Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung, ausserordentiche. Ehegattenarbeitsverhältnis

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Dem Arbeitnehmer obliegt aufgrund des Arbeitsverhältnisses nicht nur die Arbeitspflicht gem. § 611 Abs. 1 BGB, vielmehr treffen den Arbeitnehmer auch allgemeine Verhaltens- und Anstandspflichten. Der Arbeitnehmer ist insbesondere gem. § 241 Abs. 2 BGB zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Arbeitgebers verpflichtet. Keineswegs darf der Arbeitnehmer den Arbeitgeber beleidigen oder schädigen.

2. Im Rahmen eines Ehegattenarbeitsverhältnisses kann im Fall einer außerordentlichen Kündigung im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigt werden, dass eine Störung der Beziehung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber bzw. dessen Organ ihre Quelle nicht in den arbeitsrechtlichen Beziehungen, sondern erkennbar in der zerrütteten Ehe der Beteiligten hat.

 

Normenkette

BGB § 626

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 27.05.2010; Aktenzeichen 9 Ca 2350/09)

 

Tenor

Unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 27.05.2010 – 9 Ca 2350/09 – teilweise wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungen vom 15.10.2009 und vom 21.10.2009 nicht außerordentlich-fristlos aufgelöst worden ist, sondern noch bis zum 15.11.2009 fortbestanden hat; soweit die Klägerin die Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses über den 15.11.2009 hinaus begehrt, wird die Klage abgewiesen.

Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3 zu tragen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.500,00 EUR festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 14.02.2008 (Bl. 17 ff. d. A.) bestand ein Arbeitsverhältnis der Parteien (zuletzt) seit dem 01.03.2008. Dort heißt es u. a. in § 11 – Beendigung des Arbeitsverhältnisses –

„….

3. Nach Ablauf der Probezeit beträgt die Kündigungsfrist vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats….”.

Mit ihrer Klage wehrt sich die Klägerin gegen die fristlosen Kündigungen, die ihr die Beklagte mit dem Anwaltsschreiben vom 15.10.2009 (Bl. 4 d. A.) und vom 21.10.2009 (Bl. 10 d. A.) erklärt hat.

Zur näheren Darstellung (insbesondere) des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 27.05.2010 – 9 Ca 2350/09 – (dort Seite 2 ff. = Bl. 102 ff. d. A.). Das Arbeitsgericht hat den Zeugen G. K. vernommen (Vernehmung gemäß Sitzungsniederschrift vom 27.05.2010 – 9 Ca 2350/09 – dort Seite 2 ff. = Bl. 95 ff. d. A.) und sodann im Urteil vom 27.05.2010 – 9 Ca 2350/09 – festgestellt,

dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung vom 15.10.2009 noch durch die Kündigung vom 21.10.2009 aufgelöst worden ist, sondern bis zum 30.11.2009 fortbestanden hat.

Gegen das ihr am 23.08.2010 zugestellte Urteil vom 27.05.2010 – 9 Ca 2350/09 – hat die Beklagte am 21.09.2010 Berufung eingelegt und diese am 21.10.2010 mit dem Schriftsatz vom 18.10.2010 begründet. Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 18.10.2010 (Bl. 139 ff. d. A.). verwiesen. Ergänzend äußert sich die Beklagte im Schriftsatz vom 26.11.2010, worauf ebenfalls Bezug genommen wird (Bl. 164 ff. d. A.).

Zur Berufungsbegründung bringt die Beklagte u. a. vor:

Sowohl die jeweils einzelnen Umstände als auch die Gesamtheit der geschilderten Handlungen der Klägerin seien geeignet, dass gemäß § 626 Abs. 1 BGB das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund unter Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden könne. Der Beklagten sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht mehr zuzumuten gewesen.

1. Das Verhalten der Klägerin im Zusammenhang mit der Geldbörse des Geschäftsführers

C. stelle einen erheblichen Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten der Klägerin dar, – dieses Verhalten habe einen unmittelbaren und engen arbeitsvertraglichen Bezug. Die Klägerin habe in erheblichem Ausmaß die Privatsphäre des Geschäftsführers verletzt. Das Arbeitsgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass

die Durchsuchung der Sachen des Geschäftsführers durch die Klägerin in dem Betrieb der Beklagte stattgefunden habe (der Spind/Schrank, in dem die Geldbörse gewesen sei, befinde sich in den zu der Werkstatt gehörigen Räumen);

der Zutritt zu den Werkstatträumen der Klägerin nur durch den der Klägerin im Rahmen des Arbeitsverhältnisses ausgehändigten Generalschlüssel möglich gewesen sei und dieser von der Klägerin unrechtmäßig verwendet worden sei;

die Klägerin „Beklagte”) dem Geschäftsführer das von ihr angefertigte Bild der Geldbörse am 15.10.2009 in den Räumen des Betriebes (Büro) und während der Betriebszeiten gezeigt habe;

es sich bei dem...

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