Entscheidungsstichwort (Thema)

Anzahl der Betriebsratsmitglieder bei Einsatz von studentischen Hilfskräften aufgrund einer Rahmenvereinbarung. Unwirksame Betriebsratswahl bei fehlerhafter Bestimmung der wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch den Wahlvorstand

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 9 Satz 1 BetrVG besteht der Betriebsrat in Betrieben mit in der Regel 5 bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus einer Person und in Betrieben mit in der Regel 21 bis 50 wahlberechtigten Beschäftigten aus drei Mitgliedern; die Betriebsratsgröße knüpft an die Anzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an, wobei es nicht auf die Belegschaftsstärke an einem bestimmten Stichtag sondern auf die Anzahl der "in der Regel" Beschäftigten ankommt.

2. § 9 BetrVG ist eine wesentliche Vorschrift über das Wahlrecht; wird ein Betriebsrat mit zu hoher Mitgliederzahl gewählt, kann das Wahlergebnis nicht berichtigt werden, so dass eine auf diesem Fehler beruhende Wahl insgesamt unwirksam ist.

3. Studentische Aushilfen stehen nicht bereits aufgrund einer mit ihnen abgeschlossenen Rahmenvereinbarungen in dauerhaften Arbeitsverhältnissen zu der Arbeitgeberin, wenn die Rahmenvereinbarung als solche noch keine arbeitsvertragliche Beziehung zwischen der Arbeitgeberin und der jeweiligen Aushilfskraft schafft sondern das einzelne Arbeitsverhältnis immer nur befristet für den jeweiligen schriftlich besonders vereinbarten Arbeitseinsatz begründet wird.

4. Kommt der Arbeitsvertrag mit einer studentischen Hilfskraft erst zustande, wenn entsprechend einer Rahmenvereinbarung ein befristeter Aushilfsarbeitsvertrag abgeschlossen wird, besteht eine arbeitsvertragliche Bindung zwischen der Arbeitgeberin und einer studentischen Aushilfskraft nur für die Dauer des einzelnen befristeten Arbeitsvertrags; nur während dieser Zeit ist die Aushilfskraft in die betriebliche Organisation eingegliedert.

5. Für die Beurteilung der regelmäßigen Belegschaftsstärke nach § 9 Satz 1 BetrVG ist es unerheblich, dass die Arbeitgeberin den Betriebsrat nicht vor jedem befristeten Einsatz einer studentischen Aushilfe nach § 99 Abs. 1 BetrVG beteiligt, wenn aufgrund der betrieblichen Handhabung der Betriebsparteien nicht zwangsläufig von dauerhaften Arbeitsverhältnissen mit Studenten auszugehen ist; § 9 BetrVG regelt die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder zwingend, so dass Arbeitgeberin und Betriebsrat oder der Wahlvorstand nicht vereinbaren können, dass unabhängig von den Voraussetzungen des § 9 BetrVG eine bestimmte Anzahl von Arbeitnehmern "in der Regel" im Betrieb beschäftigt ist.

 

Normenkette

BetrVG §§ 19, 9, 9 S. 1, § 19 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Entscheidung vom 10.12.2014; Aktenzeichen 4 BV 15/14)

 

Tenor

  1. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 10. Dezember 2014, Az. 4 BV 15/14, wird zurückgewiesen.
  2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
 

Gründe

A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.

Die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 1) betreibt in C-Stadt eine Spielbank. Dort wurde am 02.04.2014 eine Betriebsratswahl durchgeführt. Gewählt wurde ein Betriebsrat (Beteiligter zu 2) mit drei Mitgliedern. Das Wahlergebnis wurde am 06.04.2014 bekanntgegeben. Mit ihrem am 15.04.2014 beim Arbeitsgericht eingegangenem Antrag focht die Arbeitgeberin die Wahl an. Sie macht geltend, aufgrund der Betriebsgröße hätte lediglich ein Betriebsratsmitglied gewählt werden dürfen.

Die Arbeitgeberin fertigte mit Stand 31.03.2014 eine Mitarbeiterliste, die insgesamt 19 Arbeitnehmer aufzählte, darunter vier studentische Aushilfen, die aufgrund von Rahmenvereinbarungen aus einem Mitarbeiterpool nach Bedarf eingesetzt werden. Der Wahlvorstand gab im Wahlausschreiben eine regelmäßige Belegschaftsstärke von 21 Arbeitnehmern an, so dass drei Mitglieder zu wählen seien. Bei der für die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder nach § 9 BetrVG maßgeblichen Arbeitnehmerzahl berücksichtigte er die studentischen Aushilfen mit einem Zählwert von 4. Zu den so ermittelten 19 Arbeitnehmern (15 + 4) rechnete er eine Reinigungskraft hinzu, obwohl die langjährig bei der Arbeitgeberin angestellte Reinigungskraft Sch. zum 13.03.2014 in den Ruhestand getreten war. Die Reinigungsarbeiten werden nunmehr von Frau M. verrichtet. Sie ist Arbeitnehmerin einer Gebäudereinigungsfirma, die von der Arbeitgeberin mit der Reinigung der Sp. beauftragt worden ist. Außerdem berücksichtigte der Wahlvorstand noch einen Automatentechniker, obwohl Herr L., der diese Stelle besetzt hatte, bereits zum 30.11.2013 in Rente gegangen und seine Stelle nicht neu besetzt worden ist.

Die Arbeitgeberin hat erstinstanzlich beantragt,

die Betriebsratswahl vom 02.04.2014 für unwirksam zu erklären.

Der Betriebsrat hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 10.12.2014 die Wahl des Betriebsrats für unwirksam erklärt. Es sei zu Unrecht ein aus drei Mitgliedern bestehender...

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