Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschlussverfahren. Einstellung. Streitwert. Streitwert im Beschlussverfahren wegen befristeter und vorläufiger Einstellung. Wertfestsetzung. Gegenstandswert. Zustimmungsersetzungsverfahren. Vorläufigkeitsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Wert des Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG richtet sich nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG. Das Vorläufigkeitsverfahren nach § 100 BetrVG hat einen eigenständigen Wert in Höhe eines Bruchteils des Wert des Zustimmungsversetzungsverfahrens. Beide Werte sind zu kumulieren.

 

Normenkette

BetrVG § 100 Abs. 2, § 99 Abs. 4; RVG § 23 Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Beschluss vom 09.05.2005; Aktenzeichen 10 BV 19/05)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 09.05.2005 – 10 BV 19/055 – wie folgt abgeändert:

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats wird auf 2.667,– EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über den Wert des Streitgegenstandes eines Beschlussverfahrens wegen befristeter und vorläufiger Einstellung nach §§ 99, 100 BetrVG.

Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats mit Beschluss vom 09.05.2005 – 10 BV 19/05 – auf 372,15 EUR festgesetzt. Hierbei orientierte es sich an der Dauer der vom 01.02.2005 bis 07.02.2005 vorgesehenen Einstellung und legte ausgehend von einem Monatsverdienst von 1.111,40 EUR brutto den anteiligen Wert für den Befristungszeitraum in Höhe von 372,15 EUR zugrunde.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats, die sich insbesondere gegen die Anknüpfung an die vorgesehene Dauer der personellen Maßnahme wendet. Das Arbeitsgericht blieb in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 24.05.2005 bei seiner dem angefochtenen Beschluss zugrunde gelegten Auffassung.

Auf die Begründung der Beschwerde, sowie die Gründe im Nichtabhilfebeschluss und den weiteren Akteninhalt wird Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ist gem. § 33 Abs. 3 RVG, § 78 Abs. 1 ArbGG, § 567 ff. ZPO statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und übersteigt den Beschwerdewert von 200,– EUR.

Auch in der Sache selbst hat das Rechtsmittel Erfolg.

Nach Auffassung der Beschwerdekammer ist der Streitwert für die vorliegenden Verfahren insgesamt auf 2.667,– EUR festzusetzen. Der kumulierte Wert ergibt sich aus 2.000,– EUR für das Verfahren nach § 99 BetrVG und 667,– EUR für das Vorläufigkeitsverfahren nach § 100 BetrVG.

Der Gegenstandswert ist – wie das Arbeitsgericht im Ansatzpunkt zutreffend sieht – auf der Basis von § 23 Abs. 3 S. 2 RVG – früher § 8 Abs. 2 BRAGO – zu bestimmen. Diese Streitwertgrundnorm stellt u. a. darauf ab, ob ein nichtvermögensrechtlicher Gegenstand betroffen ist; dies ist der Fall, wenn nicht das Vermögen oder das Einkommen der Beteiligten in Rede steht, sondern Rechtsgüter berührt werden, die für die Beteiligten ideelle Werte darstellen (vgl. Riedel/Sußbauer, BRAGO, 6. Auflage, § 8 Rz 51).

Hierzu gehörten sowohl das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG als auch das Vorläufigkeitsverfahren nach § 100 Abs. 2 BetrVG; denn das in diesen Normen vorgesehene Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats ist vornehmlich auf dessen Wahrnehmung kollektiver Interessen gerichtet und stellt den maßgeblichen Bezugspunkt dar (Fitting/Kaiser/Heiterer/Engels/Schmidt, Betriebsverfassungsrecht, 21. Auflage, § 99 Rz 320). Liegt eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit vor, kommt weder eine Anknüpfung an die Streitwertberechnungsregel des § 42 Abs. 4 GKG noch an die Regelungen in § 3 ZPO in Betracht. Richtig ist die auch in der Literatur vertretene Auffassung, dass in den Verfahren nach §§ 99, 100 BetrVG regelmäßig eine Vorfrage zur potentiellen Rechtsstreitigkeit entschieden wird, die ihrerseits unter die Streitwertvorschrift des § 42 Abs. 4 GKG fallen würden (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 4. Auflage, § 12 Rz 135).

Aus vorgenannten Gründen erhellt, dass im vorliegenden Fall entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts und der Beschwerdegegnerin nicht an die Höhe der Vergütung eines befristetet einzustellenden Arbeitnehmers angeknüpft werden kann. Richtig ist allerdings, dass von der Streitwertgrundnorm des § 23 Abs. 3 RVG „nach Lage des Falles” Abschläge in Betracht kommen. Geht es – wie in dem vorliegenden Fall – um die Zustimmungsersetzung zu einer befristeten Einstellung, ist eine Reduzierung des Regelgegenstandswertes aufgrund dieser zeitlichen Eingegrenztheit gerechtfertigt. Auch dass Verfahren der vorliegenden Art solche sind, die auf Kosten des Arbeitgebers geführt werden, rechtfertigt ein Abweichen in der Wertfestsetzung (vgl. Busemann in Schwab/Weth, ArbGG, § 91 Rz 26).

Angesichts der für die Zeit vom 01.02.2005 bis 07.02.2005 vorgesehenen Einstellung der Arbeitnehmerin ist die ...

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