Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe. hinreichende Erfolgsaussicht. Prozesskostenhilfe für Feststellungsantrag eines Sicherheitsmitarbeiters zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Entzug der Einsatzgenehmigung durch US-Streitkräfte

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 114 Satz 1 ZPO kann Prozesskostenhilfe nur bewilligt werden, wenn das Rechtsbegehren der Partei hinreichende Erfolgsaussichten bietet; das ist der Fall, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der antragstellenden Partei anhand des vorgetragenen Sachverhalts für zutreffend oder vertretbar hält.

2. Hinreichende Erfolgsaussicht bedeutet nicht Erfolgsgewissheit; die Erfolgsaussichten dürfen nicht überspannt werden, weil das Hauptsacheverfahren nicht in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe verlagert werden darf.

3. Prozesskostenhilfe darf allerdings dann verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen ist, aber nur eine entfernte Erfolgschance besteht.

4. Die arbeitsvertragliche Regelung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Entzug der Einsatzgenehmigung durch die US-Streitkräfte stellt eine auflösende Bedingung dar, die durch einen nach §§ 21, 14 Abs 1 TzBfG erforderlichen sachlichen Grund gedeckt ist; der durch den Entzug der Einsatzgenehmigung eintretende Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit ist ein ausreichender sachlicher Grund, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung vorzusehen.

5. Erst die sich aus dem Entzug der Einsatzgenehmigung des Arbeitnehmers ergebende fehlende Beschäftigungsmöglichkeit der Arbeitgeberin rechtfertigt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung; die Arbeitgeberin muss daher dem Arbeitnehmer einen anderen freien Arbeitsplatz anbieten, bevor sie sich auf die auflösende Bedingung berufen darf, weshalb der Arbeitnehmer im Rahmen der bestehenden abgestuften Darlegungs- und Beweislast vorzutragen hat, dass es einen freien Arbeitsplatz bei der Beklagten gibt, auf dem er ohne die Einsatzgenehmigung eingesetzt werden kann.

6. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses tritt nicht bereits mit Zugang des "Removal Letters" der US-Streitkräfte bei der Arbeitgeberin ein; diese ist vielmehr nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG verpflichtet, den Arbeitnehmer über den Eintritt der auflösenden Bedingung in Kenntnis zu setzen.

7. Ist davon auszugehen, dass die Arbeitgeberin dieser Verpflichtung erst verspätetet nachgekommen ist, endet das Arbeitsverhältnis unter Anwendung der tariflichen Kündigungsfrist von 28 Kalendertagen gemäß § 2 Ziff. 5 MTV Wach- und Sicherheitsgewerbe.

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 114 S. 1; TzBfG § 14 Abs. 1, § 15 Abs. 2, § 21; MTV Wach- und Sicherheitsgewerbe § 2 Ziff. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 03.05.2012; Aktenzeichen 2 Ca 590/12)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 03.05.2012 - 2 Ca 590/12 - teilweise dahingehend abgeändert, dass dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt C. bewilligt wird, soweit er die Feststellung begehrt, dass sein Arbeitsverhältnis durch die auflösende Bedingung nicht vor dem 10.05.2012 beendet worden ist.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

III. Die Gerichtskosten trägt der Kläger mit der Maßgabe, dass die Gebühr gemäß Gebührentatbestand Nr. 8614 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG auf die Hälfte ermäßigt wird.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt mit seiner Klage vom 17.04.2012 die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten weder durch auflösende Bedingung noch durch Kündigung vom 10.04.2012 beendet worden ist. Ferner macht er seine Weiterbeschäftigung geltend. In der Klageschrift ist ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten enthalten.

Der Kläger ist seit dem 07.12.2009 als Sicherheitsmitarbeiter bei der Beklagten zu einer Bruttomonatsvergütung von zuletzt ca. 1.600,-- EUR beschäftigt. Er wird zur Bewachung von Liegenschaften der US-Armee eingesetzt. Hierfür ist ihm eine Einsatzgenehmigung durch die US-Streitkräfte erteilt worden.

In Ziffer 2 des Arbeitsvertrags vom 07.12.2009 haben die Parteien vereinbart, dass die Einsatzgenehmigung der US-Streitkräfte für den Arbeitnehmer Geschäftsgrundlage des Vertrags ist. Wird die Einsatzgenehmigung wegen Nichteinhaltung von Bestimmungen des Bewachungsvertrags widerrufen, endet der Arbeitsvertrag, ohne dass es einer Kündigung bedarf, unter Anwendung der tarifvertraglichen Kündigungsfrist.

Unter Datum vom 28.03.2012 entzogen die US-Streitkräfte dem Kläger mit sofortiger Wirkung die Einsatzgenehmigung.

Mit Schreiben vom 10.04.2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie davon ausgeht, dass das Arbeitsverhältnis durch den Eintritt der auflösenden Bedingung bereits beendet worden sei. Rein vorsorglich kündigte sie dem Kläger nochmals ordentlich. Das Arbeitsverhältnis ende somit spätestens mit Ablauf des 10.05.201...

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