Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff des Gemeinschaftsbetriebs i.S. von § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Vermutungstatbestand des § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ist nicht erfüllt, wenn es an einem Arbeitgeber übergreifenden Betriebsmittel- und Personaleinsatz fehlt.

 

Normenkette

BetrVG § 1 Abs. 2, § 18 Abs. 2, § 1 Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Entscheidung vom 28.11.2018; Aktenzeichen - AZ:4 BV 76/16)

 

Tenor

  1. Die Beschwerde des zu 1) beteiligten Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 28.11.2018 - 4 BV 76/16 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antrag als unbegründet zurückgewiesen wird.
  2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die zu 2. und 3. beteiligten Arbeitgeberinnen einerseits mit der zu 4. beteiligten Arbeitgeberin andererseits einen gemeinsamen Betrieb bilden, für den der zu 1. beteiligte Betriebsrat (Antragsteller) zuständig ist.

Die im Jahr 1999 gegründete Beteiligte zu 2. erbringt schwerpunktmäßig Dienstleistungen im Bereich rechtssicherer Organisation von Elektro- und Medizintechnik und bietet neben Soft- und Hardware auch Schulungen und Beratungen an. Am 03. April 2013 wurde bei der Beteiligten zu 2. erstmals ein Betriebsrat gewählt, der aus drei Personen besteht.

Die Beteiligte zu 3. wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 10. Juli 2014 gegründet. Als Gegenstand des Unternehmens ist im Handelsregister der Vertrieb von LED-Systemen aller Art sowie der Vertrieb der Produkte der Beteiligten zu 2. im Bereich Hard- und Software eingetragen.

Auf Antrag des Betriebsrates stellte das Arbeitsgericht Koblenz mit Beschluss vom 23. April 2015 - 10 BV 64/14 - fest, dass die Beteiligten zu 2. und 3. einen gemeinsamen Betrieb bilden, für den der Betriebsrat zuständig ist. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 2. und 3. wurde vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz mit - rechtskräftigem - Beschluss vom 19. Januar 2016 - 6 TaBV 18/15 - zurückgewiesen.

Am 13. Juli 2016 wurde die neu gegründete Beteiligte zu 4. im Handelsregister eingetragen, die ihren Sitz am G-Platz 0 in K-Stadt hat und deren Geschäftsführer Herr Dr. T. N. ist. Gegenstand dieser Gesellschaft ist ausweislich der Eintragung im Handelsregister das Halten und Verwalten von Beteiligungen an Unternehmen der G-Gruppe sowie die Übernahme von Holding-Funktionen für und Koordinierung aller Unternehmen der G-Gruppe. Gegenstand ist auch die Neugründung und der Kauf von weiteren Unternehmen. Darüber hinaus ist Gegenstand auch die Erbringung von Service-Leistungen für die Unternehmen der G-Gruppe im Bereich Einkauf, Finanzen, Personal, Controlling, Sicherheit, Öffentlichkeitsarbeit.

Sowohl die Beteiligte zu 2. als auch die Beteiligte zu 3. haben jeweils mit der Beteiligten zu 4. als herrschendem Unternehmen am 25. November 2016 einen Gewinnabführungsvertrag geschlossen.

Am 11. August 2016 wurde dem Betriebsrat ein Mitarbeiteranschreiben der Beteiligten zu 2. (Bl. 13 - 18 d.A.) zur Kenntnis ausgehändigt, in dem einzelne Mitarbeiter über einen (bevorstehenden) Teilbetriebsübergang von der Beteiligten zu 2. auf die Beteiligte zu 4. unterrichtet worden waren.

Vorgerichtlich vertrat der Betriebsrat die Auffassung, dass die zu 2. bis 4. beteiligten Arbeitgeberinnen einen gemeinsamen Betrieb bilden und er für alle Mitarbeiter dieses Betriebes zuständig sei. Mit anwaltlichem Schreiben vom 08. September 2016 (Bl. 22, 23 d.A.) wurde dem Betriebsrat von Arbeitgeberseite mitgeteilt, dass keine Zuständigkeit des Betriebsrates für die Beteiligte zu 4. über § 1 BetrVG (gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen) bestehe. Abschließend heißt es: "Sollten Sie dennoch ein gerichtliches Verfahren bzgl. dieser angesprochenen Fragen einleiten wollen - was diesseits weder für sinnvoll noch für angebracht erachtet wird - sind wir zustellungsbevollmächtigt".

Ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 13. Oktober 2016 (Bl. 99 - 101 d.A.) fassten alle drei anwesenden Mitglieder des Betriebsrates unter dem Tagesordnungspunkt 2 "G: Beschluss zur Feststellung der Zuständigkeit" einstimmig folgenden Beschluss:

"Es wurde einstimmig beschlossen, zur Klärung der Zuständigkeit des Betriebsrates als Gemeinschaftsbetriebsrat der G GmbH, G Vertriebs GmbH und G Holding GmbH Rechtsanwalt S. W. zu beauftragen (siehe Beschluss_2016_00_00_H.docx).

Die Beauftragung erfolgt nach Ablauf der Frist für das Angebot der außergerichtlichen Einigung am 19.10.2016 bzw. im Falle der Ablehnung des Angebots (Siehe Protokoll vom Monatsgespräch vom 11.10.2016)."

Mit Schreiben vom 13. Oktober 2016 (Bl. 24 d.A.) dem Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates am 17. November 2016 zugegangen, teilte der Vorsitzende des Betriebsrates dem Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates Folgendes mit:

"Beschlussfassung zur Klärung der Zuständigkeit des Betriebsrates für die G Holding GmbH

Sehr geehrter Herr W.,

der Betriebsrat hat in seiner Sitzung vom 13.10.2016 einstimmig beschlossen, zur Klärung der Zuständigkeit des B...

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