Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitliche Lage der für bei einem Einsatz an Feiertagen zu gewährenden Ersatzruhetage

 

Leitsatz (amtlich)

§ 11 Abs. 3 Satz 2 ArbzG ist dahingehend auszulegen, dass der Ersatzruhetag, der nach der Vorschrift Arbeitnehmern zu gewähren ist, die an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag beschäftigt werden, an einem Werktag im Zeitraum von 0.00 Uhr bis 24.00 Uhr liegen muss.

 

Normenkette

ArbzG § 11 Abs. 3 S. 2; BGB § 249 Abs. 1, § 251 Abs. 1, § 275 Abs. 1, § 280 Abs. 1, 3, § 612; EFZG § 2 Abs. 1; MTV Groß-Außenhandel NRW § 2 Nr. 1; MTV Groß-Außenhandel NRW § 4 Nr. 5 Buchst. b; ZPO § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Entscheidung vom 18.10.2018; Aktenzeichen 9 Ca 272/18)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 08.12.2021; Aktenzeichen 10 AZR 641/19)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 18. Oktober 2018 - 9 Ca 272/18 - wird zurückgewiesen.

  • II.

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 18. Oktober 2018 - 9 Ca 272/18 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziff. 1 des Urteilstenors wie folgt klargestellt wird:

    Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger bei einem Einsatz an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag den Ersatzruhetag nach § 11 Abs. 3 Satz 2 ArbZG an einem Werktag von 0.00 bis 24.00 Uhr zu gewähren.

  • III.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 82 %, die Beklagte zu 18 %.

  • IV.

    Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zusätzliche Gutschrift von Arbeitsstunden für an Feiertagen geleistete Arbeit auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers, über die zeitliche Lage für bei einem Einsatz an Feiertagen gewährte Ersatzruhetage und über einen im Zusammenhang hiermit stehenden Schadensersatzanspruch des Klägers.

Der Kläger ist seit 17. September 2006 bei der Beklagten als LKW-Verlader im Distributionszentrum Z.-Stadt beschäftigt. Kraft einzelvertraglicher Vereinbarung findet auf das Arbeitsverhältnis der Manteltarifvertrag für Arbeitnehmer im Groß- und Außenhandel Nordrhein-Westfalen Anwendung. Der Kläger bezieht zuletzt einen monatlichen Bruttolohn von 2.983,25 Euro, was einem Bruttostundenlohn von 17,69 Euro entspricht.

§ 2 Nr. 1 Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer im Groß- und Außenhandel Nordrhein-Westfalen vom 28. Juni 2007, zuletzt idF ab 01. Januar 2012 (im Folgenden: MTV Groß- und Außenhandel NRW) lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 2 Arbeitszeit

1. Die regelmäßige Wochenarbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen 38,5 Stunden. Sie vermindert sich um die an gesetzlichen Wochenfeiertagen ausfallenden Arbeitsstunden. Die regelmäßige tägliche Arbeitszeit ist festzulegen.

..."

§ 4 Nr. 4 und 5 MTV Groß- und Außenhandel NRW regeln Nacht- und Sonn- bzw. Feiertagsarbeit ua. folgendermaßen:

§ 4 Mehr-, Sonn-, Feiertags-, Nacht- und Schichtarbeit

...

4.

a) Nachtarbeit ist die in der Zeit zwischen 20.00 bis 6.00 Uhr bzw. Marktbeginn geleistete Arbeit. Für Nachtarbeit ist ein Nachtarbeitszuschlag von 50 % zu vergüten. ...

...

5.

a) Sonn- und Feiertagsarbeit ist die in der Zeit am Sonntag bzw. an einem gesetzlichen Feiertag von 0.00 Uhr bis 24.00 Uhr geleistete Arbeit.

b) Für Sonntagsarbeit ist ein Zuschlag von 100 %, für Feiertagsarbeit ein Zuschlag von 200 % zu vergüten.

..."

Wegen des weiteren Inhalts des MTV Groß- und Außenhandel NRW wird auf Bl. 94 ff. d. A. Bezug genommen.

Der Kläger wird von der Beklagten ausschließlich in der Nachtschicht eingesetzt. Seine Arbeitszeit beginnt wöchentlich in der Regel am Sonntagabend zwischen 18.00 Uhr und 19.00 Uhr und endet am Montag zwischen 2.00 Uhr und längstens 3.30 Uhr. An den Folgetagen erbringt der Kläger jeweils im gleichen Zeitraum seine Arbeitsleistung. Während der Woche hat er hierbei an wechselnden Tagen einen sog. freien "Rolltag", an dem er seine Arbeit nicht zwischen 18.00 und 19.00 Uhr wieder aufnimmt, sondern erst um diese Uhrzeit am Folgetag, um dann täglich im gleichen Nachtschichtrhythmus zu arbeiten bis zum Morgen des Folgetages, insgesamt wöchentlich in der Regel bis zum Samstagmorgen.

Das dargestellte Schichtsystem der Beklagten bedingt auch einen regelmäßigen Einsatz des Klägers an Feiertagen. Im Jahr 2007 war der Kläger an 9 Feiertagen, in 2008 an 8 Feiertagen, in 2009 an 9 Feiertagen, in 2010 an 7 Feiertagen, in 2011 an 9 Feiertagen, in 2012 an 9 Feiertagen, in 2013 an 6 Feiertagen, in 2014 an 7 Feiertagen, in 2015 an 7 Feiertagen, in 2016 an 10 Feiertagen und in 2017 an 7 Feiertagen (ua. 03. Oktober, 31. Oktober, 01. November) eingesetzt (vgl. Aufstellung des Klägers Bl. 23 ff. d. A.). Bis Februar 2018 hat der Kläger am 01. Januar 2018 an einem Feiertag gearbeitet.

Für Feiertagsarbeit werden dem Arbeitszeitkonto des Klägers, der mit der Beklagten eine wöchentliche Sollarbeitszeit von 38,92 Stunden (täglich 7,78 Stunden) vereinbart hat, jedenfalls die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden (zum Teil aufgrund eines Systemfehlers bei der Beklagten eine darüberhinausgehende Stundenzahl) gut...

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