Verfahrensgang

AG Berlin-Pankow/Weißensee (Beschluss vom 08.11.2002; Aktenzeichen 8 C 316/02)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 07.07.2004; Aktenzeichen V ZB 61/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Pankow/Weißensee – 8 C 316/01 – vom 8. November 2002 wird auf ihre Kosten bei einem Beschwerdewert von bis zu 300,– EUR zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenbeschluss des Amtsgerichts Pankow/Weißensee – 8 C 316/02 – vom 8. November 2002 (§§ 269 Abs. 5, 567 ZPO) ist unbegründet, denn das Amtsgericht hat den Beklagten zu Recht nach der erfolgten Klagerücknahme die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Allerdings ergibt sich diese Kostenfolge – entgegen der Auflassung des Amtsgerichts – nicht aus § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO, sondern aus § 269 Abs. 3 Satz 2 a.E. ZPO.

Die Vorschrift des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO kann vorliegend deshalb nicht zur Anwendung kommen, weil seitens der Klägerin keine unverzügliche Klagerücknahme im Sinne dieser Vorschrift erfolgt ist. „Unverzüglich” bezieht sich dabei im Hinblick auf die Verwendung des Wortes „daraufhin” auf den Zeitpunkt der Kenntnis der Klägerin von der Erledigung (Zöller-Greger, ZPO, 23. Aufl., § 269 Rdnr. 8 c) und bedeutet nach der Legaldefinition des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB „ohne schuldhaftes Zögern” (Greger, a.a.O.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 269 Rdnr. 40; Schneider, ZAP Fach 13 Seite 1116). Die nach der Rechtsprechung im allgemeinen angenommene Obergrenze von zwei Wochen (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 121 Rdnr. 3 m.w.N.) ist vorliegend nicht eingehalten. Die Klägerin erhielt Kenntnis von der Erledigung durch Eingang der Zustimmungserklärung der Beklagten am 27. August 2002; die Klagerücknahmeerklärung ging jedoch erst am 16. September 2002 bei Gericht ein, so dass zwischen der Kenntnis und der Rücknahme 20 Tage liegen. Wird die Klage jedoch nicht unverzüglich zurückgenommen, so kommt die Regelung des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO nicht zum Tragen (Lüke in Münchener Kommentar, ZPO, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 269 Rdnr. 3; Schneider, a.a.O., Seite 1117), auch wenn es Sinn dieser Neuregelung war, der klagenden Partei ohne Durchführung eines erneuten Rechtsstreits einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch zuzusprechen. Die genannte Zweiwochenfrist war vorliegend auch nicht aufgrund von Besonderheiten des Einzelfalles auf mindestens 20 Tage zu verlängern. Dass der Klägerin bis kurz vor der Klagerücknahme das amtsgerichtliche Aktenzeichen noch nicht bekannt war, rechtfertigt eine Verlängerung nicht. Zum einen ist nicht zu erkennen, warum ein – mangels anderer Hinweise in der Akte offensichtlich insoweit erfolgter – Anruf bei Gericht nach erlangter Kenntnis von der Erledigung nicht so schnell erfolgen konnte, dass die Klage noch innerhalb der Zweiwochenfrist hätte zurückgenommen werden können, zum anderen wäre es zur Erklärung der Klagerücknahme nicht erforderlich gewesen, das Aktenzeichen anzugeben, denn der Erklärungsempfänger – Amtsgericht Pankow/Weißensee – wäre ausreichend bestimmt gewesen und die entsprechende Abteilung durch Angabe des Datums der Klageschrift und Bezeichnung der Parteien auch ausreichend bestimmbar gewesen.

Den Beklagten waren die Kosten des Rechtsstreits jedoch gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 a.E. ZPO „aus einem anderen Grund” aufeuerlegen. Die Beklagten befanden sich nämlich bei Einreichung der Klage mit der Zustimmung zum streitgegenständlichen Mieterhöhungsverlangen in Verzug. Mit der Erweiterung „auch aus einem anderen Grund” sind einmal die schon vom alten Recht erfassten Ausnahmen der §§ 93 d, 344, 626 Abs. 2 Satz 2 ZPO gemeint. Darüber hinaus kann aber nach neuem Recht auch das Bestehen eines materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs zur Kostenbelastung der beklagten Partei führen (Schneider, a.a.O., Seite 1116; AG Wedding, GE 2002, 1630) und vorliegend waren die Beklagten im Zeitpunkt der Klageerhebung mit ihrer Zustimmungserklärung zum Mieterhöhungsverlangen in Verzug.

Das Amtsgericht hat insoweit zu Recht ausgeführt, dass die Klägerin berechtigt war nach § 558 BGB, die Zustimmung zu der von ihr begehrten Mieterhöhung zu verlangen. Dass die Klägerin insoweit den ortsüblichen Vergleichsmietzins verlangt hat, ist zwischen den Parteien außer Streit. Entgegen der Auffassung der Beklagten war auch nicht altes Recht, mithin § 2 MHG, anzuwenden, denn entgegen der Auflassung der Beklagten ist nicht nur die Klage nach Eintritt der Normenänderung eingereicht worden, vielmehr ist ihnen das Mieterhöhungsverlangen vom 22. März 2002 bereits nach dem 1. September 2001 zugegangen, so dass insoweit § 558 BGB zur Anwendung kommt (Art. 229 § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB). Entgegen der Auffassung der Beklagten war im Zeitpunkt der Klageeinreichung auch längst die Überlegungsfrist des § 558 b Abs. 2 BGB abgelaufen, denn die Klägerin hat – entgegen der Auffassung der Bekla...

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