziff. 1 sei zur Zeit 25 Jahre alt. Er habe derzeit keine eigene Wohnung, sondern lebe zusammen mit seiner Mutter in einer Zweizimmer- Wohnung. Der Kläger Ziff. 1 habe die Einzimmer-Wohnung gekauft, weil er eine eigene Wohnung wolle. Weiter ist zwischen den Parteien unstreitig, daß der Kläger Ziff. 2 keinen Bedarf an der ihm gehörenden Zweizimmer- Wohnung hat.

 

Entscheidungsgründe

II. Nach § 564b Abs. 2 Nr. 2 BGB kann der Vermieter kündigen, wenn er die vermieteten Räume für sich als Wohnung nutzen will. Dies setzt voraus, daß der Vermieter einen ernsthaften Nutzungswillen hat und daß hierfür vernünftige Gründe sprechen (BGH RE v. 20. 1. 1988, WM 1988, 47). Ein vernünftiger Grund in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn sich ein erwachsener Vermieter eine eigene Wohnung schaffen will.

Die Frage, ob der Vermieter auch dann kündigen kann, wenn er nicht die gesamte Mietsache, sondern nur einen Teil der Räume benötigt, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet:

Nach einer Meinung ist eine Kündigung in einem solchen Fall ausgeschlossen, weil sich der Bedarf auf sämtliche Räume beziehen muß (vgl. die dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegten Urteile des LG Essen v. 11. 11. 1992   10 S 248/92   und des LG Wiesbaden v. 15. 9. 1992   8 S 231/92  , zitiert nach BVerfG NJW 1994, 308 = WM 1994, 127, das diese Rechtsansicht verfassungsrechtlich nicht beanstandet hat; ebenso: Barthelmess, § 564b BGB, Rn. 67g).

Nach anderer Ansicht ist eine Kündigung des gesamten Mietverhältnisses möglich, wenn hinsichtlich des benötigten Teiles ein Bedarf gegeben ist (LG München I WM 1990, 211 mit zustimmender Anmerkung Scholz).

Schließlich wird auch die Meinung vertreten, daß eine Teilkündigung nach § 242 BGB möglich sei, wenn die Voraussetzungen des § 564b BGB gegeben sind und die Teilkündigung "einerseits den Belangen des Kündigenden genügt, andererseits die Interessen des Vertragsgegners nicht oder jedenfalls nicht unzumutbar beeinträchtigt werden" (LG Duisburg NJW   RR 1996, 718). Diese Voraussetzungen hat das LG Duisburg in einem Fall bejaht, in dem der Vermieter einen parzellierten Teil eines großen mitvermieteten Gartens gekündigt hat, um dort ein Einfamilienhaus zu errichten. Für Interessenlagen der hier in Frage stehenden Art scheidet eine Teilkündigung aber ersichtlich aus, weil die Beklagten auf die drei Zimmer angewiesen sind.

III. Das AG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, daß eine Kündigung in Fällen dieser Art nur möglich sei, wenn der Vermieter sämtliche Räume benötige. Diese Ansicht hält auch die Kammer für zutreffend: Bereits aus dem Wortlaut des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB folgt, daß die Kündigung wegen eines Teilbedarfs ausgeschlossen ist. Der Kündigungstatbestand setzt nämlich voraus, daß der Vermieter "die Räume" benötigt. Unter dem Begriff der "Räume", ist die gesamte Mietsache zu verstehen. Eine Kündigung wegen eines Teilbedarfs ist in § 564b Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht vorgesehen. Insoweit unterscheidet sich die Vorschrift von der vergleichbaren Regelung in §4 des früheren Mieterschutzgesetzes. Dort war im Zusammenhang mit dem Mietaufhebungstatbestand des Eigenbedarfs in Abs. 2 geregelt, daß das Gericht die Aufhebung in bestimmten Fällen auf einen Teil des Mietraums beschränken kann. Diese Regelung hat der Gesetzgeber bei der Schaffung des Ersten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes nicht übernommen. Die in § 564b Abs. 2 Nr. 4 BGB geregelte Teilkündigung ist auf die dort genannten Fälle beschränkt. Eine entsprechende Anwendung des Abs. 2 Nr. 4 auf Sachverhalte der vorliegenden Art ist wegen ...

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