Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Urteil vom 04.08.2000; Aktenzeichen 15 C 178/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 4. August 2000 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg – 15 C 178/00 – geändert:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Wohnung in der … Berlin, Vorderhaus 4. OG rechts, bestenend aus vier Zimmern, einer Kammer, einer Küche, einem Korridor, einer Toilette mit Bad/Dusche, zwei Balkonen, einem Kellerraum zu räumen und an die Klägerin geräumt herauszugeben.

Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 28. Februar 2002 gewährt.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist begründet, denn die Kündigung der Klägerin vom 9. November 1999 hat das zum 1. Juli 1994 begründete Mietverhältnis beendet, mit der Folge, dass der Klägerin gegenüber den Beklagten zu 1. und 2. ein Räumungs- und Herausgabeanspruch gemäß den §§ 556 Abs. 1, 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB und gegenüber der Beklagten zu 3. gemäß § 556 Abs. 3 BGB zusteht.

Die Kündigungserklärung der Klägerin vom 9. November 1999 ist zunächst formal wirksam erklärt worden, denn in ihr ist ordnungsgemäß und in nachvollziehbarer Weise ein Eigenbedarf der Klägerin begründet worden, § 564 b Abs. 3 BGB. In der Kündigung wird ausführlich erklärt, dass und warum die gegenwärtigen Wohnverhältnisse des Gesellschaftsmitgliedes der Klägerin, Herrn … und seiner Lebensgefährtin unzureichend seien und dass diese in die streitgegenständliche Wohnung einziehen wollten. Die Kündigung ist den Beklagten zu 1. und 2. am 16. November 1999 per Gerichtsvollzieher zugestellt worden.

Das Mietverhältnis hat sich auch nicht gemäß § 568 BGB stillschweigend verlängert, denn auf den Widerspruch der Beklagten zu 1. und 2. vom 14. Februar 2000 hat die Klägerin in der am 25. Mai 2000 zugestellten Klage noch vor Beendigung des Mietverhältnisses der Fortsetzung des Mietverhältnisses widersprochen. Der Widerspruch erfolgte insoweit auch in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Ende des Mietverhältnisses am 31. Mai 2000. Das Mietverhältnis währte bereits gut fünf Jahre, so dass die Kündigungsfrist gemäß § 2 Abs. 2 des Mietvertrages sechs Monate betrug und das Mietverhältnis durch die Kündigung vom 9. November 1999 zum 31. Mai 2000 beendet wurde.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine Eigenbedarfskündigung hier auch nicht bis zum 1. Juli 2004 ausgeschlossen worden; insbesondere kann ein derartiger Verzicht nicht aus der Anlage des Mietvertrages zu Ziffer 3 entnommen werden. Danach sollte zwar die Kaltmiete bis zum 1. Juli 2004 nicht erhöht werden, hieraus kann jedoch nicht zwingend entnommen werden, dass damit auch auf den Ausspruch von Kündigungen vermieterseits verzichtet wurde. Ein derartiger Erklärungsinhalt kann einem Verzicht auf Mieterhöhungserklärungen nicht entnommen werden. Das gilt auch, wenn man den Vortrag der Beklagten unterstellt, dass später der Klägerin bei Erwerb des Hauses … der Kaufpreis im Hinblick auf die von den Beklagten zu 1. und 2. geschuldete geringe Miete reduziert wurde. Auch aus der von den Beklagten vorgetragenen Behauptung, der geschäftsführende Gesellschafter der Klägerin habe am 2. September 1994 bei Vorgesprächen zum Abschluss des Kaufvertrages geäußert, dass die Käufer allenfalls Interesse an den neuen Wohnungen im Dachgeschoss hätten, es handele sich für sie aber nur um ein „finanzielles Projekt”, so dass ein Eigeninteresse an Wohnungen nicht bestehe, kann eine konkrete Zusage, es werde keine Eigenbedarfskündigungen geben, nicht entnommen werden. Dass im Kaufvertrag kein Verzicht auf Kündigungsmöglichkeiten nach § 564 b Nr. 2 und 3 BGB aufgenommen wurde, geht insoweit zu Lasten der Beklagten. Auch nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) erscheint eine Kündigung deswegen nicht ausgeschlossen, denn im Jahre 1994 musste die Klägerin einen Wohnbedarf ihres geschäftsführenden Gesellschafters nicht voraussehen.

Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der streitgegenständlichen Wohnung substantiiert und schlüssig vorgetragen und durch die vor der Kammer durchgeführte Beweisaufnahme auch bewiesen. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts und der Beklagten war der Eigenbedarf nicht deshalb als nicht ernsthafter Wunsch aufzufassen, weil Herr … seinen Umzugswillen auch damit begründet hat, dass er Mandanten seiner zu seiner derzeitigen Wohnung nahegelegenen Kanzlei in der Freizeit „entfliehen” wolle, er andererseits aber im streitgegenständlichen Haus als Hausverwalter befürchten müsse, von Mitbewohnern des Hauses „nicht in Ruhe gelassen zu werden”. Abgesehen davon, dass die Klägerin die Kündigung nicht damit begründet hat, dass Herr … wegen seiner Mandanten eine größere räumliche Trennung von seiner Kanzlei beabsichtige, macht die Tatsache, dass dieser zumindest bis zum Ende letzten Jahres die Hausverwaltung des streitgegenständl...

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