Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Urteil vom 16.08.2018; Aktenzeichen 205 C 307/17)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 16. August 2018 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg – 205 C 307/17 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf bis zu 1.500,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beklagte war Mieterin einer 3-Zimmer-Wohnung mit einer Größe von ca. 95m² (nach Mietvertrag, Anlage K 1, Bl. 7 I d.A.) bzw. 87,58 m² (nach Aufmaß, Bl. 88, Bd. I d.A.) bzw. 88,67 m² (nach Betriebskostenabrechnung) im Vorderhaus der …. Ihren „Mietvertrag für gewerbliche Räume” vom 17.11.1981 schloss sie mit der Voreigentümerin ab. Die Klägerin erwarb 2006 das Eigentum an der Wohnung.

Aufgrund des Urteils des Amtsgerichts Charlottenburg – 16 C 920/83 A – vom 30.03.1984 (Anlage K 2, Bl. 13 ff. I d.A.) ist zwischen den Parteien unstreitig, dass es sich um ein Wohnraummietverhältnis handelt.

Die Klägerin kündigte das Mietverhältnis mit der Beklagten mit Schreiben vom 27.02.2015 (Anlage K 3, Bl. 19 f. I d.A.) ordentlich zum 30.11.2015. Mit Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg – 206 C 474/15 – vom 19.04.2016 (s. Anlage K 4, Bl. 21 ff I d.A. und die beigezogene Akte) wurde die Beklagte zur Herausgabe der Wohnung verurteilt. Das Landgericht Berlin wies die Berufung mit Beschluss vom 25.01.2017 – 18 S 159/16 – gemäß § 522 ZPO zurück. Die Beklagte gab die Wohnung am 05.05.2017 heraus. Der Sohn der Beklagten zog im Frühjahr 2015 in eine eigene Wohnung.

Während der Kündigungsfrist ist eine 2-Zimmer-Wohnung der Klägerin im Hinterhaus mit 44 m² frei geworden. Diese bot die Klägerin der Beklagten nicht an und vermietete sie am 15.04.2015 anderweitig.

Im März 2016 bot die Klägerin der Beklagten eine 1-Zimmer-Wohnung in der … mit einer Fläche von 35 m² an. Im September 2016 bot die Klägerin der Beklagten eine 2-Zimmer-Wohnung in der … mit einer Fläche von 47,42 m² an. Im Oktober 2016 bot die Klägerin der Beklagten eine Wohnung in der … mit einer Fläche von 68,5 m² an. Diese Angebote nahm die Beklagte nicht an.

Im Übrigen wird wegen der erstinstanzlichen Anträge sowie wegen des Sach- und Streitstandes auf die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO.

Das Amtsgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.492,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 552,87 EUR seit dem 06.04.2017, aus 89,17 EUR seit dem 06.05.2017 und aus 850,56 EUR seit dem 30.12.2017 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, dass der Klägerin ein Anspruch gemäß §§ 546a Abs. 1 BGB auf Nutzungsentschädigung für den Zeitraum der Vorenthaltung (01.12.2015 bis 05.05.2017) zustehe.

Das am 16.08.2018 verkündete Urteil ist der Beklagten am 21.08.2018 zugestellt worden. Sie hat am 07.09.2018 Berufung eingelegt und diese – nach gewährter Fristverlängerung – mit am 21.11.2018 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz fristgerecht begründet.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg – 205 C 307/16 – vom 16.08.2018 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Akte des Verfahrens der Parteien mit dem Aktenzeichen 206 C 474/15 (Amtsgericht Charlottenburg, 1. Instanz) bzw. 18 S 159/16 (Landgericht Berlin, 2. Instanz) wurde beigezogen.

Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2020 wird Bezug genommen.

Im Übrigen wird von der Darstellung des Tatbestandes abgesehen, §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 517, 519, 520 ZPO.

2. Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Denn der Klägerin steht ein Nutzungsentschädigungsanspruch gemäß § 546a Abs. 1 BGB für den Zeitraum 01.12.2015 bis zur Rückgabe am 05.05.2017 in Höhe von 1.492,60 EUR zu.

Dieser Anspruch ist auch nicht durch die Aufrechnung der Beklagten mit einem Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Anbietpflicht erloschen.

a) Die Klägerin war verpflichtet, der Beklagten die zur Verfügung stehende 2-Zimmer-Wohnung anzubieten, obwohl diese mit 44 m² nur etwa halb so groß war wie die streitgegenständliche Wohnung mit 87,58 m² (nach Aufmaß, Bl. 88, Bd. I d.A.) bzw. 88,67 m² (nach Betriebskostenabrechnung) bzw. ca. 95m² (nach Mietvertrag, Anlage K 1, Bl. 7 I d.A.). Die 2-Zimmer-Wohnung ist unstreitig während der Kündigungsfrist frei geworden.

Das Bundesverfassungsgericht hat die eigenverantwortliche Entscheidung des Mieters hervorgehoben, wie er sein Leben gestalten will und dabei darauf abgestellt, dass es zum Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gehöre, „seinen Wohnbedarf nach seinen eigenen Vorstellungen zu bestimmen, also auch einzuschränken” (BVerfG, Beschluss vom 28.01.1992 – 1 BvR 1054/91, NJW...

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