Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Urteil vom 05.03.1996; Aktenzeichen 9 C 627/95)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 5. März 1996 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg – 9 C 627/95 – abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, die nachfolgend näher bezeichnete Modernisierungsmaßnahme im Haus …, … Berlin, zu dulden:

Anbau eines Personenaufzuges wie folgt:

In dem Hof des Hauses … soll ein Personenaufzug mit 5 Haltestellen in das Treppenhaus angebaut werden. Der geplante Aufzug wird so an das Treppenhaus angebunden, daß auf jedem Zwischenpodest zum Hof neben dem Aufzugsschacht ein Treppenhausfenster mit der Größe 76/201 cm erhalten bleibt.

Der Maschinenraum des Aufzuges befindet sich im Treppenhaus unter dem 2. Treppenlauf im Erdgeschoß.

Folgende bauliche Maßnahmen sind erforderlich:

– Gründung bis zur Fundamentsohle des Altbaus reichende Betonplatte gemäß den statischen Berechnungen,

– Aufmauerung eines Sockels aus 36,5 cm KSV-Mauerwerk,

– Schachtgerüst aus Stahl mit Viereckstielen und den erforderlichen Quer-/und Längssprossen, Verglasung aus Drahtgußglas,

– Anbindung des Schachtes an das Gebäude entsprechend der errechneten Statik,

– Treppenhausfenster, Holzfenster mit Isolierverglasung,

– Elektrische Installation entsprechend den VDE-Richtlinien.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

 

Tatbestand

Von der Abfassung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt sowie rechtzeitig begründet worden.

Die mithin zulässige Berufung hat in der Sache auch Erfolg, so daß der Beklagte verpflichtet ist, den Einbau des Außenfahrstuhls zu dulden.

Der Kläger kann von dem Beklagten die Duldung des Fahrstuhlanbaus gemäß § 541b BGB verlangen. Für seine Duldungsklage besteht auch ein Rechtsschutzinteresse, nachdem der Beklagte schriftlich dem Einbau des Außenfahrstuhls widersprochen hatte. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die vom Vermieter vorgesehenen Arbeiten außerhalb oder innerhalb der Wohnung des Mieters vorgesehen sind, sondern darauf, ob dem Mieter aufgrund der Modernisierungsmaßnahme ein Sonderkündigungsrecht gemäß § 541b Abs. 2 Satz 2 BGB zusteht bzw. ob er verpflichtet ist, die Maßnahme gemäß § 541b Abs. 1 BGB zu dulden.

Der Beklagte kann seine Auffassung, für die hiesige Duldungsklage fehle es an einem Rechtsschutzbedürfnis, nicht auf die Entscheidung der Kammer vom 22. Januar 1996 (GE 96, 415 f.) stützten. Die dortige Entscheidung befaßte sich ausschließlich mit unterschiedlichen Anforderungen an die Ankündigungsfristen für Arbeiten innerhalb und außerhalb der Mieterwohnung.

Zwar ist zuzugeben, daß bei Arbeiten im Außenbereich der Vermieter nicht verpflichtet ist, zunächst einen Duldungstitel gegen den widersprechenden Mieter einzuklagen, ehe die Maßnahme durchgeführt wird (Beuermann, Miete und Mieterhöhung bei preisfreiem Wohnraum, § 3 MHG Rz. 9b). Gleichwohl kann der widersprechende Mieter durch Klage oder auch einstweilige Verfügung solche Arbeiten verhindern. Darüber hinaus besteht für den Vermieter bei der Durchführung der Arbeiten trotz des Widerspruchs das Risiko, später möglicherweise keine Mieterhöhung durchsetzen zu können, weil schon eine materielle Duldungspflicht des Mieters nach § 541b Abs. 1 BGB nicht vorlag (Beuermann, a.a.O.).

Die vorliegende Duldungsklage ist auch nicht rechtsmißbräuchlich, da der Kläger im Berufungsverfahren substantiiert dargelegt hat, daß ein zustimmender Beschluß der Eigentümerversammlung zum Fahrstuhlanbau vorliegt.

Der nachträgliche Einbau eines Außenfahrstuhls als Maßnahme, die nicht unmittelbar in der Wohnung des Mieters stattfindet, unterfällt der Vorschrift des § 541b BGB, so daß die dort aufgeführten Formalitäten auch auf ihn anzuwenden sind (KG, GE 92, 920; LG Berlin, ZMR 87, 337). Dies gilt selbst für den Fall, wenn kein Modernisierungszuschlag verlangt wird (AG Schöneberg, GE 90, 265; AG Charlottenburg, GE 86, 1213).

Gemäß § 541b Abs. 1 BGB hat ein Mieter Verbesserungsmaßnahmen dann nicht zu dulden, wenn diese für ihn eine Härte bedeuten, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters und anderer Mieter in dem Gebäude nicht zu rechtfertigen sind.

Diese Interessenabwägung fällt zugunsten des Klägers aus.

Er hat ein berechtigtes Interesse an der Werterhöhung seines Eigentums durch bessere Vermietbarkeit der in den oberen Stockwerken gelegenen Wohnungen. Auch die anderen Bewohner, die die Möglichkeit haben, den Fahrstuhl zu nutzen, erlangen einen höheren Wohnkomfort; dies gilt insbesondere für die Bewohner des Dachgeschoßes.

Demgegenüber stellen die Auswirkungen des Fahrstuhleinbaus für den Beklagten keine unzumutbare Härte dar. Dafür, daß der Fahrstuhleinbau eine unzumutbare Härte darstellt, ist der Beklagte als Mieter darlegungs- und beweispflichtig (Beuermann, Miete und Mieterhöhung bei preisfreiem Wohnraum, § 541b Rz. 34). Daß ihm nach Abzug der Miete vom Nettoeinkommen kein Betrag mehr zur Verfügung steht, der ausreicht, damit er an sei...

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