Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsrat. Unterlassung. Verfügung, einstweilige. Verfügungsgrund, fehlender. Einstweilige Verfügung des Betriebsrates auf Unterlassung

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine einstweilige Verfügung des Betriebsrats setzt als Verfügungsgrund im Fall der Unterlassung der Durchführung einer Betriebsänderung voraus, dass der Arbeitgeber nicht verhandlungsbereit ist, sondern die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bewusst vereiteln will.

 

Normenkette

ArbGG § 85 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Beschluss vom 29.09.2009; Aktenzeichen 11 BVGa 3/09)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom 29.9.2009 – 11 BVGa 3/09 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I. Der Beteiligte zu 1. – Betriebsrat – begehrt mit seiner am 08.09.2009 eingegangenen einstweiligen Verfügung vom Beteiligten zu 2. – Arbeitgeber –, betriebsbedingte Kündigungen, betriebsbedingte Versetzungen sowie betriebsbedingte Veränderungen an den Arbeitszeiten der Mitarbeiter zu unterlassen, solange ein Interessenausgleich nicht abschließend verhandelt wurde oder ggfls. vor der Einigungsstelle endgültig gescheitert ist.

Der Arbeitgeber betreibt bundesweit zahlreiche Verkaufsstellen, in denen überwiegend Drogerieartikel verkauft werden. Der Antragsteller ist der bei dem Arbeitgeber im gebildete Betriebsrat. In diesem Bezirk sind circa 99 Arbeitnehmerinnen in 26 Verkaufsstellen beschäftigt gewesen.

Mit Beschluss vom 09.06.2009 setzte das Arbeitsgericht Ulm eine Einigungsstelle zur Verhandlung eines Interessenausgleichs und Sozialplans wegen einer Betriebsänderung im ein. Vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg einigten sich die Beteiligten über die Einsetzung der Einigungsstelle entsprechend dem Beschluss des Arbeitsgerichts. In einer Entscheidung des gleichen Gerichts vom 05.01.2010 – 8 TaBV 4/09 – wurde die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für sämtliche Schließungen von Verkaufsstellen des Antragsgegners im Bundesgebiet angenommen.

Das Hauptsacheverfahren wird unter dem Aktenzeichen 11 BV 23/09 beim Arbeitsgericht Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – geführt. Dort wurde am 29.09.2009 neuer Termin von Amts wegen bestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom 29.09.2009 – 11 BVGa 3/09 – auch bezüglich der gestellten Anträge Bezug genommen.

Im vorerwähnten Beschluss hat das Arbeitsgericht die gestellten Unterlassungsanträge zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dem Betriebsrat stünde schon kein Verfügungsanspruch zu. Nach der Rechtsprechung der 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz fände ein mögliches Recht des Betriebsrats jedenfalls eine zeitliche Grenze, wenn das Verfahrensstadium nach § 111 BetrVG seine Beendigung gefunden habe. Das Stadium der Information des Betriebsrats und der Beratung sei bereits abgelaufen. Verhandlungen über einen Interessenausgleich außerhalb der Einigungsstelle seien im Juni 2009 gescheitert. Außerdem sei es am 05.08.2009 in einem Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg zur Einsetzung einer Einigungsstelle gekommen.

Gegen den dem Betriebsrat am 02.10.2009 zugestellten Beschluss richtet sich die am 02.11.2009 eingelegte Beschwerde, die am 01.12.2009 begründet wurde.

Der Betriebsrat führt zweitinstanzlich insbesondere aus, sämtliche Befürchtungen im Zusammenhang mit der Eröffnung von XL-Märkten im Bezirk seien eingetreten. Die Verkaufsstellen in Höhn und in Hachenburg seien im April 2009 geschlossen worden. Mit dem Konzept A. XL führe der Arbeitgeber eine neue Vertriebsschiene zu Lasten der von Verkaufsstellen der alten Vertriebsschiene ein. Am 02.10.2009 habe der Arbeitgeber im Einkaufszentrum B einen XL-Markt eröffnet. Die Eröffnung sei in den Räumlichkeiten erfolgt, in denen zuvor noch eine Verkaufsstelle der alten Vertriebsschiene gewesen sei. Am 04.11.2009 sei es zur Schließung der Verkaufsstelle in Rennerod gekommen. 2 Tage später habe der Antragsgegner auf der selben Straße einen XL-Markt eröffnet. Eine Einigung über den Abschluss eines Interessenausgleichs habe am 10.11.2009 nicht erzielt werden können. Im Übrigen habe das Landesarbeitsgericht München unter Aufgabe seiner ständigen Rechtsprechung aufgrund der Europäischen Konsultationsrichtlinie (Richtlinie 2002/14/EG) einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats aberkannt (LAG München vom 22.12.2008 – 6 TaBVGa 6/08 –). Ferner sei darauf hinzuweisen, dass auf Gesamtbetriebsratsebene die Erforderlichkeit eines Interessenausgleichs bestritten würde. Die Einzelbetriebsräte seien nicht an einer Regelung gehindert.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf die Schriftsätze des Betriebsrats vom 01.12.2009 (Bl. 180 bis 185 d. A.) und vom 03.02.2010 (Bl. 219 bis 221 d. A.) sowie sämtliche vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

Der Betriebsrat beantragt zweitinstanzlich,

  1. Der Beschluss des Arbeitsgerich...

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