Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Rechtsschutzbedürfnis für Wahlanfechtung bei Zweckwidrigkeit oder Missbrauch. Rechtswidrigkeit bei falscher Angabe der Einrichtungsfrist in der Wahlvorlage

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Anfechtung einer Betriebsratswahl fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn das Ansinnen zweckwidrig oder missbräuchlich ist. Zum Nachweis dieser Voraussetzungen trägt der Betriebsrat die Beweislast. Die falsche Angabe des letzten Tages der Einreichungsfrist für Wahlvorschläge in der Wahlvorlage ist rechtswidrig. Zudem ist es eine Verletzung der Prüfpflicht des Wahlvorstandes, wenn erkennbare Fehler nicht gesehen und entsprechend ein Prüfungstermin anberaumt wird.

 

Normenkette

BetrVG § 14 a Abs. 3 S. 2, § 14 Abs. 3 S. 1, Abs. 4, § 19 Abs. 1; WO § 36 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 5, § 6 Abs. 5 S. 2, § 7 Abs. 2 S. 2; BetrVG § 19 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 28.08.2018; Aktenzeichen 3 BV 13/18)

 

Tenor

  • I.

    Die Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 28. August 2018 - Az.: 3 BV 13/18 - wird zurückgewiesen.

  • II.

    Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A

Die zu 1) beteiligte Arbeitgeberin und die zu 3) bis 6) beteiligten im Betrieb wahlberechtigten Arbeitnehmer machen die Unwirksamkeit einer am 15. Mai 2018 durchgeführten Wahl geltend, aus der der zu 2) beteiligte Betriebsrat hervorging.

Die Antragstellerin zu 1) (Arbeitgeberin) betreibt bundesweit Verkaufsfilialen im Textileinzelhandel, sog. "Stores", ua. die Filiale K-Straße in K-Stadt, in der acht Mitarbeiter, sowie der Store Manager als Leitender Angestellter beschäftigt sind. Der Beteiligte zu 2) ist der am 15. Mai 2018 gewählte Betriebsrat (Betriebsrat), dessen Vorsitzende Z. Y. ist.

Die Betriebsratswahl wurde im vereinfachten einstufigen Verfahren (§ 14 a Abs. 3 Satz 1 BetrVG) durchgeführt. Der Wahlvorstand bestand aus drei Mitgliedern, aus der Wahlvorstandsvorsitzenden Z. Y., die in den Jahren zuvor bereits Betriebsratsvorsitzende war, der stellvertretenden Wahlvorstandsvorsitzenden X. W. und der Beteiligten zu 3).

Der Wahlvorstand erließ am 18. April 2018 ein Wahlausschreiben, das auszugsweise wie folgt lautet (die textlich hervorgehobenen Passagen sind handschriftlich ausgefüllt):

"Die Betriebsratswahl findet auf einer Wahlversammlung am 15.05.2018 von 9.30 (Uhrzeit) bis 16.00 (Uhrzeit) in K-Stadt Store 882 Küche (Ort, Betrieb, Raum) statt.

...

Gewählt werden können weiter nur diejenigen Arbeitnehmer/innen, die ordnungsgemäß zur Wahl vorgeschlagen wurden. Ein ordnungsgemäßer Wahlvorschlag setzt voraus, dass dieser gemäß § 14 Abs. 4 BetrVG von mindestens 2 wahlberechtigten Arbeitnehmern bzw. Arbeitnehmerinnen unterzeichnet worden ist (Stützunterschriften). Der Wahlvorschlag einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten unterzeichnet worden sein (§ 14 Abs. 5 BetrVG).

Die Wahlvorschläge müssen weiter schriftlich bis spätestens eine Woche vor dem Tag der Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrates beim Wahlvorstand unter der oben genannten Betriebsadresse eingereicht werden. Der letzte Tag für die Einreichung von Wahlvorschlägen ist der 11.05.2018 (Datum/ ggf. Uhrzeit).

..."

Das Wahlausschreiben wurde am sog. Schwarzen Brett veröffentlicht. Neben dem Wahlausschreiben wurde ein Blatt aufgehängt, auf dem mit einem Pfeil auf die daneben angebrachten Umschläge für Wahlvorschläge gedeutet wurde, und auf dem handschriftlich erläutert wurde, dass ein Wahlvorschlag im Umschlag einem Mitglied des Wahlvorstandes gegen Bestätigung auszuhändigen sei. Oben auf dem Zettel war handschriftlich vermerkt: "Bis 08. Mai 2018 einreichen".

Beim Wahlvorstand gingen insgesamt fünf Wahlvorschläge mit jeweils einem Kandidaten - dem jeweiligen Einreicher - ein. Der Wahlvorschlag der Wahlvorstandsvorsitzenden Y. enthielt die Stützunterschriften von zwei wahlberechtigten Mitarbeitern, die Wahlvorschläge der Mitarbeiter E., I. und V. U. enthielten jeweils nur eine Stützunterschrift, die der Beteiligten zu 3). Der Wahlvorschlag der Beteiligten zu 3) war mit einer Stützunterschrift des Mitarbeiters I. versehen. Die Arbeitnehmerin E. reichte ihren Wahlvorschlag am 25. April 2018 um 15.40 Uhr bei der Wahlvorstandsvorsitzenden ein, die ihr den Eingang schriftlich bestätigte. Ob der Arbeitnehmer I. und die Antragstellerin zu 3) entsprechend der Behauptung der Arbeitgeberin und der Beteiligten zu 3) bis 6) ihre Wahlvorschläge jeweils am 02. Mai 2018 in das Fach des Betriebsrates eingelegt haben, ist zwischen der Arbeitgeberin und den Beteiligten zu 3) bis 6) einerseits und dem Betriebsrat andererseits ebenso umstritten, wie die Frage, ob die Arbeitnehmerin V. U. ihren Wahlvorschlag am 05. Mai 2018 um 13.00 Uhr bei der Beteiligten zu 3) als Wahlvorstandsmitglied gegen Eingangsbestätigung eingereicht hat.

Nach dem 18. April 2018 fand erstmals am 09. Mai 2018 eine weitere Sitzung des Wahlvorstands statt, die für die Prüfung der Wahlvorschläge vorgesehen war. Eine vorherige Prüfung der Wahlvorschläge oder sonstige Kommunika...

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