Entscheidungsstichwort (Thema)

Ansprüche eines Arbeitnehmers wegen einer aufgrund Belastung seines Arbeitsplatzes mit Schimmelpilzen entstandenen Asthmaerkrankung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Nachweis einer vom Arbeitnehmer behaupteten Chronifizierung einer Asthmaerkrankung durch die Belastung der Raumluft seines Arbeitsplatzes mit Schimmelpilzen ist drei Jahre nach Beseitigung der Belastung nicht mehr möglich, da dies einer sachverständigen Begutachtung bedarf, für die es an einer Grundlage fehlt, wenn die vermeintlich schimmelbelastete Tapete bereits kurz nach der ersten Beschwerde des Arbeitnehmers entfernt wurde.

2. Dem Arbeitgeber fällt keine schuldhafte Beseitigung von Beweismitteln zur Last, wenn er die vermeintlichen Beweise auf Aufforderung des Arbeitnehmers beseitigt hat.

 

Normenkette

BGB § 280 Abs. 1, §§ 618, 823 Abs. 1-2; HGB § 62; SGB VII § 104 Abs. 1; ZPO §§ 427, 444, 529 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 611a Abs. 1 S. 1, § 241 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Entscheidung vom 20.12.2018; Aktenzeichen 7 Ca 424/18)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 20. Dezember 2018 - 7 Ca 424/18 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Zahlung von Schadensersatz in Form von Schmerzensgeld wegen der angeblichen Verursachung einer Asthmaerkrankung durch Schimmelpilzbefall im Dienstzimmer des Klägers.

Der Kläger, geb. 1983, war bei der Beklagten vom 1. Juli 2017 bis zum 31. März 2018 als Oberarzt im Bereich Rheumatologie in Teilzeit an drei Tagen (Bl. 104 d.A) bzw. 24 Stunden pro Woche beschäftigt. Grundlage dieser Beschäftigung war der Arbeitsvertrag vom 24. April 2017 (Bl. 18 ff. d.A).

Die im Zusammenhang mit seiner ärztlichen Tätigkeit anfallenden Verwaltungsarbeiten erledigte der Kläger in seinem Oberarztzimmer, dem Büro 519 im 5. Stock des Klinikgebäudes der Beklagten in B. (Bl. 127 d.A).

Am 21. Juli 2017 füllte der Kläger nach einem Gespräch mit der Hygienebeauftragten M. einen sog. Handwerkerzettel aus und gab hierin einen - streitigen - "Schimmelbefall" in seinem Büro an. Daraufhin wurde die Tapete mit dem - streitigen - "Schimmel" durch beauftragte Haushandwerker herausgeschnitten (Bl. 3, 123 d.A). Hierbei handelte es sich um eine Fläche von etwa 1,5 qm Tapete an der senkrechten Wand unterhalb der Decke (Bl. 141 d.A, Foto Bl. 149 f. d.A).

Dem Kläger war weiterhin dasselbe Büro im 5. Stock (Raum 519) zugewiesen.

Der Kläger wandte sich deshalb per E-Mail vom 7. August 2017 (Anlage K12 = Bl. 130 d.A) mit dem Betreff "Schimmel bei undichtem Dach" an den Beauftragten für Arbeitssicherheit, Herrn B., und erklärte (Bl. 4, 130 d.A):

"in meinem OA Zimmer im 5. Stock ist die Wand permanent feucht.

Hatte bereits zwei Handwerker Zettel geschrieben, daraufhin wurde die verschimmelte Tapete entfernt und zwei Löcher in die Rigips Decke gebohrt.

Der Schimmel bildet sich leider jedoch erneut, da die Wand feucht ist und ich habe seitdem einen Reizhusten.

Könnten sie mir diesbez. behilflich sein?"

Herr B. antwortete mit E-Mail vom 7. August 2017 und teilte dem Kläger mit (Bl. 4 d.A):

"ja, das ist uns bekannt. Wir haben die Probleme schon eine längere Zeit. Am Mittwoch kommt die Dachdeckerfirma und schaut sich das Ganze an. Wir haben in der Vergangenheit schon mehrere Tausend Euro für Einsätze eines anderen Dachdeckerunternehmens ausgegeben um das Problem zu lösen. Bis jetzt erfolglos.

Schauen wir einmal, was die andere Firma uns vorschlägt."

Am 25. August 2017 begann der Kläger aufgrund seiner beruflichen Expertise eine Eigenbehandlung in Form einer inhalativen Kortision-Therapie (ICS-Therapie) wegen seiner - bestrittenen - Atemnot und Hustenanfälle.

Vom 28. August 2017 bis zum 3. September 2017 unternahm der Kläger einen Urlaub in den Bergen (Bl. 5 d.A). Nach der Urlaubsrückkehr am 5. September 2018 nahm der Kläger Kontakt mit dem Arzt der Pulmologischen Klinik der Universitätsklinik M., Herrn Dr. K., auf. Der Arzt bestätigte gegenüber dem Kläger dessen Diagnose und empfahl die Fortführung der ICS-Therapie für insgesamt sechs Wochen sowie einen sog. Auslassversuch und weitere Tests unter anderem zur Lungenfunktion.

Da er weiterhin in dem Büro im 5. Stock arbeiten musste, wandte sich der Kläger erneut per E-Mail an den Beauftragten für Arbeitssicherheit mit der Betreffzeile "Schimmelbefall" und erhielt hierauf mit E-Mail vom 6. September 2017 die Antwort, dass eine Dachdeckerfirma vor Ort gewesen sei, eine Leckage-Messung durchgeführt habe, ein Ortungstermin aber noch nicht feststehe und durch Herrn B. dem Kläger leider kein anderer Raum zugewiesen werden könne (Bl. 6 d.A).

Sodann wandte sich der Kläger per WhatsApp an seinen Vorgesetzten, Prof. Dr. S. und erklärte, dass er infolge einer dauerhaften Atemwegserkrankung arbeitsunfähig sei. Der Vorgesetzte forderte den Kläger am 6. September 2017 auf, ein neues Büro im 4. Stock zu beziehen, was der Kläger auch unverzüglich tat (Bl. 7 d.A).

Am 26. Oktobe...

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