Rz. 2277

Viele Hersteller vereinbaren mit ihren Händlern außerhalb der EU die Geltung deutschen Rechts.[4244] Damit gelten jedoch wegen der Parallelität von deutschem und EU-Kartellrecht auch Art. 101 AEUV und die Gruppenfreistellungen, die Art. 101 AEUV konkretisieren sollen. Nach den bisherigen Kfz-GVO war daher eine Kündigungsfrist ausländischer Händler von zwei Jahren einzuhalten. Auch im Ergebnis ist dies sachgerecht, da die Vereinbarung deutschen Rechts den Händler im Ausland so stellen sollte wie einen Inlandshändler, § 305c Abs. 2 BGB.

 

Rz. 2278

Es gelten daher auch die maßgeblichen Kündigungsfristen und Grundsätze zu Investitionsersatz und Ausgleichsanspruch. Allerdings ist hierbei § 92c HGB zu beachten, der einen Ausschluss von Ausgleichsansprüchen zulässt. Durch Individualvereinbarungen kann daher der Ausgleichsanspruch auch vor Beendigung des Vertrags ausgeschlossen werden. Der Ausschluss in AGB ist dagegen abzulehnen, da die vergleichbare gesetzliche Regelung nach § 307 BGB einen (werthaltigen) Ausgleichsanspruch gewährt und dieser Regelung auch ein wesentlicher Gerechtigkeitsgehalt zukommt.[4245] Ist deutsches Recht vereinbart oder anwendbar, so können erfüllte Analogievoraussetzungen für § 89b HGB oder der Anspruch selber nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass die Tätigkeit des Vertraghshändlers in einem anderen Vertragsstaat des EWS erfolgen soll.[4246]

Auf § 92c HGB kann für diesen Rechtslagenvergleich nicht abgestellt werden, da diese Bestimmung nicht kraft Gesetzes gilt. Eine Klausel, mit Vertragsende sind alle Ansprüche ausgeschlossen, ist ohnehin unwirksam, da hierin auch Ansprüche auf Schadensersatz ausgeschlossen werden, die auf Vorsatz und grober Fahrlässigkeit beruhen, oder Personenschäden. In diesem Fall entfällt der Ausschluss daher insgesamt, § 307 BGB, und kann nicht etwa für § 92c HGB (geltungserhaltend) aufrechterhalten werden. Damit kommen dann in jedem Fall Ausgleichsansprüche in Betracht.

 

Rz. 2279

Auch der formularmäßige Ausschluss von Teilerücknahmen bei Vertragsende, von Investitionsersatz oder Vergabe eines Werkstattvertrags[4247] verstößt gegen § 307 BGB.

 

Rz. 2280

Ohne Vereinbarung ist Gerichtsstand für die Lieferung i.d.R. der Erfüllungsort beim Händler, für die Kaufpreisforderung dagegen der Sitz des Herstellers.[4248]

[4244] Niebling, WRP 2010, 1454, 1458.
[4245] Ausführlich Emde, VertriebsR, Vor § 92 HGB Rn 21; für Ausschluss auch in AGB: OLG München v. 11.1.2002 – 23 U 4416/01, RIW 2002, 319; Martinek/Semler/van der Moolen, Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl. 2010, § 24 Rn 63; Oetker/Busche, HGB, 2009, § 92c Rn 7; Baumbach/Hopt/Hopt, § 92c Rn 6.
[4247] Auch dieser Anspruch kommt bei Vereinbarung deutschen Rechts in Betracht.
[4248] BGH v. 23.6.2010 – VIII ZR 135/08; EuGH NJW 2010, 1049.

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