Entscheidungsstichwort (Thema)

Behandlungsfehler eines Chefarztes als Kündigungsgrund. Zumutbarer Anspruch auf Weiterbeschäftigung. Kein Auflösungsanspruch mangels Gründen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die allein verantwortliche Übernahme einer Operation stellt eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung dar, die zu einer Kündigung berechtigen kann.

2. Das Arbeitsverhältnis ist nicht aufzulösen, da sich bei der Gesamtabwägung der Umstände nicht ergibt, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr erwartbar ist.

 

Normenkette

BGB §§ 174, 623; KSchG §§ 1, 9; LPersVG; StGB § 203; KSchG § 10; ZPO §§ 138, 286 Abs. 1; BGB § 123

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Entscheidung vom 29.03.2017; Aktenzeichen 1 Ca 383/16)

 

Tenor

  1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 29.03.2017 - 1 Ca 383/16 - (Ziff. 1) wird zurückgewiesen.
  2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 29.03.2017 - 1 Ca 383/16 - hinsichtlich der Ziff. 2, 3 aufgehoben.

    Der Auflösungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.

  3. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 21.06.2017 - 1 Ca 382/17 - aufgehoben.
  4. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 28.02.2017 beendet worden ist.
  5. Der Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers wird zurückgewiesen.
  6. Der weitere Auflösungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.
  7. Die Kosten beider Rechtszüge hat der Kläger zu 1/10, die Beklagte zu 9/10 zu tragen.
  8. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund einer Anfechtung des Dienstvertrages vom 26.02.2016 (streitig nur noch im erstinstanzlichen Rechtszug), durch die ordentliche Arbeitgeberkündigung vom 26.02.2016 zum 31.03.2016, hilfsweise zum nächstzulässigen Termin beendet worden ist, oder aber nicht. Darüber hinaus hat die Beklagte im Zusammenhang mit dieser ordentlichen Kündigung vorsorglich beantragt, das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis gemäß §§ 9, 10 KSchG aufzulösen. Des Weiteren streiten die Parteien darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher Arbeitgeberkündigung vom 28.02.2017 am 31.05.2017 sein Ende gefunden hat, oder aber nicht. Auch im Zusammenhang mit dieser ordentlichen Kündigung hat die Beklagte vorsorglich beantragt, das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis gemäß §§ 9, 10 KSchG aufzulösen. Schließlich streiten die Parteien darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits einstweiligen zu den vertraglich vereinbarten Bedingungen weiterzubeschäftigen.

Mit der am 02.03.2016 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage wendet sich der Kläger gegen die durch die Beklagte ausgesprochene und in erster Linie auf das OP-Geschehen betr. den Patienten A. gestützte ordentliche Kündigung vom 26.02.2016 zum 31.03.2016. Des Weiteren hat er die Feststellung begehrt, dass durch die Anfechtung der Beklagten vom 26.02.2016 das Arbeitsverhältnis nicht beendet worden ist. Mit der am 15.03.2017 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wendet sich der Kläger des Weiteren gegen die durch die Beklagte ausgesprochene und auf schwerwiegende Pflichtverletzungen des Klägers im Zusammenhang mit Patientendaten gestützte (s. Bl. 113 d.A. - 1 Ca 382/17) ordentliche Kündigung vom 28.02.2017 zum 31.05.2017. Sobald im Verfahrensverlauf geltend gemacht, wendet sich der Kläger jeweils auch gegen die Anträge der Beklagten, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG durch gerichtliche Entscheidung aufzulösen.

Mit seiner am 02.03.20216 per Fax vorab eingereichten Klage wendet sich der Kläger im Arbeitsrechtsstreit 1 Ca 383/16 (ArbG Mainz) gegen die durch die Beklagte ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 26.02.2016 zum 31.03.2016. Im Übrigen begehrt er im erstinstanzlichen Rechtszug (wiederholt) die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch die Anfechtung der Beklagten vom 26.02.2016 beendet worden ist.

Im vormaligen Verfahren 1 Ca 382/17 (ArbG Mainz), LAG Rheinland-Pfalz 3 Sa 457/17, wendet sich der Kläger gegen die weitere ordentliche Kündigung der Beklagten vom 28.02.2017, zugegangen am 03.03.2017, zum 31.05.2017. Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Kündigungsschreibens vom 28.02.2017 wird auf Bl. 39 d.A. - 3 Ca 457/17 Bezug genommen. Die Kündigungsschutzklage des Klägers ist am 15.03.2017 beim Arbeitsgericht eingegangen und wurde der Beklagten am 21.03.2017 zugestellt.

Zwischen den Parteien waren folgende weitere beendigungsrechtlich relevante Verfahren anhängig:

In den Arbeitsrechtstreitigkeiten 1 Ca 62/16 und 1 Ca 244/16 (jeweils Arbeitsgericht Mainz) haben die Parteien darüber gestritten, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund einer Anfechtung des Dienstvertrages vom 26.02.2016, durch die außerordentliche fristlose A...

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