Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderungskündigung. Gründe, dringende betriebliche. Änderungskündigung bei Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Kündigung, die aufgrund einer zum Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes führenden organisatorischen Maßnahme ausgesprochen worden ist, ist nur dann durch ein dringendes betriebliches Erfordernis „bedingt”, wenn der Arbeitgeber keine Möglichkeit hat, den Arbeitnehmer anderweitig zu beschäftigen. Dies folgt aus dem ultima-ratio-Grundsatz.

2. Fallen in einem Betrieb Beschäftigungsmöglichkeiten weg, bestehen aber in anderen Betriebsbereichen für einen Teil der Arbeitnehmer Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten, so hat der Arbeitgeber – soweit die Arbeitnehmer fachlich und persönlich geeignet sind – durch eine Sozialauswahl nach den Grundsätzen des § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG zu entscheiden, welche von der Organisationsmaßnahme betroffene Arbeitnehmer er weiterbeschäftigt.

 

Normenkette

KSchG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 06.12.2007; Aktenzeichen 3 Ca 1646/07)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 06.12.2007 Az.: 3 Ca 1646/07 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung und um den Anspruch des Arbeitnehmers auf Weiterbeschäftigung während des Rechtsstreits.

Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 06.12.2007 (dort Seite 3 – 11 = Bl. 197 – 205 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch Kündigung der Beklagten vom 27. Juni 2007 nicht beendet wird,
  2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen emäß der Einstellungsvereinbarung vom 06. Juli 1984 weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Koblenz hat mit Urteil vom 16.12.2007 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 27.06.2007 nicht beendet worden ist; des Weiteren hat es die Beklagte verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen gemäß der Einstellungsvereinbarung vom 06.07.1984 weiterzubeschäftigen. Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die auf betriebsbedingte Gründe gestützte Änderung der Arbeitsbedingungen sei nach §§ 2 S. 1, 1 Abs. 2 des vollumfänglich anwendbaren Kündigungsschutzgesetzes nicht sozial gerechtfertigt, da sich die Beklagte nicht darauf beschränkt habe, nur solche Vertragsänderungen anzubieten, welche der Kläger billigerweise habe hinnehmen müssen. Die Änderung von Vertragsbedingungen müsse geeignet und notwendig sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrages den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Bei einer Änderung des Arbeitsvertrages mit dem Ziel, eine Absenkung der bisherigen Vergütung zu erreichen, könne die Unrentabilität des Betriebes einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu den bisherigen Arbeitsbedingungen entgegenstehen, falls durch die Senkung der Personalkosten die Stilllegung des Betriebes oder die Reduzierung der Belegschaft verhindert werden könne und die Kosten durch andere Maßnahmen nicht zu senken seien. Wenn durch ein Änderungsangebot neben der Arbeitsleistungspflicht auch die Vergütungspflicht geändert werden solle, müssten beide Elemente des Änderungsangebotes dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Soweit die Beklagte dem Kläger im Rahmen der Änderungskündigung eine Tätigkeit in dem von X. nach W. verlagerten Betriebsbereich Logistik angeboten habe, sei der hiermit verbundene Ortswechsel vom Werk X. zum Werk V. bei W., trotz der sich auf 160 km belaufenden Entfernung, rechtlich nicht zu beanstanden, da eine Beschäftigungsmöglichkeit in X. entfallen sei. Unverhältnismäßig sei aber, dass das Änderungsangebot ein unverändertes Arbeitsentgelt enthalte bei gleichzeitiger Steigerung der Arbeitszeit von bisher 35 auf 39 Wochenstunden ohne Lohnausgleich. Dass die hiermit verbundene Senkung der Personalkosten wegen einer Stilllegung des Betriebes in X. oder einer drohenden Reduzierung der Belegschaft erforderlich geworden sei, werde von der Beklagten nicht vorgetragen. Durch den im Arbeitsrecht allgemein geltenden Gleichheitsgrundsatz sei nicht zu rechtfertigen, dass eine Weiterbeschäftigung des Klägers in W. mit der bisherigen Arbeitzeit und Arbeitsentgeltregelung ausgeschlossen sei. Aufgrund eines Standortssicherungstarifvertrages müssten zwar die bisher in W. beschäftigen Arbeitnehmer während einer 39-Stundenwoche ohne Lohnausgleich arbeiten. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei e...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge