Verfahrensgang

ArbG Magdeburg (Urteil vom 15.11.1995; Aktenzeichen 7 Ca 1593/95)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil desArbeitsgerichts Magdeburg vom15.11.1995 – 7 Ca 1593/95 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungen der Beklagten vom 13.03.1995 weder fristlos noch fristgerecht zum 30.06.1995 aufgelöst worden ist.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Der Streitwert wird auf 39.200,00 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger wehrt sich gegen die auf Abs. 5 Nr. 2 EV gestützte außerordentliche, vorsorglich ordentliche Kündigung vom 13.03.1995. Ferner streiten die Parteien um die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung vom 26.09. zum 31.12.1995 wegen wahrheitswidriger Angaben des Klägers über seine MfS-Tätigkeit.

Der am … Kläger war seit dem 01.09.1959 bei der Deutschen Post tätig. Zuletzt war er Leiter der Rundfunksendestelle Burg in der Niederlassung … der Beklagten.

Der Kläger unterschrieb am 12.03.1977 eine Verpflichtungserklärung für das MfS. Wegen des Inhalts dieser Erklärung wird Bezug genommen auf die Fotokopie Blatt 61 der Akten. Er war seitdem bis zur Auflösung des MfS als IM mit dem Decknamen … erfaßt. Der letzte Treff datiert vom 25.10.1989. Der Umfang der vom MfS über den Kläger geführten Akten beträgt 1 Band Personalakte mit 191 Seiten und 1 Band Arbeits-Berichtsakte mit 495 Seiten. Die Akte enthält u. a. 31 handschriftliche Berichte des IM. Außerdem liegen in der Akte ca. 65 Berichte vor, die auf der Grundlage der mündlichen Berichterstattung des IM angefertigt wurden. Ausweislich der Akten kam es im Zeitraum vom 28.09.1977 bis zum 25.10.1989 zu 114 Treffen zwischen dem IMS … und den operativen Mitarbeitern des MfS.

Unter dem 24.03.1991 verneinte der Kläger im Personalfragebogen die Frage, ob er jemals Mitarbeiter für das MfS gewesen sei, über der Unterschrift des Klägers enthält der Fragebogen folgende Erklärung: „Mir ist bekannt, daß falsche Angaben zu meiner Entlassung führen können.” Im übrigen wird wegen des Personalbogens Bezug genommen auf die Fotokopie Blatt 56 der Akten.

Mit Datum vom 28.10.1992 beantragte der Kläger die Anerkennung seiner Vordienstzeiten als Postdienstzeit/Dienstzeit. Der Kläger gab in diesem Antrag an, nicht für das MfS tätig geworden zu sein. Auf diesem Antrag befindet sich vor der Überschrift des Klägers die Erklärung: „Ich bin darüber belehrt worden, daß meine Angaben der Wahrheit zu entsprechen haben und unwahre Angaben nicht nur dienstlich geahndet, sondern auch als Betrug strafrechtlich verfolgt werden können. Mit ist ferner bekannt, daß ich aufgrund unwahrer oder unrichtiger Angaben erzielte(n) höhere(n) Vergütung/Lohn ggf. zurückzuzahlen habe.” Wegen des Antrages wird Bezug genommen auf die Fotokopie Blatt 57 der Akten. Die Vordienstzeiten des Klägers wurden als Postdienstzeit/Dienstzeit anerkannt. Der Kläger erhielt ab 01.09.1993 Vergütung aus der Vergütungsgruppe I b der Anlage 2 zum TV Ang-O vom 15.10.1992. Auf den diesbezüglichen „Vertrag zur Änderung des Arbeitsvertrages” vom 16.08.1993 wird Bezug genommen (Fotokopie Blatt 8 und 9 der Akten).

Die Beklagte unterhält in … den Vorstandsbereich Projektmanagement Aufbau-Ost. Dieser ist u. a. zuständig für alle Anfragen der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik. Der erste den Kläger betreffende Einzelbericht zum Schreiben des Bundesbeauftragten an die Deutsche Bundespost, Telekom, Berlin datiert vom 27.08.1993. Er lag der Niederlassung … (bzw. dem damaligen Amt), deren Leiter kündigungsberechtigt ist, am 06.12.1993 vor. Wegen des Inhaltes dieses Einzelberichts wird Bezug genommen auf die Fotokopie Blatt 58 bis 68 der Akten. Aufgrund dieses Berichts fand am 08.03.1994 eine Anhörung des Klägers statt, wegen deren Ergebnis wird Bezug genommen auf die Protokollabschrift Blatt 12 bis 17 der Akten.

Im Anschluß an die Anhörung vom 08.03.1994 bat die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin (im folgenden einheitlich: Beklagte) um eine erweiterte Aktenauskunft des Bundesbeauftragten. Wann dies geschehen ist, ist nicht mehr feststellbar. Jedenfalls teilte die Beklagte dem Kläger unter dem 16.08.1994 mit, daß eine weitere Sachverhaltsaufklärung erforderlich und daher der Bundesbeauftragte um eine erweiterte Aktenauskunft gebeten worden sei. Abschließend wies die Beklagte in diesem Schreiben darauf hin, daß „derzeit” einer Weiterbeschäftigung des Klägers bei der Telekom demnach nichts entgegenstehe. Wegen dieses Schreibens wird Bezug genommen auf die Fotokopie Blatt 18 der Akten.

Der zuständige Beauftragte des o. g. Vorstandsbereichs Projektmanagement Aufbau-Ost nahm am 20.07.1994 Einsicht in die IM-Akte des Klägers. Am 15.09.1994 wurden dem Vertreter des Vorstandsbereichs die gewünschten Fotokopien aus dem IM-Vorgang übergeben. Die erweiterte Auskunft la...

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