Entscheidungsstichwort (Thema)

Anhörung. Diebstahl. Hausverbot. Verdachtskündigung. Anhörung des Arbeitnehmers

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung wegen eines vom Auftraggeber des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer aufgrund Diebstahlverdachts erteilten Hausverbots ist nicht gerechtfertigt, wenn weder durch Auftraggeber noch Arbeitgeber zumutbare Aufklärungsmaßnahmen durchgeführt wurden.

 

Normenkette

BGB § 626

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 19.12.2008; Aktenzeichen 2 Ca 1162/08)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung des Beklagten vom 01.05.2008 wegen Verdachts des Diebstahls.

Der Kläger (geb. am 23.08.1975, verheiratet, ein Kind) ist seit dem 01.03.2007 bei dem Beklagten als Staplerfahrer zu einem Bruttomonatslohn von ca. EUR 2.050,00 beschäftigt. Der Beklagte beschäftigt ca. 25 Staplerfahrer. Er ist für die Firma Y. (im Folgenden: Firma Y.) tätig, die in A-Stadt Laminat-Fußböden produziert. Der Kläger und die anderen Staplerfahrer werden auf dem Betriebsgelände der Fa. Y. eingesetzt; sie haben deren Produkte auf Lkw zu laden. Der Logistikleiter der Firma Y., E. F., erteilte dem Kläger und weiteren Staplerfahrern des Beklagten am 24.04.2008 Hofverbot an allen Standorten der Y.-Gruppe. Mit Schreiben vom 01.05.2008, das dem Kläger am 05.05.2008 zugegangen ist, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis „wegen Diebstahlsverdachts” fristlos, ohne den Kläger vorher anzuhören. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner am 15.05.2008 beim Arbeitgericht Koblenz eingegangenen Klage.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 01.05.2008, zugestellt am 05.05.2008, nicht beendet worden ist.

Der Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen, am 06.04.2008 habe ein Kunde der Fa. Y. in S. bei der Entladung eines Lkw eine überzählige Palette Laminat entdeckt. Der Lkw-Fahrer habe auf Befragen mitgeteilt, man könne bei der Fa. Y. von den Staplerfahrern günstig Laminat kaufen. Die anschließenden Ermittlungen der Fa. Y. hätten ergeben, dass der Staplerfahrer G. H. diesem Lkw-Fahrer, die aus dem Lager gestohlene Ware verkauft habe. Am 17.04.2008 habe er gemeinsam mit dem Logistikleiter der Fa. Y. den Staplerfahrer H. zu dem Sachverhalt angehört. H. habe berichtet, dass auch drei andere Staplerfahrer, u.a. der Kläger, in ähnlicher Weise wie er Laminat aus dem Warenbestand der Firma Y. an Lkw-Fahrer verkauft hätten.

Das Arbeitsgericht Koblenz hat mit Urteil vom 19.12.2008 der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Verdachtskündigung des Beklagten sei mangels vorheriger Anhörung des Klägers unwirksam. Die Kündigung sei auch nicht wegen des Hofverbotes gerechtfertigt, dass der Logistikleiter der Fa. Y. gegenüber dem Kläger ausgesprochen habe. Der Beklagte habe nicht dargelegt, dass der Logistikleiter berechtigt gewesen sei, ein derartiges Hofverbot rechtswirksam für die Fa. Y. auszusprechen.

Der Beklagte, dem das Urteil am 27.03.2009 zugestellt worden ist, hat am 02.04.2009 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese innerhalb der bis zum 29.06.2009 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit am 29.06.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Beklagte führt zweitinstanzlich aus, er ergänze nach Einsichtnahme in die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Koblenz (Az.: 2030 Js 46210/08) seinen Vortrag wie folgt: Bei einer Warenverladung am 04.04.2008 seien Unregelmäßigkeiten festgestellt worden. Am 18.04.2008 sei der Staplerfahrer H. vom Logistikleiter und dem Generalbevollmächtigter der Fa. Y. zur Rede gestellt worden. H. habe auch ihm gegenüber in einer Befragung vom 18.04.2008 jede Beteiligung abgestritten. Er habe H. deshalb empfohlen, Strafanzeige wegen Verleumdung zu erstatten und einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Mit dem Rechtsanwalt sei ein Besprechungstermin am 22.04.2008 vereinbart worden. Kurz vor dem Eintreffen am Kanzleiort habe H. den Diebstahl der Ladung nach S. „gebeichtet”. H. habe ihm erklärt, er selbst habe mit anderen Vorfällen nichts zu tun, er habe ihm jedoch von einer Beteiligung des Klägers und eines weiteren Staplerfahrers berichtet. Noch am gleichen Tag habe er sich mit dem Logistikleiter der Firma Y. ausgetauscht. Am 23.04.2008 habe er auf einer Autobahnraststätte ein Gespräch mit H. im Beisein des Logistikleiters und eines weiteren Mitarbeiters der Firma Y. geführt. H. habe den eigenen Diebstahl und die Diebstähle anderer Personen, insbesondere den hier streitgegenständlichen Diebstahl durch den Kläger, bestätigt. Es sei kein vernünftiger Zweifel daran angebracht, dass der Kläger in strafrechtlich relevanter Art und Weise tätig geworden sei. Unabhängig davon sei v...

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