Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermietung von Wohnraum an ein Unternehmen zur Weiterüberlassung an dessen Arbeitnehmer: Anwendbarkeit der Kündigungsschutzbestimmungen

 

Leitsatz (amtlich)

Auch bei nur geringer Einflußnahme des Hauptvermieters, der Wohnraum an ein Unternehmen zur Weiterüberlassung an Arbeitnehmer vermietet hat, auf die Ausgestaltung des Untermietvertrages kann sich nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses der Wohnungsinhaber gegenüber dem Rückgabeverlangen des Hauptvermieters auf die Kündigungsschutzbestimmungen berufen, wenn keine gewichtigen Gründe dafür sprechen, ihn anders zu behandeln, als denjenigen, der seine Wohnung von einem gewerblichen Zwischenvermieter gemietet hat. Dies gilt namentlich dann, wenn das Räumungsverlangen nur deshalb verfolgt wird, weil der Endnutzer den vom Hauptvermieter gewünschten Mietzins nicht akzeptiert. Daß der Hauptmietvertrag vor 1971, vor Inkrafttreten des I. WKSchG (juris: WKSchG), abgeschlossen wurde, steht dem nicht entgegen.

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Duisburg- Ruhrort vom 24. Oktober 1994 -- 9 C 431/96 -- wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Rechtsvorgängerin der Kläger, die Firma ..., vermietete 1968 drei Wohnungen im Haus ... in D an die ..., jetzt .... Vertragszweck war laut § 2 des schriftlichen Mietvertrags die Unterbringung von Betriebsangehörigen. Die ... vermietete 1968 eine Wohnung an die Beklagten. Den Mietvertrag mit der ... kündigten die Kläger mit Schreiben vom 18. Oktober 1995 zum 31. Oktober 1996. Sie verlangen von den Beklagten, die den Abschluß eines unmittelbaren Mietvertrages mit den Klägern zu den von ihnen gestellten Bedingungen ablehnen, Räumung und Herausgabe der Wohnung. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger mit dem Antrag, die Beklagten zur Räumung ihrer Wohnung zu verurteilen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Berufung ist unbegründet.

1. Die am 18. Oktober 1995 erklärte Kündigung des Hauptmietverhältnisses ist wirksam; zwischen den Parteien besteht kein Wohnraummietverhältnis, weil die ... als Hauptmieterin nach dem Vertragszweck die Wohnung nicht selbst als Wohnraum nutzen, sondern bestimmungsgemäß zu Wohnzwecken untervermieten sollte (vgl. BGH NJW 1979, 307 = ZMR 1979, 49; BGH NJW 1981, 1377 = ZMR 1981, 322; BGHZ 94, 11 = NJW 1985, 1772 = ZMR 1985, 228; BayObLG ZMR 1995, 585 = NJW-RR 1996, 71). Maßgeblich ist die Nutzung im Hauptmietverhältnis

2. Trotz Beendigung des Hauptmietverhältnisses können die Kläger von den Beklagten nicht gemäß § 556 Abs. 3 BGB Herausgabe der Wohnung verlangen.

a) Das Amtsgericht ist in Anlehnung an den Rechtsentscheid des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 30. August 1985 (ZMR 1985, 585 = NJW-RR 1986, 71) der Auffassung, daß sich die Beklagten gegenüber dem Räumungsverlangen der Kläger auf den Wohnraumkündigungsschutz berufen können, weil das Hauptmietverhältnis durch Umstände geprägt sei, die eine Gleichstellung mit der in § 549 a BGB geregelten gewerblichen Zwischenvermietung gebiete. Nach der Ausgestaltung des Hauptmietvertrages diene die Weiter- oder Untervermietung im Wesentlichen den Interessen der Hauptvermieter, weil diese auf die Ausgestaltung der Untermietverhältnisse Einfluß nehmen können, insbesondere durch die im Untermietverhältnis verbindliche Hausordnung, aber auch durch das Recht, bei Leerstehen einer Wohnung Mieter zu benennen. Schließlich spreche das Darlehen der ... an die Rechtsvorgänger der Kläger dafür, den Endnutzern den Kündigungsschutz zu belassen.

b) Ob die hier vorliegende Konstellation mit der vergleichbar ist, die dem Rechtsentscheid des Bayerischen Obersten Landesgerichts zugrunde lag, kann dahin stehen. Jener Fall wies die Besonderheit auf, daß der Eigentümer einen nicht unbedeutenden Einfluß auf die Auswahl des Untermieters hatte. Der Zwischenvermieter mußte ihn vorher verständigen; unzumutbare Untermieter durfte der Hauptvermieter ablehnen; der Eigentümer bestimmte sogar in einem Mustermietvertrag die Konditionen der Untermietverhältnisse. Demgegenüber hatten vorliegend die Kläger bzw. ihre Rechtsvorgängerin nur geringen Einfluß auf die Untermietverhältnisse; die Hausordnung war für die Untermieter verbindlich, und bei Leerstand konnte der Eigentümer einen Mieter benennen.

c) Gleichwohl können sich die Beklagten gegenüber dem Räumungsverlangen der Kläger auf die Bestimmungen zum Schutz des Wohnraummieters berufen, insbesondere § 564 b BGB, weil kein vernünftiger Grund besteht, die Beklagten anders zu behandeln als Untermieter, die den Wohnraumkündigungsschutz genießen. Eine solche Ungleichbehandlung wäre mit dem in Art. 3 GG verfassungsrechtlich geschützten Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbaren.

aa) Die Durchbrechung des Grundsatzes des § 556 Abs. 3 BGB, der einen unmittelbaren Rückgabeanspruch des Hauptvermieters gegen den Untermieter nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses begründet, zum Schutz des Endnutzers entsprach vor Einführung des § 549 a ...

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