Verfahrensgang

AG Hannover (Urteil vom 14.09.1995; Aktenzeichen 504 C 5465/95)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 14. September 1995 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hannover – 504 C 5465/95 – abgeändert und wie folgt neu gefaßt.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von dem Gebührenanspruch der Rechtsanwälte … und Partner in Höhe von 2.005,24 DM freizustellen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Der Wert der Berufung beträgt 1.661,38 DM.

 

Gründe

Von der Wiedergabe des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Die Beklagte ist verpflichtet, den Kläger von dem Resthonoraranspruch der Rechtsanwälte … vom 29.11.1994 von noch 2.005,24 DM freizustellen. Das Urteil des Amtsgerichts Hannover war abzuändern, da die Tätigkeiten der Rechtsanwälte … und Partner, die deren Rechnung vom 29.11.1994 zugrundeliegen, zur Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Klägers notwendig waren. Dieses folgt aus § 1 Abs. 1 der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB), die nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien die rechtliche Grundlage des zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnisses darstellen.

Dabei steht zwischen den Parteien des Rechtsstreits weiter außer Frage, daß der streitumfangene Arbeitsgerichtsprozeß ein „versichertes Wagnis” nach § 1 Abs. 1 ARB darstellt.

Nach § 14 Abs. 3 ARB gilt der Versicherungsfall in dem Zeitpunkt als eingetreten, in dem der Gegner begonnen hat oder begonnen haben soll, gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften zu verstoßen. Dieser Zeitpunkt war der 27.6.1994, der Tag an dem dem Kläger die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zwischen ihm und der Firma Lichtenberg & Co. Dortmund zum 30.9.1994 zuging.

Bei der Stellung des Weiterbeschäftigungsantrages am 22.9.1994 bei dem Arbeitsgericht Dortmund handelte es sich um eine notwendige Interessenwahrbehmung seitens des Klägers. Nach § 1 Abs. 1 ARB ist die Beklagte daher verpflichtet, die dem Kläger hierbei entstandenen Kosten zu ersetzen. Die Stellung des Weiterbeschäftigungsantrags war notwendig, da die Stellung dieses Antrages hinreichende Aussicht auf Erfolg bot und nicht mutwillig erscheint. Die Interessenwahrnehmung ist als notwendig anzusehen, wenn wenigstens eine gewisse Chance besteht, daß die beabsichtigte Rechtsverteidigung zum Ziel führt. Die Grenze ist dort zu ziehen, wo die beabsichtigte Interessenwahrnehmung so gut wie chancenlos erscheint und die Inanspruchnahme der im Rechtsschutzversicherer zusammengeschlossenen Risikogemeinschaft einem Rechtsmißbrauch gleichkommt (a.a.O. Anm. 33). Die Interessenwahrnehmung ist dann nicht notwendig, wenn sie mutwillig erscheint. Mutwillig ist eine Prozeßführung, wenn sie nicht durch sachliche Erwägungen veranlaßt ist und von dem abweicht, was eine verständige aber nicht versicherte Partei, in gleicher Lage tun würde. (vgl. a.a.O. Anm. 39).

Bei dem Rechtsstreit, für den der Kläger eine Deckungszusage von der Beklagten begehrt hat, war jedenfalls die Stellung des Weiterbeschäftigungsantrags am 22.9.1994 zu seiner Interessenwahrnehmung notwendig. Dabei hat sich die Kammer davon leiten lassen, daß der von dem Kläger beauftragte Prozeßbevollmächtigte Rechtsanwalt des Klägers seinen Pflichten aus dem mit dem Kläger abgeschlossenen Geschäftsversorgungsvertrag (§ 675 BGB) genügt hat. Dieses ergibt sich insbesondere aus folgenden Erwägungen:

Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat den Weiterbeschäftigungsantrag am Tag nach der erfolglosen Güterverhandlung vor dem Arbeitsgericht Dortmund gestellt. Mit der Stellung des Antrages hat er bis zur erfolglos verlaufenen Güterverhandlung gewartet. Wie der Kläger im einzelnen dargelegt hat, sieht ein Großteil der Rechtsprechung zu den ARB vor, daß die Rechtsschutzversicherer erst ab diesem Zeitpunkt verpflichtet sind, die Kosten für die Stellung des allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrages zu tragen. Wie der Kläger in der Berufung ausgeführt hat, hat er jedenfalls auch seinen „besonderen” Weiterbeschäftigungsantrag nach § 102 Abs. 5 Betriebsverfassungsgesetz mit seinem Weiterbeschäftigungsantrag vom 22.9.1994 geltend gemacht. Dabei mußte der Prozeßbevollmächtigte des Klägers nicht warten, da dieser Antrag jedenfalls nach wesentlichen Stimmen in der Literatur fristgebunden war. Nach dem Standardkommentar zum Betriebsverfassungsgesetz Fitting/Kaiser-Engels, 18. Aufl., 1996 (wie auch die Vorauflage) mußte der besondere Weiterbeschäftigungsanspruch nach 102 Abs. 5 Betr. VG bis zum Ablauf der Kündigungsfrist gestellt werden. In dem weit verbreiteten Arbeitsrechtshandbuch von Schaub (7. Aufl.,) wird die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt der Arbeitnehmer das Verlangen auf Weiterbeschäftigung erheben kann, als umstritten bezeichnet (S. 975). Auch Wank: in Münchener Handbuch Arbeitsrecht Band II München 1993 vertritt die Auffassung, der Arbeitnehmer müsse seine weitere Beschäftigung innerhalb der Kündigungsfrist verlangen (§ 118, dort Anm. 21). Demgegenüber sieht das Bundesarbeitsgericht in dem Ablauf der Kündi...

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