Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitspapiere. Ausfüllung. Handlung, unvertretbare. Herausgabe. Vollstreckung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Zwangsvollstreckung mittels Zwangsgeld und Zwangshaft nach § 888 ZPO dient ausschließlich dazu den Willen des Schuldners zu beugen, ist nicht aber ein Mittel von Repressalien.

 

Normenkette

ZPO §§ 883, 888

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Beschluss vom 09.02.2005; Aktenzeichen 9 Ca 2797/02)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Zwangsgeldfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 09.02.2005 – 9 Ca 2797/02 – aufgehoben.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Durch rechtskräftiges Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom 27.09.2002 ist der Beklagte verpflichtet, die Lohnsteuerkarten 2000 und 2001, den Versicherungsnachweis sowie die Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 SGB ordndungsgemäß auszufüllen und an den Kläger herauszugeben.

Dieser Verpflichtung ist der Beklagte in der Folgezeit nicht nachgekommen. Das Arbeitsgericht hat daher auf Antrag des Gläubigers und nach Anhörung des Schuldners, der sich dazu nicht geäußert hat, durch Beschluss vom 09.02.2005 – zugestellt an den Schuldner am 15.02.2005 – gegen diesen zur Erzwingung der Verpflichtungen aus dem Versäumnisurteil vom 27.09.2002 ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,– Euro und für den Fall der Nichtbeitreibbarkeit eine Zwangshaft von drei Tagen festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss hat der Schuldner mit einem am 18.02.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz „Einspruch” eingelegt. Diesen begründet er damit, der Gläubiger sei als Subunternehmer auf selbständiger Basis bei ihm beschäftigt gewesen und er habe von ihm nie eine Lohnsteuerkarte erhalten. Später habe der Gläubiger unaufgefordert eine Lohnsteuerkarte für das Jahr 2001 eingesandt, die er ihm umgehend zurückgeschickt hatte, da er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr für ihn tätig gewesen sei. Der Gläubiger habe ihm auch nie einen Versicherungsnachweis vorgelegt. Daher sei ihm die Erfüllung der Auflagen schlicht weg nicht möglich, da er sich zu keiner Zeit im Besitz der Unterlagen befunden habe.

Das Arbeitsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen mit der Begründung, der Schuldner habe Einwendungen erhoben, die dieser im Erkenntnisverfahren hätte vorbringen müssen und es hat das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Rechtsmittel des Beschwerdeführers war als sofortige Beschwerde im Sinne von §§ 888, 793 ZPO zu behandeln. Diese wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und darüber hinaus auch noch begründet.

In der Sache hat die sofortige Beschwerde auch Erfolg, weil im vorliegenden Verfahren derzeit kein Zwangsgeld nach § 888 Abs. 1 ZPO festgesetzt werden kann.

Zwar steht aufgrund des rechtskräftigen Versäumnisurteils des Arbeitsgerichts vom 27.09.2002 fest, dass der Beschwerdeführer verpflichtet ist, die Lohnsteuerkarten 2000 und 2001, den Versicherungsnachweis sowie die Arbeitsbescheinigung ordnungsgemäß auszufüllen und an den Kläger herauszugeben.

Nach § 888 ZPO können nur sogenannte nicht vertretbare Handlungen vollstreckt werden. Es mag vorliegend dahingestellt bleiben, ob im Rahmen eines allgemein praktizierten Arbeitsverhältnisses der Herausgabeanspruch zusammen mit dem Anspruch auf ordnungsgemäße Ausfüllung der Arbeitspapiere als eine Einheit anzusehen ist und insgesamt nach § 888 ZPO zu vollstrecken ist (vgl. hierzuLAGThüringen BB 2001, 943; LAG Hamm DB 1983, 2257) oder generell der Herausgabeanspruch vorweg gesondert nach § 883 ZPO zu vollstrecken ist (so LAG Berlin DB 1998, 684; Zöller/Stöber, ZPO, 24. Auflage, § 888 Rz. 3). Jedenfalls ist die Ausfüllung der Arbeitspapiere als unvertretbare Handlung nach § 888 ZPO zu vollstrecken (Schwab/Weth/Walker, ArbGG § 62, Rz. 63).

Aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Verfahrens ist jedenfalls im Vollstreckungsverfahren des Streitfalles zunächst der Herausgabeanspruch nach § 883 ZPO zu vollstrecken. Der Gläubiger war bei dem Beschwerdeführer als Detektiv tätig. Dabei gingen die Parteien während der Praktizierung des Vertragsverhältnisses davon aus, dass der Gläubiger als selbständiger Unternehmer und nicht als Arbeitnehmer beim Beschwerdeführer tätig war. Wie der Beschwerdeführer in seinem am 18.02.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Beschwerdeschriftsatz angeführt hat, hatten die Parteien das Vertragsverhältnis jedenfalls zunächst nicht als Arbeitsverhältnis behandelt, sondern der Gläubiger hat dem Beschwerdeführer stets Rechnungen mit einer ausgewiesenen Mehrwertsteuer erstellt. Erst im Nachhinein habe der Gläubiger geltend gemacht, bei dem Vertragsverhältnis habe es sich um ein Arbeitsverhältnis gehandelt. Nach den Behauptungen des Beschwerdeführers hat der Gläubiger dem Beschwerdeführer angesichts der tatsächlich praktizierten Verhältnisse auch nie eine L...

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