Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung

 

Verfahrensgang

ArbG Magdeburg (Urteil vom 06.05.1997; Aktenzeichen 8 Ca 595/97)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil desArbeitsgerichts Magdeburg vom6. Mai 1997 – 8 Ca 595/97 – wird

zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der außerordentlichen, vorsorglich ordentlichen Kündigung, die die Beklagte unter Berufung auf Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 5 Ziff. 2 der Anlage I zum Einigungsvertrag (künftig: Abs. 5 Ziff. 2 EV) ausgesprochen hat.

Der am 12. September 1949 geborene Kläger ist gelernter Fernmeldemonteur. Er ist seit dem 1. Januar 1973 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern in unterschiedlichen Tätigkeiten beschäftigt. Seit dem 1. November 1995 ist er als technischer Angestellter beim B. (Dienstort H.) der Niederlassung 1 Magdeburg der Beklagten tätig. Diese Tätigkeit ist in die Vergütungsgruppe V a TV Ang-O eingruppiert. Der monatliche Bruttoverdienst des Klägers belief sich zuletzt auf 4.100,00 DM.

Unter dem Datum des 22. Februar 1993 übersandte der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (künftig: BStU) der Beklagten einen den Kläger betreffenden Einzelbericht folgenden Wortlauts: „Aus den überprüften Unterlagen hat sich folgende Registrierung beim Staatssicherheitsdienst der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik ergeben:

1.

IM-Kategorie:

IMS (Inoffizieller Mitarbeiter für Sicherheit)

2.

Deckname:

W.

3.

Hauptabteilung/Abteilung:

BV (Bezirksverwaltung) M.

4.

Führungsoffiziere:

U.

Die Akte mit der Reg.-Nr. VII 426/81 ist lt. Auskunft der Außenstelle Magdeburg zur Zeit noch nicht auffindbar. Aufgrund der vorhandenen Karteierfassung kann nicht gesagt werden, ob und ggf. in welchem Umfang und mit welcher Intensität die o. g. Person für den Staatssicherheitsdienst der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik gearbeitet hat. Zur Information sind als Anlage Kopien der in der Außenstelle M. vorliegenden Karteieintragungen der Karteien F 16 (Klarnamenkartei) und F 22 (Vorgangskartei) beigefügt.”

Auf diese Mitteilung hin fand am 21. Dezember 1993 bei der Direktion M. (damals) der Deutschen B. T. eine Anhörung des Klägers statt. In dieser offenbarte der Kläger, daß er ab 1981 die Schaltstelle des Post- und Fernmeldeamtes H. geleitet habe, etwa zu dieser Zeit im Beisein seines Dienstvorgesetzten durch einen Mitarbeiter des MfS aufgefordert worden sei, zukünftig für das MfS Informationen zu Leitungswegen zu erstellen, hierzu zugestimmt und den Vorgang als rein dienstlich eingestuft habe. Der Kläger erklärte, daß er am 6. April 1981 auf Verlangen eines Mitarbeiters des MfS etwas geschrieben und unterschrieben sowie den Decknamen „W. mitgeteilt bekommen habe, in der Folgezeit zumeist telefonisch von Herrn N. mit der Suche freier Schaltwege beauftragt worden sei und diese Aufträge ausgeführt habe. Der Kläger schloß aus, selbst Aufschaltungen für das MfS vorgenommen zu haben. Er offenbarte, vom MfS auch zur Abgabe von Berichten über Kollegen aufgefordert worden zu sein, in diesen Berichten jedoch niemals über den persönlichen Bereich der Kollegen berichtet zu haben, mit der Ausnahme, einmal erwähnt zu haben, daß der stellvertretende Abteilungsleiter Alkoholprobleme habe. Da es sich bei dem stellvertretenden Abteilungsleiter um einen Verbindungsoffizier des MfS gehandelt habe, sei er davon ausgegangen, daß dieser Umstand dem MfS sowieso bekannt gewesen sei. Der Kläger erklärte, seine Kontakte zum MfS seien mit dem Beginn seines Auslandseinsatzes im September 1986 beendet gewesen und er habe in einem Fall nach der Aufdeckung eines Fleischverschieberringes eine Prämie von 300,00 Mark erhalten.

Mit Schreiben vom 28. Februar 1994 teilte die Beklagte dem Kläger nach der Anhörung mit: „… wie Ihnen bekannt ist, haben wir den Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR wegen Ihrer weiteren Verwendung im öffentlichen Dienst erneut um Auskunft gebeten, da Sie in den Unterlagen des früheren MfS als inoffizieller Mitarbeiter für den besonderen Einsatz erfaßt sind.

Die diesbezügliche Akte war bisher noch nicht auffindbar bzw. konnte noch nicht gesichtet werden. Danach bestehen derzeit keine Anhaltspunkte, die einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses entgegenstehen. Wir werden jedoch in ca. 6–7 Monaten eine erneute Anfrage an den Bundesbeauftragten richten…”

Mit Schreiben vom 9. Juli 1996, bei der Direktion Berlin der Beklagten am 19. Juli 1996 eingegangen, teilte der BStU auf das schriftliche Ersuchen der Beklagten vom 8. März 1996 … ergänzend mit, aus den bisher erschlossenen Unterlagen ergäben sich Hinweise auf eine inoffizielle Tätigkeit des Klägers für den Staatssicherheitsdienst der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, und zwar als Gesellschaftlicher Mitarbeiter für Sicherheit (GMS), registriert von April 1971 ...

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