Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalles bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalles. Unbegründete Widerklage auf Entgeltfortzahlung bei unzureichenden Darlegungen der Arbeitnehmerin zum Auftreten einer erneuten Erkrankung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach dem Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalles lösen mehrere gleichzeitige oder sich überlappende Erkrankungen, die nicht auf einem Grundleiden beruhen und deshalb als andere Krankheiten im Sinne des Gesetzes anzusehen sind, einen Anspruch für 42 Kalendertage nur einmal aus.

2. Der Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls, der auf Zumutbarkeitserwägungen beruht und deshalb die Entgeltfortzahlungspflicht der Arbeitgeberin auf sechs Wochen begrenzt, hat zur Folge, dass die Arbeitnehmerin für das Auftreten einer erneuten Erkrankung beweispflichtig ist.

 

Normenkette

EFZG § 3 Abs. 1 S. 1; ZPO § 138 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Entscheidung vom 10.12.2014; Aktenzeichen 4 Ca 1399/14)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 10.12.2014 - 4 Ca 1399/14 - hinsichtlich der Ziffer 2 aufgehoben.
  2. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 5.955,44 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten seit dem 18.11.2014 zu zahlen.

    Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

  3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 11.242,43 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten seit dem 31.03.2015 zu zahlen.
  4. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
  5. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 1/5, die Beklagte und die Streitverkündete 4/5 zu tragen.
  6. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob noch wechselseitige Zahlungsansprüche bestehen.

Die Beklagte war bei der Klägerin im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses beschäftigt. Gegen eine ihr gegenüber am 29.08.2013 ausgesprochene Kündigung erhob sie Kündigungsschutzklage, die sie um Zahlungsansprüche für Oktober und November 2013 (Entgeltfortzahlung) erweiterte. Ferner beantragte die dortige Klägerin die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung (§ 9 KSchG).

Durch erstinstanzliches Urteil vom 15.01.2014 entschied das Arbeitsgericht Mainz:

1. Das Arbeitsverhältnis wird gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 8.700,00 € zum 31.10.2013 aufgelöst.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.900,00 € brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.11.2013 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Parteien je zur Hälfte zu tragen.

5. Der Streitwert wird auf 11.600,00 € festgesetzt.

Im daraufhin durch die dortige Beklagte eingeleiteten Berufungsverfahren erging folgendes rechtskräftiges Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 07.07.2014 - 3 Sa 98/14 -:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 15.01.2014 - 4 Ca 1669/13 - hinsichtlich der Ziffer 1. aufgehoben:

Der Auflösungsantrag der Klägerin wird zurückgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten beider Rechtszüge hat zu 3/4 die Klägerin, zu 1/4 die Beklagte zu tragen.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Zur Vermeidung einer Zwangsvollstreckung aus dem nicht rechtskräftigen erstinstanzlichen Urteil hatte die Klägerin den Abfindungsbetrag unter Abzug der darauf entfallenden Einkommenssteuer überwiesen. Diesen Betrag verlangt sie im vorliegenden Rechtsstreit zurück.

Die Klägerin und Widerbeklagte hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 8.700,00 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen hierauf über dem Basiszinssatz seit dem 29.01.2014 zu bezahlen.

Die Beklagte und Widerklägerin hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, ihr stünden die Klageforderung übersteigende Gegenansprüche zu. Insoweit handele es sich zunächst um einen Entgeltfortzahlungsanspruch für November 2013 sowie die ersten 8 Tage des Dezember 2013 in Höhe von 3.648,39 € und gleichfalls einen Entgeltfortzahlungsanspruch für den Zeitraum vom 07.07. bis zum 31.08.2014, dem Datum des Endes des Arbeitsverhältnisses aufgrund Eigenkündigung der Beklagten in Höhe von 4.060,14 € brutto. Des Weiteren stehe ihr ein Urlaubsabgeltungsanspruch für 2013 ebenso wie für 2014 in Höhe von jeweils 5.955,24 € brutto.

Die Beklagte und Widerklägerin hat deshalb widerklagend beantragt,

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 13.663,95 € brutto abzüglich 5.581,50 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Klägerin und Widerbeklagte hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Klägerin und Widerbeklagte hat insoweit vorgetragen, dass die Beklagte und Widerklägerin nicht hinreichend schlüssig dargelegt habe, inwieweit für die streitgegenständlichen Zeiträume noch Entgeltfortzahlungsansprüche bestehen könnten. Die Urlaubsabgeltungsansprüche der Beklagten und Widerklägerin für 2013 seien verfallen und ...

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