Verfahrensgang

AG Berlin-Mitte (Entscheidung vom 22.12.2009; Aktenzeichen 5 C 362/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird - unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten im Übrigen und unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Kläger - das am 22. Dezember 2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte - 5 C 362/05 - abgeändert und neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit hinsichtlich der Instandsetzungsklage in der Hauptsache erledigt ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger 87% und die Beklagte 13% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Im Übrigen wird von der Darstellung des Tatbestands gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

I.Berufung der Beklagten

Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet.

1. Mängelbeseitigung

Die Kläger hatten gemäß § 535 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Beseitigung des in einem Teil der Trennwände in ihrer Wohnung enthaltenen Asbestes. Aus diesem Grund war nach der zwischenzeitlichen Beendigung des Mietverhältnisses die Erledigung des zunächst geltend gemachten Anspruchs auf Mängelbeseitigung festzustellen.

Die Wohnung der Beklagten wies einen Mangel auf, der den nach den vertraglichen Vereinbarungen geschuldeten Gebrauch der Räume beeinträchtigte. Das bloße Vorhandensein von Asbest in festgebundener Form stellt für sich keinen solchen Mangel dar. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ergibt sich dies auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27. März 2009 (V ZR 30/08, BGHZ 180, 205). Die Entscheidung ist zum Kauf eines Hauses ergangen, dessen Fassade Asbest enthielt. Der Bundesgerichtshof hat darauf abgestellt, dass u.a. Umbauarbeiten auch an der Fassade zu den Arbeiten gehörten, die ein neuer Eigentümer häufig vornehme. Hierbei komme die Asbestbelastung zum Tragen, weil bei solchen Arbeiten Asbestfasern regelmäßig freigesetzt würden. Hierbei werde die abstrakte Gefahr zu einer konkreten.

Die einem Mieter zustehende vertragliche Nutzung einer Wohnung ist jedoch nicht der vom Bundesgerichtshof für einen Eigentümer eines Hauses angenommenen Nutzung gleichzusetzen. Denn in die Substanz eingreifende Veränderungen der Mietsache stehen dem Mieter anders als einem Eigentümer in der Regel eben nicht zu. Dieser darf die Wohnung in dem vorhandenen Zustand nur nutzen. Hierbei werden aber nach den Feststellungen des Sachverständigen keine Asbestfasern frei und kommt die abstrakt vorhandene Belastung nicht konkret zum Tragen. Der Sachverständige hat nachvollziehbar ausgeführt, dass festgebundene Asbestplatten im ruhenden Zustand keine Belastung in der Raumluft zur Folge hätten. Das gelte auch für frühere nunmehr verschlossene Löcher. Ein Sanierungsgebot bestehe insoweit nicht. Es seien auch keine Anhaltspunkte (etwa Asbeststaub) vorgefunden worden, aufgrund derer die Annahme gerechtfertigt wäre, dass im vorliegenden Fall - abweichend von der Regel - gleichwohl von einer konkreten Belastung durch Asbestfasern in der Raumluft auszugehen sei.

Mangels einer sich konkret abzeichnenden Gefahr ist danach nicht von einem Mangel der Mietsache auszugehen (LG Berlin Urt. v. 19.3.96 - 64 S 211/96, GE 1996, 1547; Urt. v. 27.10.98 - 65 S 223/98, GE 1999, 47).

Soweit in der Rechtsprechung im Falle einer Asbestbelastung ein Mangel angenommen worden ist, waren jedoch - anders als hier - Umstände vorhanden, aufgrund derer sich die abstrakte Gefahr konkretisiert hatte und von über dem Normalwert liegenden Asbestkonzentrationen in der Raumluft auszugehen war (OLG Hamm, Urt. v. 13. Februar 2002 - 30 U 20/01, OLGR 2003, 312; LG Berlin LG Berlin [ZK 67] GE 1998, 1091).

Ein Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB ist jedoch darin zu sehen, dass die Beklagten bei der Nutzung der Wohnung die betroffenen Wände in keiner Weise mechanisch bearbeiten dürfen, weil hierdurch Asbestfasern freigesetzt würden. Aufgrund der bestehenden Vorschriften sind jegliche Arbeiten, bei denen ein mechanisches Einwirken erfolgt, nur durch entsprechende Fachfirmen unter entsprechenden Schutzvorkehrungen zulässig. Hierunter fallen jegliche Bohrarbeiten, das Abbürsten und auch - wie der Sachverständige in seiner mündlichen Erläuterung ergänzt hat - Instandsetzungen im Rahmen einer malermäßigen Renovierung. Diese eingeschränkte Nutzbarkeit stellt eine Abweichung von der vertraglich vorgesehenen Nutzungsmöglichkeit dar. Denn mangels entgegenstehender vertraglicher Vereinbarungen kann der Mieter grundsätzlich erwarten, dass er eine Wohnung uneingeschränkt zu Wohnzwecken nutzen kann. Hierzu gehört es auch, bei der Einrichtung die Wände nach seinem Geschmack zu dekorieren und Gegenstände an Wänden zu befestigen. Das ist hier aus den dargestellten Gründen nicht möglich. Die Einschränkungen waren auch nicht bei der Besichtigung erkennbar und damit nic...

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