REVISION / RECHTSBESCHWERDE / REVISIONSBESCHWERDE ZUGELASSEN JA

 

Leitsatz (amtlich)

1. Dem Betriebsrat steht weder ein Mitbestimmungsrecht bei der Abschaffung einer technischen Einrichtung i. S. v. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG durch den Arbeitgeber zu noch ein Initiativrecht auf Einführung einer solchen Einrichtung.

2. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG geht § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG als speziellere Regelung vor, wenn eine Verhaltens- und Leistungskontrolle der Arbeitnehmer durch eine technische Kontrolleinrichtung i. S. v, § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG erfolgt.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nrn. 1, 6

 

Verfahrensgang

ArbG Kiel (Beschluss vom 15.04.1988; Aktenzeichen 3a BV 12/88)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Kiel vom 15. April 1988 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit des Spruchs einer Einigungsstelle.

Der Antragsteller (Beschwerdeführer) ist der Betriebsrat im Betrieb der Antragsgegnerin (Beschwerdegegnerin). In dem Betrieb bestand seit dem 1. Januar 1978 eine Betriebsvereinbarung über maschinelle Arbeitszeiterfassung, in welcher der ärztliche Dienst nicht berücksichtigt worden war. Diese Betriebsvereinbarung hat der Antragsteller am 30. September 1983 mit dem Ziel gekündigt, auch den ärztlichen Dienst in die maschinelle Arbeitszeiterfassung einzubeziehen.

Die Beteiligten haben zum 1. Januar 1987 eine neue Betriebsvereinbarung über die maschinelle Arbeitszeiterfassung abgeschlossen; wegen des Inhalts dieser Betriebsvereinbarung wird auf den Akteninhalt Bezug genommen (Bl. 9 bis 13 d. A.).

Die Antragsgegnerin hat diese Betriebsvereinbarung wegen eines Erklärungsirrtums angefochten. Die Anfechtung war Gegenstand eines Beschlußverfahrens vor dem Arbeitsgericht Kiel (Az.: 2a BV 34/87). Das Arbeitsgericht Kiel hat die Anfechtung der Betriebsvereinbarung für rechtmäßig erklärt. Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller zunächst Beschwerde eingelegt. Diese Beschwerde jedoch dann vereinbarungsgemäß zurückgenommen, so daß der Beschluß über die Wirksamkeit der Anfechtung der Betriebsvereinbarung rechtskräftig geworden ist. Die Parteien haben sich in dieser Vereinbarung dahingehend verständigt, die Einigungsstelle anzurufen, die die streitigen Fragen hinsichtlich der Betriebsvereinbarung ausräumen sollte. In dem Schreiben vom 20. November 1987 des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin heißt es u. a.:

„Das Ergebnis der Einigungsstelle ist bindend nach Maßgaue des § 76, d. h., daß jede Seite die Möglichkeit der Anrufung des Arbeitsgerichts gegen den Spruch der Einigungsstelle hat.”

Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers erklärte sich mit dieser Regelung einverstanden und nahm die Beschwerde vereinbarungsgemäß zurück.

Der Antragsteller ging hinsichtlich des Einigungsstellenverfahrens davon aus, daß über die Einbeziehung des ärztlichen Dienstes als solche nicht mehr zu verhandeln war. Vielmehr sollte eine Einigung bezüglich des Einsichtsrechts des Abteilungsleiters in die Zeiterfassungsbögen, die monatlich für die Arbeitnehmer angefertigt werden sollten, in der Weise herbeigeführt werden, daß die Zweitauswertung nur von den Mitarbeitern der Personalabteilung und nicht von den Abteilungsleitern eingesehen werden dürften.

In der Sitzung der Einigungsstelle am 25. Januar 1988 teilte die Antragsgegnerin mit, daß sie mit sofortiger Wirkung die maschinelle Arbeitszeiterfassung einstellen werde. Das ist sodann auch geschehen. Die Einigungsstelle hat daraufhin durch Spruch den Antrag des Antragstellers auf Abschluß einer Betriebsvereinbarung zurückgewiesen (Bl. 14–17 d. A.). In der Begründung des Spruchs wird ausgeführt, daß dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Abschaffung der Arbeitszeiterfassung nicht zusteht. Es handele sich um einen Fall des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Dem Betriebsrat stehe aber nach dem Zweck der Regelung weder ein Mitbestimmungsrecht bei der Abschaffung noch ein Initiativrecht auf Einrichtung einer technischen Einrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zu. Aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ergebe sich kein Mitbestimmungsrecht, weil zum einen tatbestandliche Voraussetzungen nicht gegeben seien und zum anderen § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG der allgemeinen Regelung in Nr. 1 vorgehe.

Der Spruch der Einigungsstelle ist dem Antragsteller am 9. Februar 1988 zugestellt worden. Er hat mit seinem am 22. Februar 1988 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag den Spruch der Einigungsstelle angefochten und dies wie folgt begründet:

Der Spruch der Einigungsstelle sei unzutreffend und materiell rechtswidrig. Die maschinelle Arbeitszeiterfassung falle nicht unter § 87 I Nr. 6 BetrVG. Diese Norm erfasse nur Geräte, mit denen tatsächlich eine Überwachungs- und Kontrollfunktion durchgeführt werden solle. Notwendig sei bei solchen Geräten, daß die gesammelten Daten untereinander in Beziehung gesetzt und im Wege eines Soll-IST-Vergleichs verglichen würden. Die Anlage der Antragsgegnerin diene dagegen nur ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge