Entscheidungsstichwort (Thema)

Dienstvereinbarung. Zulässigkeit einer Kappungsgrenze hinsichtlich der Übertragbarkeit des Arbeitszeitguthabens

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Dienstvereinbarung zur Arbeitszeitflexibilisierung, die bei einem monatlich übertragbaren Guthaben von 80 Stunden festlegt, dass am Ende des Abrechnungsjahres nur 40 Stunden in das nächste Abrechnungsjahr übertragen werden dürfen, hält der Billigkeitskontrolle stand. Dies gilt zumindest dann, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglich geschuldete Arbeitszeit weitestgehend frei und eigenverantwortlich gestalten kann.

2. Die Kappungsgrenze gilt auch dann, wenn es dem Arbeitnehmer aufgrund einer unvorhergesehenen Erkrankung nicht mehr möglich ist, vor dem Ende des Abrechnungszeitraums das Stundenguthaben durch Inanspruchnahme von Gleittagen abzubauen.

 

Normenkette

TVöD § 10

 

Verfahrensgang

ArbG Kiel (Entscheidung vom 09.06.2011; Aktenzeichen 5 Ca 546 c/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 26.06.2013; Aktenzeichen 5 AZR 428/12)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteils des Arbeitsgerichts Kiel vom 09.06.2011, Az. ö.D. 5 Ca 546 c/11, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gutschrift von 40 Stunden Arbeitszeit auf sein Arbeitszeitkonto.

Der am ....1947 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.11.1980 zuletzt als Bürosachbearbeiter vollzeitbeschäftigt.

Auf das Arbeitsverhältnis findet die zwischen dem Präsidenten der Bundesanstalt t. H. und dessen Bezirkspersonalrat geschlossene Dienstvereinbarung zur Arbeitszeitflexibilisierung vom 12.06.2008 Anwendung. Hierin ist - soweit hier von Belang - Folgendes geregelt (im Folgenden: DV, Bl. 27 - 36 d. A.):

"Vorwort

Flexible Regelungen zur Arbeitszeit sind ein bedeutender Beitrag sowohl zur Stärkung der Arbeitssouveränität der Beschäftigten als auch zur besseren Berücksichtigung der dienstlichen Notwendigkeiten einer modernen und effektiven Verwaltung.

Mit dieser Vereinbarung soll die Gestaltungsmöglichkeit der Beschäftigten hinsichtlich ihrer Arbeitszeit erweitert und damit die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Freizeit verbessert werden.

Diesem Zuwachs an Flexibilität steht ein Zuwachs an Verantwortung aller Beteiligten gegenüber. ...

...

§ 7 Gleitzeitkonto

(1) Die Beschäftigten können ein Gleitzeitkonto aufbauen. Stunden können wie folgt angesammelt werden.

a) bei Beschäftigten bis 100 % der Arbeitszeit Höchstgrenze 80 Stunden ...

...

(3) Es dürfen höchstens 50 % der in Absatz 1 festgesetzten Höchstgrenzen in den nächsten Abrechnungszeitraum übertragen werden. Der Abrechnungszeitraum beginnt am 1. April eines Jahres und endet am 31. März des jeweiligen Folgejahres.

....

(9) Die Beschäftigten haben vor Beginn von planbaren längeren Abwesenheitszeiten (z. B. Abordnungen zu einer anderen Behörde, Mutterschutz, Elternzeit, sonstige Beurlaubungen) Minusstunden rechtzeitig auszugleichen. Ein ausgewiesener Minusbetrag wird über das Entgelt / die Besoldung zurückgefordert.

§ 13 Überstunden

(1) Samstage, Heiligabend und Silvester sind grundsätzlich dienstfrei. Soweit dienstliche Gründe es erfordern, können an Samstagen, Heiligabend, Silvester, Sonntagen, gesetzlich anerkannten Feiertagen sowie außerhalb der Rahmenarbeitszeit i. S. d. § 3 Überstunden durch den Dienststellenleiter angeordnet werden. An anderen Tagen sind die bestehenden Flexibilisierungsmöglichkeiten zu nutzen.

(2) Nach Abs. 1 angeordnete Überstunden sind grundsätzlich im Rahmen der Dienstvereinbarung durch Freizeit auszugleichen. Der Abbau von angeordneten Überstunden zählt nicht als Gleitzeit.

..."

Der Abrechnungszeitraum 2009/2010 gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 DV wurde durch die Beklagte einmalig bis zum 30.09.2010 verlängert. Der jährliche Abrechnungszeitraum war künftig der 01.10. eines jeden Jahres bis zum 30.09. des jeweiligen Folgejahres. Hierüber wurden die Mitarbeiter - so auch der Kläger - mit E-Mail vom 22.01.2010 wie folgt unterrichtet (Bl. 46 d. A.):

"... auf der Fk - Bund Tagung hat man sich darüber verständigt, den Wechsel des Abrechnungszeitraums gem. § 7 Abs. 3 DV-Arbeitszeitflexibilisierung für dieses Jahr vom 31.03. auf den 30.09.2010 zu verlegen.

Ich bitte für dieses Jahr, das Gleitzeitkonto unter Anwendung von Zeitausgleich (statt Urlaubsabgeltung) entsprechend rechtzeitig herunter zu fahren und das Gleitzeitkonto unter Anwendung der Flexibilisierungsinstrumente gar nicht erst außerordentlich anwachsen zu lassen. ..."

Die Beklagte unterrichtete den Kläger nochmals mit der E-Mail vom 10.02.2010 offiziell von der im Einvernehmen mit dem BPR und der Gleichstellungsbeauftragten beschlossenen Verlängerung des Abrechnungszeitraums bis zum 30.09.2010 und der daraus folgenden "Jahreskappung" zum 30.09.2010 (Bl. 37 d. A.). Der Kläger hatte Ende Januar 2010 einen Stand von 78,25 Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto, wobei zwischen den Parteien streitig ist, was Anlass für diesen hohen Bestand des Arbeitszeitkontos war. Ende April wies das Arbei...

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