Verfahrensgang

AG Berlin-Tiergarten (Urteil vom 13.11.1985; Aktenzeichen 7 C 141/85)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 13. November 1985 verkündete Urteil des Amtsgerichts Tiergarten – 7 C 141/85 – wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

 

Gründe

Die Kläger sind Mieter einer Wohnung im Hause der Beklagten in der …. Sie haben mit der Klage unter anderem Wiederherstellung des bauaufsichtlich gesperrten Balkons ihrer Wohnung und Anbringung eines Schutzanstrichs an allen Fensterrahmen der Wohnung, an denen die Farbe abblättert, begehrt. Die Beklagte hat widerklagend von den Klägern Zahlung von 337,42 DM als restliche Miete für die Zeit von März bis Oktober 1984 verlangt. Sie hat nur eine monatliche Mietminderung von 4,06 DM anerkannt.

Das Amtsgericht hat durch Urteil vom 13. November 1985 der Klage in vollem Umfang und der Widerklage in Höhe von 285,90 DM stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Es hat eine Mietminderung in Höhe von 10,50 DM monatlich wegen Nichtbenutzbarkeit des Balkons anerkannt.

Dieses Urteil ist der Beklagten am 10. Januar 1986 zugestellt worden. Sie hat dagegen am 7. Februar 1986 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 7. April 1986 am 2. April 1986 begründet.

Die Beklagte beantragt,

unter insoweitiger Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Tiergarten vom 13.11.1985 – 7 C 141/85 – die Klage hinsichtlich der geforderten Instandsetzung des Balkons und der Anbringung von Schutzanstrichs an sämtlichen äußeren Fensterrahmen der Wohnung abzuweisen und die Kläger auf die Widerklage hin zu verurteilen, an die Beklagte weitere 51,52 DM zu zahlen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen und im übrigen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Die Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist jedoch unzulässig, weil der Beschwerdewert 700,– DM nicht übersteigt (§ 511 a Abs. 1 ZPO). Der Beschwerdewert beträgt lediglich 219,42 DM. Bei einem Begehren auf Mängelbeseitigung an der Mietsache ist nämlich das Interesse des Mieters nur ein Ausschnitt aus dem Mietverhältnis. Deshalb ist der Streitwert einer Klage des Mieters das 12-fache des Betrages, um den er die Miete mindern könnte (vgl. Beschlüsse des Landgerichts Berlin vom 15. April 1985 – 29 T 7/85 – vom 2. Juli 1985 – 29 T 18/85 und vom 27. August 1985 – 29 T 25/85 –). Ausgehend von einem Mietminderungsbetrag von 10,50 DM monatlich wegen der Nichtbenutzbarkeit des Balkons, was die von der Beklagten anerkannte Minderungshöhe übersteigt, ergibt sich wegen dieses Instandsetzungsbegehrens ein Streitwert von 10,50 DM × 12 = 126,– DM, Hinsichtlich des mangelhaften Zustands der Fensteraußenrahmen hat das Amtsgericht, was nicht angegriffen wurde, keine besondere Minderung angesetzt. Die Kammer geht zur Berechnung des Interesses der Kläger von einem Prozent der Kaltmiete aus, was einen Streitwert von 42,– DM ergibt. Die Widerklageforderung beträgt 51,52 DM. Daraus ergibt sich ein Streitwert von 219,52 DM, der auch dem Beschwerdewert entspricht. Zwar ist der Beschwerdewert nicht zwingend identisch mit dem Streitwert (vgl. Stein-Jonas 20. Aufl., Rdn. 6 zu § 511 a ZPO). Der Beschwerdewert kann jedoch begrifflich niemals größer sein als der Streitwert erster Instanz (vgl. Stein-Jonas a.a.O. Rdn. 7). Dies hat zur Folge, daß, obwohl das Interesse der Beklagten, den Balkon nicht wieder herstellen zu müssen, hier sehr viel höher sein dürfte, als das der Kläger an der Wiederherstellung, dieses weitergehende Interesse der Beklagte bei Feststellung des Beschwerdewertes unbeachtet bleiben muß (vgl. RGJW 1930, 2704, 2705).

Im übrigen wäre die Berufung der Beklagten auch unbegründet gewesen. Einem Anspruch der Kläger auf Wiederherstellung des Balkons aus § 536 BGB steht es nämlich im vorliegenden Fall nicht entgegen, daß die Wiederherstellung für die Beklagte mit unzumutbar hohen Kosten verbunden ist. Die Kosten der Reparatur und die Ertragslage des Gebäudes spielen grundsätzlich dafür keine Rolle (vgl. Sternel 2. Aufl. Anm. II. 190). Zwar ist der Vermieter dann nicht zur Wiederherstellung verpflichtet, wenn die Mietsache zerstört ist (vgl. Emmerich-Sonnenschein, Handkommentar, Rdn. 5 der Vorbemerkung zu § 537 BGB). Damit entfällt eine Instandsetzungspflicht der Vermieterin auch dann, wenn die partielle Zerstörung der Sache wirtschaftlich ihrer vollständigen Zerstörung gleich steht sowie dann, wenn die Wiederherstellungskosten der Vermieterin nach den gesamten Umständen nicht mehr zumutbar sind (vgl. Emmerich-Sonnenschein a.a.O. Rdn. 6). Beides ist hier jedoch nicht der Fall. Ein erforderlicher Instandsetzungsaufwand von 15.000,– DM macht bei einer 3-Zimmerwohnung nur einen Bruchteil des Wohnungswertes aus. Die Kosten sind der Beklagten auch zumutbar. Dafür spricht schon der Umstand, daß sie ohnehin die Absicht zur Wiederherstellung hat (wenn auch mit öffentlichen Zuschüssen). Im übrige...

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