Verfahrensgang

AG Neumünster (Urteil vom 02.05.1985; Aktenzeichen 9 C 112/85)

 

Tenor

Das Urteil des Amtsgerichts Neumünster vom 2. Mai 1985 wird geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§ 543 Abs. 1 ZPO).

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.

Die vom Kläger am 11. November 1983 und am 4. März 1985 ausgesprochenen Kündigungen haben nicht zur Beendigung des Mietverhältnisses geführt. Der auf § 556 Abs. 1 BGB gestützte Räumungsanspruch des Klägers war deshalb unbegründet.

Die auf Betriebsbedarf gestützte fristgerechte Kündigung des Mietverhältnisses vom 11. November 1983 war unwirksam, weil die Dienstverpflichtung der Beklagten in diesem Zeitpunkt noch bestand und schon deshalb eine Bedarfssituation des Klägers nicht gegeben war. Die spätere Kündigung des Dienstverhältnisses hatte, da sie nach Ablauf der Kündigungsfrist für das Mietverhältnis erfolgt ist, keine heilende Wirkung.

Außerdem hat der Kläger, wie die Kammer in ihrem Beschluß vom 1. Oktober 1985 schon ausgeführt hat, seine Bedarfssituation nicht begründet. Der Kläger benötigt eine Aushilfskraft – wovon die Kammer ausgeht. Dieser Bedarf wird jedoch nur dann zur Begründung einer Kündigung aus berechtigtem Interesse gemäß § 564 b Abs. 1 BGB ausreichen, wenn zur Deckung dieses Betriebsbedarfes die Überlassung der vermieteten Wohnung erforderlich ist. Diese notwendige Verknüpfung ergibt sich nach dem Vortrag des Klägers nicht.

Es ist offengeblieben, ob der Kläger nicht auf Aushilfskräfte in … und Umgebung zurückgreifen kann (so auch Landgericht Lübeck in WM 1985, S. 148). Die fristlose Kündigung des Klägers mit Schriftsatz vom 4. März 1985 hat das Mietverhältnis ebenfalls nicht beendet. Zwischen den Parteien bestand ein Mietverhältnis über Wohnraum, aber auch ein Dienstverhältnis in der Weise, daß sich die beklagten Eheleute bei Bedarf gemäß Ziffer 3 des abgeschlossenen Vertrages zu Aushilfsarbeiten auf dem Hof verpflichtet hatten. Die bei Bedarf abzurufende Tätigkeit der Beklagten hatte nach dem Vertragszweck durchaus Gewicht. Die Beklagten bezogen nämlich das als „Werkwohnung” bezeichnete Gebäude auf dem Hof des Klägers, das seiner wirtschaftlichen Zuordnung nach zur Aufnahme einer landwirtschaftlichen Arbeitskraft bestimmt war. Die Tatsache, daß der Kläger später die Dienste der Beklagten nicht oder nur selten in Anspruch genommen hat, haben diesen ursprünglich ins Auge gefaßten Vertragszweck nicht geändert. Das folgt auch aus der Tatsache, daß der Kläger die Wohnung auch jetzt als Landarbeiterwohnung wieder vermieten will, eine Koppelung zwischen Wohnung und Mitarbeit auf dem Hof nach wie vor vorgesehen ist.

Hat demnach die Dienstverpflichtung der Beklagten neben dem Mietvertrag selbständiges Gewicht, so stellt die Verweigerung der Mitarbeit durch die Beklagten eine Verletzung des Dienstvertrages, nicht jedoch zugleich auch eine Verletzung von Mietvertragspflichten dar. Vielmehr führt die wegen der Dienstverletzung erfolgte Kündigung des Dienstverhältnisses dazu, daß das Mietverhältnis über den Wohnraum ebenfalls kündbar wird, sofern Eigenbedarf in dem oben dargelegten Sinne fortbesteht. Die Arbeitsverweigerung wäre nur dann zugleich auch Verletzung des Mietvertrages, wenn die Tätigkeit nach dem Vertragszweck als Nebenpflicht aus dem Mietverhältnis geschuldet wäre, z.B. die Pflege des Vorgartens einer Mietwohnung, neben der weiteren Verpflichtung, die Treppe zu reinigen und nachts die Haustür zu verschließen.

Der Kläger hat das Dienstverhältnis mit den Beklagten am 26. November 1985 gekündigt. Eine weitere Kündigung des Mietverhältnisses ist jedoch erst mit Schriftsatz vom 27. Januar 1986 nach Schluß der mündlichen Verhandlung erfolgt. Die Kammer hat keinen Anlaß gesehen, gemäß § 156 ZPO erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten, weil diese Kündigung erst mit Jahresfrist wirksam werden könnte und die Voraussetzungen einer Klage auf künftige Räumung gemäß § 259 ZPO nicht vorliegen.

Der Kläger kann sich nicht auf die verkürzte Kündigungsfrist des § 565 c Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen, denn die den Beklagten überlassene Wohnung ist keine funktionsgebundene Wohnung im Sinne des Gesetzes. Die Beklagten waren zur Aushilfe auf dem Hof verpflichtet. Diese Tätigkeit erfordert nicht notwendig die Anwesenheit der Beklagten auf dem Hofe. Aushilfskräfte können auch aus dem Dorf oder der näheren Umgebung beigezogen werden. Bei der den Beklagten überlassenen Wohnung handelt es sich vielmehr um eine sonstige Werkmietwohnung, die mit Rücksicht auf den Abschluß des Aushilfsdienstverhältnisses überlassen wurde. Bei diesen nicht funktionsgebundenen Mietwohnungen wird das Mietverhältnis nach Ablauf von 10 Jahren kraft Gesetzes vom Arbeitsverhältnis unabhängig und unterliegt hinsichtlich der Kündigungsfrist dann der allgemeinen Bestimmung des § 565 BGB (§ 565 c Abs. 1 Nr. 1 BGB). Dem Mieter einer nicht funktionsgebunde...

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