Rz. 14

Mit "passiver Nutzungspflicht" ist die Pflicht gemeint, das beA auf Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen zu überwachen, diese zur Kenntnis zu nehmen und gegen sich gelten zu lassen. Hat man als Anwalt eine passive Nutzungspflicht? Diese Frage lässt sich heute für den Zeitraum ab 1.1.2018 mit einem klaren Ja beantworten, möglicherweise aber schon für den Zeitpunkt ab/seit Freischaltung bis 31.12.2017.

Betrachten wir zunächst den Zeitraum bis 31.12.2017, der in § 31 RAVPV geregelt ist (Hervorhebungen durch die Verfasser):

 

Bis zum 31.12.2017 muss der Postfachinhaber Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das besondere elektronische Anwaltspostfach nur dann zur Kenntnis nehmen und gegen sich gelten lassen, wenn er zuvor seine Bereitschaft zu deren Empfang über das besondere elektronische Anwaltspostfach erklärt hatte. Die Erklärung kann nicht beschränkt werden. Die Erstanmeldung am Postfach und der Versand nicht berufsbezogener Mitteilungen gelten nicht als Erklärung der Empfangsbereitschaft.

 

Rz. 15

§ 31 RAVPV tritt bereits am 1.1.2018 wieder außer Kraft. Er gestattet sozusagen das "erlaubte Ignorieren" der Eingangspost bis zum 31.12.2017, sofern man sein beA nicht schon für Posteingänge gewidmet hat. Wohlgemerkt: Für Posteingänge. Mit dem Postausgang hat dies nichts zu tun! Wie kann es zur "Widmung" kommen?

  • Ausdrückliche Erklärung der Empfangsbereitschaft durch Hinweis auf Homepage oder Briefkopf.
  • Ausdrückliche Erklärung der Empfangsbereitschaft in Schreiben/Schriftsätzen.
  • Erklärung der Empfangsbereitschaft durch Versand berufsbezogener Mitteilungen via beA.
  • Konkludente Erklärung der Empfangsbereitschaft durch Rücksendung eines Empfangsbekenntnisses zu Eingangspost im beA via beA oder anderweitig.
 

Rz. 16

Folge der Erklärung der Empfangsbereitschaft vor dem 1.1.2018: Das beA des entsprechenden Postfachinhabers ist ab diesem Zeitpunkt regelmäßig auf Posteingänge zu kontrollieren. Wird in der Kanzlei noch mit Papierakte gearbeitet, wird man sämtliche Posteingänge ausdrucken und in der Post-Weiterbearbeitung so behandeln wie bisher auch. Wird mit E-Akte gearbeitet, werden die Posteingänge entweder via Anwaltssoftware oder mittels Export-Button aus dem beA exportiert.

 

Rz. 17

Ab dem 1.1.2018 ist die passive Nutzungspflicht in § 31a Abs. 6 BRAO geregelt.[8]

 

(6) Der Inhaber des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs ist verpflichtet, die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das besondere elektronische Anwaltspostfach zur Kenntnis zu nehmen.

 

Rz. 18

Diese Regelung bedeutet zum 1.1.2018 für jeden zugelassenen Rechtsanwalt und auch Syndikusrechtsanwälte:

  • Es wird zum Abruf von Nachrichten ein Internetzugang benötigt.
  • Die Client Security ist auf dem Rechner zu installieren, von dem aus Zugriff auf das beA genommen werden soll.
  • Etwaige weitere zum Betrieb des beA erforderliche Software, wie z.B. ein aktuelles Java-Script müssen installiert sein.
  • Firewall oder Systemeinstellungen dürfen einen Zugang zum beA nicht verhindern.
  • Technische Probleme, die aufseiten des Anwalts zum Betrieb des beA zu vertreten sind, müssen rechtzeitig vor dem 1.1.2018 behoben werden.
  • Jeder Anwalt muss ein Kartenlesegerät zur Verfügung haben, damit er Zugang zu seinem beA hat. Für die Erstregistrierung ist dabei ein Gerät der Sicherheitsklasse 3 erforderlich.[9] Kartenlesegeräte können von mehreren Personen genutzt werden; aus Komfortgründen empfiehlt sich jedoch ein eigenes Gerät.
  • Jeder Anwalt muss mindestens die beA-Karte Basis in seinem Besitz haben und seine PIN kennen, damit er sich Zugang zu seinem beA verschaffen kann.
  • Die Erstregistrierung des Postfachinhabers an seinem beA muss abgeschlossen sein.
  • Postfachinhaber, die in der ersten Januarwoche 2018 in Urlaub sind, müssen dafür sorgen, dass ein Vertreter bestellt ist, wenn sie länger als eine Woche abwesend sind (§ 53 BRAO) bzw. entsprechende Berechtigungen an Vertreter und/oder Mitarbeiter vor Urlaubsantritt vergeben haben, damit die beAs auf Posteingänge kontrolliert werden können.
 

Rz. 19

Dabei sind ab 1.1.2018 alle Posteingänge zur Kenntnis zu nehmen, somit u.a. insbesondere:

  • Mitteilungen und Zustellungen von Gerichten
  • Miteilungen und Zustellungen von Anwälten (zu § 14 BORA siehe auch Kapitel N. "Eingangsbestätigungen und Empfangsbekenntnisse im beA" Rdn 467)
  • Mitteilungen und Zustellungen der RAK und BRAK
  • Mitteilungen und Zustellungen von Behörden (über deren beBPo – siehe Rdn 32)
  • Mitteilungen und Zustellungen von Notaren (über deren beN – siehe Rdn 32)
  • Mitteilungen von Mandanten (siehe Rdn 36)
  • aufgelaufene Post, die bereits vor 31.12.2017 übermittelt wurde.
 

Rz. 20

Es stellt sich die Frage, ob man Posteingänge im beA bis 31.12.2017 tatsächlich ignorieren sollte? Dies muss jeder individuell selbst entscheiden. Jede Kanzlei(struktur) ist anders; die Bedürfnisse von Anwälten und Häufigkeit von Posteingängen ebenfalls. Man kann daher keine allgemein gültige Antwort geben.

 

Rz. 21

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