Verfahrensgang

AG Heilbronn (Beschluss vom 17.11.2006; Aktenzeichen 2 K 114/01 GL)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 06.12.2007; Aktenzeichen V ZB 67/07)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Schuldner wird der Beschluss des Amtsgerichts Heilbronn vom 17.11.2006 – 3 K 114/01 – abgeändert.

Das Zwangsversteigerungsverfahren wird einstweilen unter Erteilung folgender Auflagen für die Schuldnerin/Beschwerdeführerin zu 2 bis zum 30.04.2009 eingestellt:

  1. Die Beschwerdeführerin zu 2 hat sich einer regelmäßigen ambulanten psychiatrischen Behandlung zu unterziehen und dies sowie die Entwicklung ihres aktuellen Gesundheitszustandes durch die Vorlage von monatlichen ärztlichen Attesten, jeweils zum Monatsende, beginnend mit dem 30.6.2007 nachzuweisen.
  2. Die Beschwerdeführerin zu 2 hat sich des Weiteren einer regelmäßigen gesprächspsychotherapeutischen Behandlung durch einen Diplom-Psychologen zu unterziehen und dies durch die Vorlage von monatlichen Nachweisen, jeweils zum Monatsende, beginnend mit dem 30.6.2007 nachzuweisen.

2. Die weitergehende sofortige Beschwerde der Schuldner wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Beschwerde Verfahrens trägt die Gläubigerin 75 %, die Schuldner tragen als Gesamtschuldner 25 %.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert: 10 000,00 EUR

 

Tatbestand

I.

Mit Schreiben vom 21.4.2001 beantragte die Gläubigerin die Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens über das o.g. im Eigentum der Schuldner stehende Grundstück, das von diesen seit 38 Jahren bewohnt wird. Das Amtsgericht Heilbronn ordnete mit Beschluss vom 26.10.2001 die Zwangsversteigerung an.

Mit Schreiben vom 15.7.2004 wandten sich die Schuldner an das Zwangsversteigerungsgericht mit dem Antrag, den angesetzten Versteigerungstermin aufzuheben oder zu vertagen. In diesem Schreiben ist erstmals erwähnt, dass die Schuldner im Falle der Durchführung der Zwangsversteigerung keine weitere Perspektive eines Weiterlebens sähen. Eine daraufhin angeordnete amtsärztliche Untersuchung der Schuldnerin zu 2 durch das Landratsamt Heilbronn, Frau Dr. A. kam zu dem Ergebnis, dass bei der Schuldnerin Ziffer 2 eine durch die belastende Lebenssituation mit der Zwangsversteigerung des Hauses ausgelöste mittelschwere depressive Episode vorliege; Suizidhandlungen seien nicht auszuschließen. Ende August 2004 ließ sich die Schuldnerin zu 2 in der Klinik für Gerontopsychiatrie und Psychotherapie Am Weissenhof, Weinsberg stationär behandeln. Gleichwohl erteilte das Amtsgericht Heilbronn mit Beschluss vom 11.10.2004 den Meistbietenden den Zuschlag für das Versteigerungsobjekt. Auf die sofortige Beschwerde der Schuldner hob das Landgericht Heilbronn – Einzelrichter der Beschwerdekammer – auf der Grundlage eines weiteren Sachverständigengutachtens von Frau Dr. A. vom 1.2.2005 den Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts auf und ordnete die einstweilige Einstellung des Verfahrens bis zum 31.7.2005 unter der Auflage an, dass die Schuldnerin zu 2 regelmäßige ärztliche Atteste des sie behandelnden Facharztes für Psychiatrie vorzulegen habe. Dem kam die Schuldnerin zu 2 in der Folge nach.

Mit Schreiben vom 21.6.2005 beantragte die Gläubigerin die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens. Mit Beschluss vom 16.8.2005 ordnete das Amtsgericht Heilbronn daraufhin die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens an. Am 27.3.2006 beantragten die Verfahrensbevollmächtigten der Schuldner die erneute einstweilige Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens. Dem kam das Amtsgericht Heilbronn mit Beschluss vom 19.5.2006 nach und ordnete eine erneute amtsärztliche Untersuchung der Schuldnerin zu 2 an. Unter dem Datum vom 30.6.2006 erstattete Frau Dr. A. vom Landratsamt Heilbronn ein weiteres schriftliches Gutachten, das zu dem Ergebnis kam, dass bei der Schuldnerin zu 2 weiterhin eine schwere depressive Episode mit anhaltenden Suizidphantasien bei fehlenden Konfliktbewältigungsstrategien und Zukunftsperspektiven vorliege. Die Suizidgefährdung sei bei einer eventuellen Versteigerung des Wohnhauses weiterhin hoch einzuschätzen. Aufgrund des Krankheitsverlaufes und des fortgeschrittenen Lebensalters der Schuldnerin zu 2 sei es unwahrscheinlich, dass durch eine befristete Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Abteilung langfristig eine grundsätzliche Besserung des Gesundheitszustandes zu erreichen sei.

Mit Beschluss vom 17.11.2006 ordnete das Amtsgericht Heilbronn die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens an. Zur Begründung verwies das Amtsgericht auf die schutzwürdigen Belange der Gläubigerin und deren erklärte Absicht, die Unterbringung der Schuldnerin zu 2 nach dem Unterbringungsgesetz in die Wege zu leiten. Diese Maßnahme müsse die Schuldnerin zu 2 dulden, wenn die Zwangsversteigerung nur unter dieser Voraussetzung fortgesetzt werden könne. Die Maßnahme sei auch gerechtfertigt und verhältnismäßig, da eine Verbesserung des Gesundheitszustandes der Schuldnerin zu 2 nach den vorliegenden Erkenntnissen in absehbarer Zeit nicht zu erreichen sei.

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