Entscheidungsstichwort (Thema)

Entpflichtung. Erklärungspflicht. Erreichbarkeit, postalische. Mandat, Niederlegung. Nachprüfungsverfahren. Prozesskostenhilfe, Aufhebung der. Prozessvollmacht, Umfang der. Zustellungsbevollmächtigung. Aufhebung von Prozesskostenhilfe. Erklärungspflicht nach § 120 Abs. 4 ZPO und postalische Erreichbarkeit des Prozesskostenhilfeberechtigten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Umstand, dass die Partei, der PKH bewilligt war, im vierjährigen Überprüfungszeitraum unter der gemeldeten Wohnanschrift postalisch nicht erreichbar ist, liegt in ihrer Sphäre. Dies entbindet sie nicht von der Abgabe der geforderten Erklärungen im Rahmen von § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO.

2. Dem im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens beigeordneten Prozessbevollmächtigten ist eine Niederlegung des Mandats verwehrt, er muss entpflichtet werden. Unterbleibt die Entpflichtung, sind im Rahmen der dann bestehenden Prozessvollmacht und damit auch der Zustellungsbevollmächtigung Schriftstücke im Nachprüfungsverfahren an den Prozessbevollmächtigten zuzuleiten. Dieser hat die ihm übersendeten bzw. zugestellten Beschlüsse und Auflagen des Gerichts an seinen Mandanten weiterzuleiten.

 

Normenkette

ZPO § 120 Abs. 4 S. 2, §§ 127, 567; ArbGG § 78

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Beschluss vom 04.02.2010; Aktenzeichen 1 Ca 1470/08)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 04.02.2010 – 1 Ca 1470/08 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der beschwerdeführende Kläger wendet sich gegen die Aufhebung des ihm Prozesskostenhilfe gewährenden Beschlusses.

Das Arbeitsgericht Mainz hat dem Kläger für die von ihm betriebene Lohnzahlungsklage Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten ohne Zahlungsbestimmung bewilligt.

Nach Abschluss des Rechtsstreits hat das Arbeitsgericht den Kläger mehrfach aufgefordert, zu erklären, ob sich zwischenzeitlich eine Änderung seiner wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse ergeben habe. Nachdem der Kläger hierauf nicht reagierte, hat das Arbeitsgericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 04.02.2010, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 10.02.2010, aufgehoben.

Mit am 12.02.2010 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in dessen Namen sofortige Beschwerde eingelegt und mitgeteilt, sein zuletzt an den Kläger versandtes Schreiben sei mit dem Postvermerk „unbekannt verzogen” zurückgekommen, was möglicherweise der Grund für die ausbleibende Reaktion des Klägers auf die Aufforderungen des Gerichts gewesen sei. Zudem hat der Prozessbevollmächtigte mitgeteilt, vorsorglich das Mandat niederlegen zu wollen. Nachdem die Beschwerde nicht weiter begründet wurde, hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde ist nach § 78 ArbGG, §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden und auch sonst zulässig.

In der Sache hat die sofortige Beschwerde jedoch keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den beschwerdeführenden Kläger zu Recht nach §§ 124 Nr. 2 i.V.m. § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO aufgehoben.

Gemäß § 120 Abs. 4 S. 1 ZPO kann das Gericht gegenüber einer Partei, deren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sich nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe maßgeblich verändert haben, innerhalb von 4 Jahren die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern.

Der Partei obliegt es daher nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO, sich auf Verlangen des Gerichts darüber zu erklären, ob eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist. Der Umstand, dass die Partei, der PKH bewilligt war, im vierjährigen Überprüfungszeitraum unter der gemeldeten Wohnanschrift postalisch nicht erreichbar ist, liegt in ihrer Sphäre. Dies entbindet sie nicht von der Abgabe der geforderten Erklärungen im Rahmen von § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 09.07.2009 – 1 Ta 142/09). Zudem ist im vorliegenden Fall zu beachten, dass die Aufforderungen des Gerichts an den Prozessbevollmächtigten erfolgten, die dieser an den Kläger hätte weiterleiten müssen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschl. v. 19.07.2006 – 3 AZB 18/06, vgl. auch LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 03.04.2009 – 1 Ta 46/09) erstreckt sich der Umfang der Prozessvollmacht und damit auch die Zustellungsbevollmächtigung auf die nachträgliche Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Prozesskostenhilfeverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO, wenn der Prozesskostenhilfeantrag – wie hier – bereits durch den Prozessbevollmächtigten gestellt wurde. Eine Niederlegung des Mandats ist dem Prozessbevollmächtigten nach Beiordnung im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens verwehrt, er...

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