Entscheidungsstichwort (Thema)

Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund verhaltensbedingter Kündigung nach wirksamer Anfechtung eines Aufhebungsvertrages wegen widerrechtlicher Drohung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Spricht der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung aus und stellt nachfolgend dem Arbeitnehmer in Aussicht, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen, um diesen zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu bewegen, ohne dass gegenüber der zuvor ausgesprochenen ordentlichen Kündigung neue kündigungsrelevante Tatsachen eingetreten oder bekannt geworden sind, ist der Aufhebungsvertrag unter dem Gesichtspunkt widerrechtlicher Drohung anfechtbar.

2. Der allgemeine Feststellungsantrag mit dem Ziel festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch den (wirksam angefochtenen) Aufhebungsvertrag beendet worden ist, bleibt ohne Erfolg, wenn eine ebenfalls ausgesprochene Kündigung das Arbeitsverhältnis wirksam zum gleichen Zeitpunkt beendet hat, zu dem das Arbeitsverhältnis auch durch den (angefochtenen) Aufhebungsvertrag beendet werden sollte.

 

Normenkette

BGB § 123 Abs. 1, § 142 Abs. 1; KSchG § 1 Abs. 1-2, 2 S. 1 Alt. 2; ZPO § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Entscheidung vom 28.08.2013; Aktenzeichen 4 Ca 4391/12)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 28.8.2013, Az. 4 Ca 4391/12, wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten wird das genannte Urteil teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung und eines Aufhebungsvertrages.

Der 1973 geborene und zwei minderjährigen Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger war bei der Beklagten seit dem 23. August 2010, zuletzt im Bereich Einkauf, beschäftigt. Zur Durchführung der Arbeiten wird ein EDV-Programm genutzt. Der Arbeitsplatz des Klägers ist daher mit einem PC ausgestattet, über welchen auch ein Internet-Zugang möglich ist. Der Kläger verfügt ferner über eine dienstliche E-Mail-Adresse. Die private Nutzung des Internets während der Arbeitszeit ist nicht gestattet. Streitig ist zwischen den Parteien insoweit allerdings, ob ein Hinweis hierauf über mehrere Wochen hinweg im Jahr 2011 auch dergestalt erfolgte, dass beim Starten des Rechners eine entsprechende Meldung angezeigt wurde.

Mit Schreiben vom 10. Februar 2012 (Bl. 36 d. A.) erhielt der Kläger eine Abmahnung folgenden Wortlauts:

"...

Am 31.01.2012 mussten wir feststellen, dass Sie während der Arbeitszeit an ihrem PC Arbeitsplatz regelmäßig private E-Mail Schreiben aufsetzten und versenden.

Sie haben dadurch Ihre Pflicht, während Ihrer Arbeitszeit Ihre Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, verletzt. Wir fordern Sie auf, in Zukunft Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen.

Sofern Sie noch einmal private Arbeiten an Ihrem Arbeitsplatz vornehmen, werden wir Ihr Arbeitsverhältnis ordentlich, gegebenenfalls außerordentlich kündigen."

Am 19. November 2012 wurde der Geschäftsführer der Beklagten darüber unterrichtet, dass der Kläger während der Arbeitszeit im Zeitraum Oktober bis November 2012 das Internet und auch sein Mobiltelefon privat genutzt habe.

Mit Schreiben vom 21. November 2012, dem Kläger persönlich am Folgetag übergeben, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Dezember 2012. Sodann wurde dem Kläger ebenfalls am 22. November 2012 ein "Abwicklungsvertrag" vorgelegt, in dessen § 1 Folgendes vereinbart wurde:

"Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 23.08.2010, wird unter Einhaltung der vertraglichen Frist zum 31.12.2012, vorsorglich zum zulässigen Termin aus betriebsbedingten Gründen beendet."

Hinsichtlich des weiteren Inhalts des genannten Vertrages wird auf Bl. 37 ff. d. A. Bezug genommen.

Der Kläger wollte im Gespräch mit dem Geschäftsführer erreichen, dass der genannte Vertrag noch eine Änderung erfährt, wozu der Geschäftsführer der Beklagten nicht bereit war. Der Geschäftsführer der Beklagten äußerte sodann sinngemäß, wenn es nicht zur Unterzeichnung des Vertrages käme, müsse das Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt werden.

Der Kläger ist der Auffassung, sowohl die ordentliche Kündigung, als auch der genannte Vertrag seien rechtsunwirksam. Er hat erstinstanzlich geltend gemacht, Kündigungsgründe lägen nicht vor. Die seinerzeitige Abmahnung sei unberechtigt, da er in den E-Mails von Januar 2012 während einer laufenden Fortbildungsmaßnahme, an welcher auch seine heutige Freundin teilgenommen habe, mit dieser Themen der Fortbildungsveranstaltung diskutiert habe. Online-Ausgaben von Zeitungen habe er nur gelegentlich und nur während der Mittagspause gelesen. Den Abwicklungsvertrag habe er nur deshalb unterzeichnet, weil der Geschäftsführer ansonsten den Ausspruch einer fristlosen Kündigung angedroht habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des wechselseitigen erst...

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