Entscheidungsstichwort (Thema)

Angemessenheit der Vergütung eines Privatschullehrers

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Begriff “Haustarif„ (nicht Haustarifvertrag) lässt sich nicht im Wege der Auslegung einer als eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 BGB zu bewertenden Vertragsklausel dahin deuten, dass die Arbeitgeberin als Trägerin einer Privatschule einen bei ihr beschäftigten Lahrer nach der für ihren Betrieb fachlich nicht einschlägigen Vergütungsordnung der Länder zu entlohnen hat; der Verwendung des Begriffs “Haus„ ist vielmehr zu entnehmen, dass die Tätigkeit des Privatschullehrers entsprechend der bisherigen Abwicklung des Arbeitsverhältnisses nach einem von der Arbeitgeberin erstellten betrieblichen Vergütungsschema entlohnt werden soll.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 305, 611a

 

Verfahrensgang

ArbG Stendal (Entscheidung vom 08.07.2016; Aktenzeichen 2 Ca 1125/14)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stendal vom 08.07.2016 - 2 Ca 1125/14 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung (weiterer) Vergütung sowie über die Gewährung von Urlaubsgeld.

Der Kläger war bei der Beklagten, die u.a. in privater Trägerschaft ein Gymnasium betreibt, als Lehrer für Sozialkunde/Geschichte mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von zuletzt 3.652,00 EUR im Zeitraum 01.02.2011 - 30.09.2014 tätig.

Die Rechtsbeziehungen der Parteien bestimmten sich nach dem Arbeitsvertrag vom 13.12.2010 (Bl. 4 - 6 d.A.), in dem es u.a. heißt:

§ 1

Die Berufung in das hauptamtliche Dienstverhältnis

1. Der Lehrer tritt mit Wirkung zum 01.02.2011 den Dienst an der Ganztagsschule Freies Gymnasium an.

2. Er erteilt Unterricht in den Fächern Geschichte und Sozialkunde.

3. Die Zahl der Wochenstunden entspricht der durch das Land vorgegebenen Stundenzahl an öffentlichen Schulen.

...

§ 3

Vergütung

1. Die Vergütung der Lehrkraft an der gGmbH erfolgt nach Haustarif.

2. Erforderliche Überstunden sind mit der vereinbarten Vergütung abgegolten. Für langfristige Vertretungen und Ausfälle besteht grundsätzlich ein Ausgleichsanspruch.

...

§ 6

Ferienregelung

Während der Ferien der öffentlichen Schulen im Land Sachsen-Anhalt ist auch an der Ganztagsschule Freies Gymnasium unterrichtsfreie Zeit. Der Lehrer hat Anspruch auf Urlaub entsprechend den Regelungen für die Lehrer an öffentlichen Schulen (BAT/O).

Notwendige Heilkuren sind in die unterrichtsfreie Zeit zu legen.

...

Im Zeitraum Februar 2011 - August 2011 war der Kläger zunächst in Teilzeit für die Beklagte tätig. Er absolvierte wöchentlich zwischen 18 und 25 Unterrichtsstunden. Seit September 2011 übte der Kläger eine Vollzeittätigkeit aus und leistete wöchentlich regelmäßig 27 Unterrichtsstunden ab. Diese Unterrichtsstundenzahl verlangt die Beklagte auch von den weiteren an ihrem Gymnasium tätigen Lehrkräften. Entsprechend weisen die dem Kläger ausgestellten Vergütungsabrechnungen (Bl. 10 - 18 der beigezogenen Akte im Parallelrechtsstreit der Parteien 2 Sa 267/15) die Angabe: "wöchentliche Arbeitszeit 27 Stunden" auf.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, seine Tätigkeit als Lehrer an einem Gymnasium nach Maßgabe der Entgeltgruppe (EG) 13 des TV-L entsprechend einem an einer staatlichen Schule tätigen Lehrer zu vergüten, da die Parteien die Anwendbarkeit der Vergütungsordnung des TV-L vertraglich vereinbart haben. Bei dem Vorstellungsgespräch - so hat der Kläger behauptet - habe er den Geschäftsführer der Beklagten konkret in einem 4-Augen-Gespräch nach der Vergütung gefragt. Der Geschäftsführer habe darauf verwiesen, diese bestimme sich nach dem TV-L, EG 13. Anlässlich der Vertragsunterzeichnung haben er und der Geschäftsführer auf die Angaben im Vorstellungsgespräch Bezug genommen. Nach dem Inhalt der Vertragsverhandlungen in Verbindung mit der Verwendung des Begriffs "Haustarif" in § 3 des Arbeitsvertrages - ein Haustarifvertrag existiert unstreitig bei der Beklagten nicht - seien die Parteien mithin übereingekommen, dass eine Vergütung nach der einschlägigen Entgeltgruppe des TV-L zu erfolgen habe.

Jedenfalls ergebe sich ein solcher Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, da die Beklagte - so hat der Kläger weiter behauptet - andere Lehrkräfte nach Maßgabe des TV-L vergüte.

Ungeachtet dessen sei zumindest § 612 Abs. 2 BGB einschlägig. Die von der Beklagten gewährte Vergütung sei unverhältnismäßig niedrig. Sie unterschreite 80 % der für staatliche Lehrer geltenden Vergütung. Damit verstoße die Abrede im Vertrag gegen § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Schulen in freier Trägerschaft des Landes Sachsen-Anhalt und sei deshalb rechtsunwirksam. An ihre Stelle trete die ortsübliche Vergütung, nämlich eine Vergütung nach EG 13 TV-L.

Darüber hinaus sei die Beklagte verpflichtet, ihm auf dieser Basis eine Überstundenvergütung für im Zeitraum September 2011 - September 2014 wöchentlich geleistete 2 Überstunden (Unterrichtsstunden) zu gewähren. Im Hinblick auf die...

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