Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Voraussetzungen der Sonderkündigungen nach BGB § 565c

 

Orientierungssatz

Die Kündigungserleichterungen des BGB § 565c gelten nur für Kündigungen, die nach - also auch nicht zugleich mit der - Beendigung des Dienstverhältnisses ausgesprochen werden.

 

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer eines Hofes in H., Kreis P.. Er hat etwa im Jahre 1969 eine im Altenteilerwohnhaus auf diesem Hofe belegene Wohnung an die Beklagten gegen einen monatlichen Mietzins in Höhe von 150,-- DM auf unbestimmte Zeit vermietet. Das Mietverhältnis ist von dem Kläger mit Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten an die Beklagten vom 26. März 1976 zusammen mit einem angeblich bestehenden Dienstverhältnis der Parteien gekündigt worden. In dem genannten Schreiben heißt es außerdem:

"Ich habe Sie aufzufordern, die von Ihnen innegehaltene Wohnung bis zum 30.4.1976 zu räumen und geräumt an meinen Mandanten herauszugeben.

Nach vergeblichem Fristablauf werde ich gerichtliche Schritte einleiten.

Sie werden darauf hingewiesen, daß mein Mandant die von Ihnen innegehaltene Dienstwohnung unbedingt für seinen Betrieb in dem Sinne benötigt, daß er neue Arbeitskräfte einstellen muß und hierfür die Wohnung freihaben muß".

Die Beklagten haben dem Räumungsverlangen des Klägers nicht entsprochen.

Mit seiner bereits am 10. April 1976 erhobenen Klage nimmt der Kläger die Beklagten auf Räumung und Herausgabe ihrer in dem Altenteilerwohnhaus auf seinem Hofe in H., D.-Straße, bestehenden Wohnung in Anspruch.

Er hat vorgetragen, von ihm sei bei Begründung des Mietverhältnisses mit den Beklagten vereinbart worden, daß diese auf seinem Hof als Arbeitnehmer tätig sein sollten, und zwar insbesondere in den Zeiten starken Arbeitsanfalles. Die Beklagten hätten anfangs nach ihrem Einzug auch zu den Spitzenzeiten mitgearbeitet. Danach sei von ihnen jedoch die weitere Mitarbeit verweigert worden mit der Begründung, daß sie die ihnen übertragenen Arbeiten nicht ausführen, sie seien ihnen körperlich nicht gewachsen. Das wolle er, der Kläger, auch nicht bestreiten. Der hier vorliegende Sachverhalt unterfalle einem in § 564b Abs 2 Nr 1 BGB beispielhaft aufgeführten Tatbestand, denn die Beklagten hätten bei Eingehung des Mietverhältnisses ganz genau gewußt, wie schwer die Arbeit in der Landwirtschaft sein könne. Durch das Nichteinhalten ihrer vertraglichen Verpflichtungen sei er, der Kläger, in einem unerträglichen Maße wirtschaftlich belastet und deshalb zur Kündigung des Mietverhältnisses der Parteien, wenn auch möglicherweise nicht zum 30. April 1976, so aber zum 30. Juni 1976 berechtigt gewesen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, die in H., D.-Straße, Hof Landwirt W., im Arbeiterhaus belegene rechte Wohnung zu räumen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise: ihnen eine angemessene Räumungsfrist zu gewähren.

Durch das am 24. Juni 1976 verkündete Urteil, dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe in Bezug genommen werden, hat das Amtsgericht Schönberg die Klage abgewiesen. Gegen dieses ihm am 8. Juli 1976 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29. Juli 1976 Berufung eingelegt und das Rechtsmittel an demselben Tag auch begründet.

Er beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagten zu verurteilen, die in H., D.-Straße, Hof Landwirt W., im Arbeiterhaus belegene Wohnung rechts vom Eingang zu räumen.

Der Kläger führt aus, sein Prozeßbevollmächtigter habe mit Schreiben an die Beklagten vom 26. März 1976 auch das Mietverhältnis der Parteien wirksam gekündigt. Zwar sei gemäß § 565c BGB eine Kündigung des Mietverhältnisses nicht vor der Kündigung des Dienstverhältnisses zulässig; die gleichzeitige Kündigung beider Vertragsverhältnisse genüge jedoch den gesetzlichen Erfordernissen. Auch die Frist des § 565c BGB sei eingehalten worden, denn es handele sich bei der Mietwohnung der Beklagten um eine funktionsgebundene Werkswohnung. Zwar hätten die Beklagten nur in den Spitzenzeiten auf dem Hof mitzuarbeiten gehabt, jedoch entspreche es den Besonderheiten in der Landwirtschaft, daß ein Hof außerhalb der Erntezeit mit erheblich weniger Personal bewirtschaftet werden könne als in der Erntezeit. Demzufolge habe er, der Kläger, die auf seinem Hof befindlichen Wohnungen an Personen vermietet, die in den Spitzenzeiten als Arbeitskräfte zur Verfügung stehen müssen und demgemäß auf dem Hof mangels anderweitiger Wohnmöglichkeiten unterzubringen seien. In jedem Fall sei aber die Wohnung von den Beklagten zum 30. Juni 1976 zu räumen gewesen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend, bestreiten, sich jemals als Hilfskräfte auf dem Hof des Klägers betätigt zu haben, und tragen ergänzend vor, die an sie vermietete Wohnung sei zwischen 1960 und 1965 zum letzten Mal als Melkerwohnung benutzt worden; seither habe der Kläger sie immer als freie Mietwohnung vermietet. Die Mieter, die die Wohnung vor ihnen, den Beklagten, innegehabt hätten, seien alle anderweit...

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