rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Bundesagentur für Arbeit. Einigungsstelle. Interessensausgleich. Unzuständigkeit, offensichtliche. Vermittlungsversuch. Vermittlungsversuch durch Vorstand der Bundesagentur für Arbeit bei Interessenausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

Die Einigungsstelle ist nicht deshalb nach § 98 ArbGG offensichtlich unzuständig, weil der Arbeitgeber Vermittlungsbemühungen der Bundesagentur für Arbeit nicht abwartet.

 

Normenkette

ArbGG § 98; BetrVG § 112 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Beschluss vom 14.09.2010; Aktenzeichen 6 BV 10/10)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 14. September 2010, Az.: 6 BV 10/10, wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten über die Einrichtung einer Einigungsstelle zum Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans.

Die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 1) ist ein Zulieferer für die Automobilindustrie. Sie betreibt in A-Stadt ein Werk mit zuletzt 478 Arbeitnehmern. Der Beteiligte zu 2) ist der dort gewählte Betriebsrat. Die Arbeitgeberin plant, Teile der Produktion nach Mexiko sowie Entwicklungsarbeiten nach Polen zu verlagern. Außerdem will sie Verwaltungstätigkeiten ausgliedern. Von der beabsichtigten Maßnahme sind insgesamt 130 Arbeitnehmer betroffen.

Die Arbeitgeberin führt seit Ende Mai 2010 mit dem Betriebsrat Gespräche über eine interessenausgleichspflichtige Betriebsänderung. Nach mehreren Verhandlungsrunden erklärte sie mit Schreiben vom 25.08.2010 die innerbetrieblichen Verhandlungen für gescheitert. Mit Schreiben vom 01.09.2010 antwortete der Betriebsrat u.a., er beabsichtige, die Bundesagentur für Arbeit hinsichtlich des Interessenausgleichs um Vermittlung zu bitten. Daraufhin leitete die Arbeitgeberin mit am 02.09.2010 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz das vorliegende Beschlussverfahren zur Einrichtung der Einigungsstelle ein.

In entsprechender Anwendung des § 69 Abs. 2 ArbGG wird von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts und des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten abgesehen und stattdessen Bezug genommen auf Ziffer I der Gründe des Beschlusses des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 14.09.2010, Az.: 6 BV 10/10, (Seite 2-5 = Bl. 56-59 d. A.).

Das Arbeitsgericht hat durch den genannten Beschluss Herrn VRLAG Z. Y. zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle über die Verhandlungen über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan zum Personalabbau in den Bereichen Engineering, Produktion und Verwaltung bestellt sowie die Anzahl der Beisitzer für jede Seite auf drei festgesetzt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig. Das Vermittlungsverfahren durch die Bundesagentur für Arbeit nach § 112 Abs. 2 BetrVG schließe die Anrufung der Einigungsstelle nach § 98 ArbGG nicht aus. Das Arbeitsgericht ist insoweit den Ausführungen des LAG Hamm (Beschluss vom 15.12.2003 – 10 TaBV 164/03 – Juris) ausdrücklich gefolgt.

Gegen diesen Beschluss, der ihm am 21.09.2010 zugestellt worden ist, hat der Betriebsrat mit am 01.10.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 30.09.2010 unter gleichzeitiger Begründung Beschwerde eingelegt.

Er macht im Wesentlichen geltend, die Verhandlungen seien nicht offensichtlich gescheitert. Das Arbeitsgericht habe seine gegenteilige Meinung zu Unrecht allein auf den subjektiven Eindruck der Arbeitgeberin gestützt. Der Wortlaut des § 112 Abs. 2 BetrVG gebe eine klare Reihenfolge der Verhandlungsschritte vor. Auf den Vermittlungsversuch durch die Bundesagentur für Arbeit könne nicht verzichtet werden, wenn eine Seite eine Vermittlung wünsche. Erst wenn der Vermittlungsversuch erfolglos geblieben sei, sei nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut als letzter Schritt die Einigungsstelle einzusetzen. Eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle sei solange anzunehmen, wie kein Vermittlungsversuch erfolgt sei, jedenfalls wenn eine Seite darauf bestehe. Auch im Hinblick auf das Konsultationsverfahren und die insoweit abzuarbeitenden Punkte nach § 17 Abs. 2 KSchG i.V.m. der Massenentlassungsrichtlinie (MERL) gewinne das in § 112 Abs. 2 BetrVG vorgesehene Prozedere eine verpflichtende Bedeutung. Wegen weiterer Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf die Schriftsätze des Betriebsrates vom 30.09.2010 (Bl. 72-74 d.A.) und vom 22.10.2010 (Bl. 113-115 d.A.) verwiesen.

Der Betriebsrat beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 14.09.2010, Az.: 6 BV 10/10, den Antrag der Arbeitgeberin auf Einsetzung der Einigungsstelle zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss nach Maßgabe ihrer Schriftsätze vom 18.10.2010 (Bl. 93-96 d.A.) und vom 22.10.2010 (Bl. 110-112 d.A.), auf die Bezug genommen wird, als zutreffend. Das Ergebnis der Vermittlungsbemühungen des Vorstand...

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