Tatbestand

Die Beteiligten streiten um einen Schmerzensgeldanspruch des Klägers wegen einer Polizeiaktion des Landes Niedersachsen am 1. Dezember 1986, in deren Verlauf der Kläger zur Durchführung einer erkennungsdienstlichen Behandlung zwei Stunden lang festgehalten wurde. Der Kläger hielt sich am Abend des 1. Dezember 1986 etwa ab 20.25 Uhr gemeinsam mit ca. 400 weiteren Personen in einem Jugendzentrum auf, um das weitere Vorgehen wegen der Räumung von besetzten Häusern durch die Polizei zu diskutieren. Am gleichen Tag hatten sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Polizei gerichtliche Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts für das Jugendzentrum erwirkt. Zum einen sollten die Räumlichkeiten nach einem dort vermuteten Störsender durchsucht werden, zum anderen sollte eine Razzia durchgeführt werden. Gegen 20.30 Uhr wurde das Jugendzentrum von Einsatzkräften der Polizei umstellt, so daß das Gebäude von niemandem der dort anwesenden Personen mehr verlassen werden konnte. Die Polizei drang im folgenden in das Gebäude ein und beendete die dort stattfindende Veranstaltung. Von sämtlichen in dem Jugendzentrum anwesenden Personen - auch vom Kläger, der sich durch einen gültigen Personalausweis ausweisen konnte - wurden die persönlichen Daten festgestellt, und es wurden Lichtbilder angefertigt. Weiterhin fand eine körperliche Durchsuchung der Veranstaltungsteilnehmer mit einer erkennungsdienstlichen Behandlung statt. Nach Abschluß dieser Maßnahmen, die insgesamt etwa bis ca. 1.30 Uhr des 2. Dezember 1986 dauerten, konnten die Teilnehmer der Veranstaltung das Gebäude jeweils verlassen. Dem Kläger wurde das Verlassen des Jugendzentrums nach etwa zwei Stunden gegen 22.30 Uhr gestattet.

Das Verwaltungsgericht hat in einem u. a. von dem Kläger angestrengten Rechtsstreit die Rechtswidrigkeit der Maßnahmen der Polizei, insbesondere der polizeilichen Beendigung der Veranstaltung, des Festhaltens des Klägers während des Polizeieinsatzes sowie der zur Identitätsfeststellung durchgeführten Maßnahmen und der dabei vorgenommenen körperlichen Durchsuchung festgestellt. Diese Entscheidung ist rechtskräftig geworden. Mit der vorliegenden Klage nimmt der Kläger das beklagte Land auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes, dessen Höhe er nunmehr mit 200 DM beziffert, in Anspruch.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gem. §§ 839, 847 BGB i.V. mit Art. 34 GG wegen der am 1. Dezember 1986 erlittenen Freiheitsentziehung. Die bei dieser Aktion beteiligten Beamten des beklagten Landes haben schuldhaft die ihnen gegenüber dem Kläger obliegenden Amtspflichten verletzt, indem sie ihm rechtswidrig seine Freiheit entzogen und ohne eine gesetzliche Grundlage Maßnahmen der Identitätsfeststellung, erkennungsdienstlichen Behandlung und körperlichen Durchsuchung durchgeführt haben. All diese Gesichtspunkte, die zusammengenommen einen schwerwiegenden Eingriff in die persönliche Freiheit und die dem Kläger zustehenden Persönlichkeitsrechte darstellen, rechtfertigen die Zuerkennung eines Schmerzensgeldes in der vom Kläger begehrten Höhe, ohne daß die zwischen den Parteien streitigen Umstände der Polizeiaktion im einzelnen weiter aufgeklärt werden müssen. Aufgrund des ohnehin in Anbetracht der geringfügigen Höhe eher als symbolisch anzusehenden Schmerzensgeldbetrages kann dahinstehen, ob zusätzlich zu den vom Kläger unwidersprochen dargestellten polizeilichen Maßnahmen auch noch der Kontakt zu außenstehenden Personen unterbunden bzw. eingeschränkt, die Benutzung der Toiletten untersagt und Schlagstöcke eingesetzt wurden. Das rechtswidrige Festhalten des Klägers über einen Zeitraum von zwei Stunden unter den gegebenen Umständen reicht für sich allein gesehen aus, um das beklagte Land schmerzensgeldpflichtig erscheinen zu lassen.

Hierbei ist zunächst davon auszugehen, daß die Kammer eigene Feststellungen bezüglich der Rechtswidrigkeit des Vorgehens der am 1. Dezember 1986 ingesetzten Polizeikräfte nicht mehr zu treffen braucht, weil sie insofern an die rechtskräftigen verwaltungsgerichtlichen Feststellungen gebunden ist (vgl. BGH, NJW 1966, 1356). Da es um die Feststellung von immateriellen Ersatzansprüchen aufgrund verwaltungsgerichtlich überprüften Verwaltungshandeln geht, sind die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichts sowie des Oberverwaltungsgerichts grundsätzlich zu übernehmen. Dabei sieht sich die Kammer allerdings auch in materieller Hinsicht in Übereinstimmung mit den genannten Urteilen. Eine irgendwie geartete Rechtfertigung des Polizeieinsatzes kann nicht festgestellt werden, weil es sich offenkundig um eine Versammlung handelte, die nur unter den engen Voraussetzungen des Versammlungsgesetzes hätte beendet werden dürfen. Anhaltspunkte für eine entsprechende Rechtfertigung hat das beklagte Land auch in dem vorliegenden Verfahren nicht einmal ansatzweise vorgetragen.

Soweit das beklagte Land seinen Klagabweisungsantrag primär darauf stützt, daß die ausführenden Beamten nicht...

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