Verfahrensgang

AG Bonn (Urteil vom 04.03.2011; Aktenzeichen 104 C 351/10)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 04.03.2011 (104 C 351/10) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Widerspruch der Klägerin gegen den im Verteilungsverfahren von dem Amtsgericht C – … K … – aufgestellten Teilungsplan vom …06.2010 wird für begründet erklärt. Der auf Anordnung des Amtsgerichts hinterlegte Betrag von 567,58 EUR ist an die Klägerin auszuzahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung in der Hauptsache durch Sicherheitsleistung in Höhe von 600,– EUR und die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in der Hauptsache Sicherheit in Höhe von 600,– EUR bzw. vor der Vollstreckung wegen der Kosten Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten darum, ob den von der Klägerin, einer Wohnungseigentümergemeinschaft, im Zwangsversteigerungsverfahren … K …/… AG C angemeldeten Prozesskosten wie den zugrunde liegenden Wohngeldforderungen im Verteilungsverfahren nach §§ 105 ff. ZVG der bevorrechtigte Rang des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG (sog. Rangklasse 2) zukommt.

Das Vollstreckungsgericht hat im Zwangsversteigerungsverfahren die Auffassung vertreten, dass die Prozesskosten nicht der privilegierten Rangklasse 2 angehören, und hat sie im Teilungsplan vom ….06.2010 nach Zwangsversteigerung des betreffenden Wohnungseigentums nicht vorrangig berücksichtigt. Auf den im Verteilungstermin am ….06.2010 erhobenen Widerspruch der Klägerin gegen den Teilungsplan hat das Vollstreckungsgericht die Hinterlegung des im Streit stehenden Betrages von 567,58 EUR angeordnet. Die Klägerin hat gemäß § 115 Abs. 1 S. 2 ZVG i.V.m. § 878 ZPO vor dem Amtsgericht C Widerspruchsklage gegen die beiden nachrangigen Gläubiger erhoben.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Kosten der Rechtsverfolgung von Wohngeldansprüchen stellten weder Kosten der Verwaltung i.S.d. § 16 Abs. 2 WEG noch Nebenleistungen der Wohngeldansprüche dar.

Gegen die Abweisung ihrer Klage wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie macht geltend, es verstoße gegen die vom Gesetzgeber mit der Novellierung des § 10 ZVG beabsichtigte Besserstellung der Wohnungseigentümergemeinschaften, die zur Titulierung von Wohngeldrückständen aufgewendeten Prozesskosten nicht an deren rangmäßiger Bevorrechtigung teilhaben zu lassen. Die Prozesskosten seien Verwaltungskosten i.S.d. WEG, jedenfalls stellten sie Nebenleistungen der Wohngeldansprüche dar.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 04.03.2011, zugestellt am 15.03.2011, Az. 104 C 351/10, aufzuheben und den Teilungsplan des Amtsgerichts C vom ….06.2010, Az. … K …/…, dahingehend abzuändern, dass die Klägerin mit ihrer Forderung in Höhe von 567,58 EUR vor derjenigen der Beklagten zu 1. in Höhe von 32,44 EUR und vor derjenigen der Beklagten zu 2. in Höhe von 64.713,67 EUR zu befriedigen ist;

hilfsweise, das Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 04.03.2011, zugestellt am 15.03.2011, Az. 104 C 351/10, aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das erstinstanzliche Urteil.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt und fristgerecht begründet worden. Sie hat auch in der Sache Erfolg, wobei sich die Fassung des Tenors – unter entsprechender Auslegung des Antrags der Klägerin – aus § 880 ZPO ergibt. Das Amtsgericht hat die nach § 115 Abs. 1 S. 2 ZVG i.V.m. § 878 ZPO erhobene Widerspruchsklage zu Unrecht abgewiesen.

1. Beide Beklagten sind passivlegitimiert. Die Widerspruchsklage nach § 878 ZPO ist gegen diejenigen Gläubiger zu richten, die von dem Widerspruch betroffen sind (Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 878 Rn. 5). Die Klägerin hat mit ihrem Widerspruch im Verteilungstermin am 14.06.2010 geltend gemacht, hinsichtlich eines Betrages von 567,58 EUR ein im Rang sowohl dem Recht der Beklagten zu 1. (Rangklasse 3) als auch dem Recht der Beklagten zu 2. (Rangklasse 4) vorgehendes Recht zu haben. Damit sind beide Beklagten von dem Widerspruch betroffen (vgl. auch Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2004, § 878 Rn. 2). Dass sich der Widerspruch für die Beklagte zu 1. wirtschaftlich nicht auswirkt, da ihre angemeldete Forderung in Höhe von 32,44 EUR der Forderung der Beklagten zu 2. im Rang vorgeht, so dass sie unabhängig vom Ausgang dieses Verfahrens aus dem Versteigerungserlös befriedigt werden wird, steht ihrer Passivlegitimation nicht entgegen. 2....

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